Mädchen im Westen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 30.07.2006, 08:32

Ich liebte ein Mädchen im Westen
und hab ihr Blumen gesammelt.

Bis mir auffiel,
dass ich die Blumen liebe
doch nicht sie.

Gast

Beitragvon Gast » 30.07.2006, 10:06

Ein wenig erinnet mich dieses Gedicht an eine Frage, die ich mir mal gestellt habe, rein theoretisch
;-)

Liebe ich dich,
oder liebe ich das Gefühl,
welches die Liebe in mir auslöst?

Lieber Last, da liegt so viel in und zwischen den Zeilen.

Liebe, was ist Liebe?
Liebe ich jemanden wirklich um seiner selbst Willen,
oder passen mir mit dieser "Liebe" verbundene Aktivitäten derzeit in mein Leben?

Zur Form kann ich nicht viel sagen, außer, dass ich überlege ist das nun ein Kurzgedicht, oder ist es eher ein Gedankensplitter?
Aber die Aussagemöglichkeiten dieses Fünfzeilers sind mehr als ein Gedanke, deshalb tendiere ich zu Gedicht.

Warum das lyr. Ich, das Mädchen im "Westen" liebte, kann ich hingegen nicht einordnen.
Für mich könnte das wegfallen, da sich mir keine bes. Bedeutung daraus erschließen will.

Einen schönen Sonntag
LGG

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.07.2006, 10:43

Lieber Last und liebe Gerda,

Liebe ich dich,
oder liebe ich das Gefühl,
welches die Liebe in mir auslöst?


Ja, das ist es auch für mich (mit vielen Variationen warum dies so ist).

Warum:

doch nicht sie

und nicht

doch sie nicht?

(Das ist eine Frage, kein verbesserungsvorschlag)

Liebe grüße,
Lisa


PS: Eine Variante wäre übrigens auch:

Ich liebte ein Mädchen im Westen
und hab ihr Blumen gesammelt.

Bis ihr auffiel,
dass ich die Blumen liebe
doch nicht sie.


Oder? :-)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 30.07.2006, 12:00

Hallo Last,

ein schöner Gedanke. Als Gegenentwurf müsstest Du Ben Harper hören: So many people to love in my life. Why do I worry about one?

Allerdings muss man ihn wirklich hören, um zu verstehen, wie er es meint.

Grüße

Paul Ost

Gast

Beitragvon Gast » 30.07.2006, 13:38

Lieber Paul Ost,

das ist ein schöner Satz, dessen Umkehrung, aber ebenso möglich:
Although there are so many people in my life - I do worry about this one

LGG
Zuletzt geändert von Gast am 30.07.2006, 19:25, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 30.07.2006, 14:55

Lieber Last,

ich halte zwar eine Kategorisierung: Ist das nun ein kurzes,langes, oder mittleres Gedicht für nicht sehr fruchtbar, tendiere aber, wenn manmich zwingt, eindeutig zu Gedicht und zwar eines, an dem ich nicht viel ändern würde. Wenn es so viel Fragen auslöst, muss es ja gut sein. Lustig, dass das "im westen2 zwar gar keine Rolle spielt, aber für das Gedicht wichtig ist ...

Liebe Grüße
Max

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 30.07.2006, 15:27

Liebe Gerda,

das Tolle an Ben Harper ist ja, dass er seinen Satz auf eine Art singt, die die Bedeutung Deines Satzes transportiert.

Aber in diesem Kurzgedicht geht es darum, scheint mir, dass sich die Liebe selbst meint, anstelle des geliebten Objekts.

Übrigens kann man sich schon eine ganze Bedeutungswelt hinter so einer Ortsangabe wie "im Westen" vorstellen. Nur gibt uns der Text wenig Hilfestellungen, um zu ergründen, worum es hier geht. Politik? Himmelsrichtung? Aufgehende Sonne?

Grüße

Paul Ost

Max

Beitragvon Max » 30.07.2006, 15:28

Lieber Paul.

perfekt, ich denke, das wollte ich sagen ;-)

Liebe Grüße
max

Gast

Beitragvon Gast » 30.07.2006, 19:33

Klar Paul,
da hast du Recht, was den "Westen" angeht, bei meiner Stellungnahme wird nicht klar, dass mir solch ein Kontext fehlt.
Und was Ben Harper angeht, den ich nicht kenne, so ging es mir bei der von dir zitierten Zeile, genaus so, dass ich wusste, er kann es nur so gemeint haben.
Aber Last' Gedicht meint etwas anders... wie du ja richtig bemerkst.

Hallo Max, wie seihst du denn den "Westen"

LGG

Max

Beitragvon Max » 30.07.2006, 22:43

Liebe Gerda,

ja, ich sehe das genau wie Paul: es gibt vielfältige Interprestationsmögöichkeiten, aber das Gedicht gibt nicht her, was man verstehen sollte. Umgekehrt, vielleicht heißt westen nur Westen und irgendwie finde ich, dass das Wort hier so oder so Charme hat.

Liebe Grüße
Max

Last

Beitragvon Last » 04.08.2006, 18:13

Es stimmt, dass der Westen nicht näher bestimmt ist, was man wohl als Mängel ansehen kann. Ich persönlich hielt den Begriff für ultamativ, durch die politische Situation, wie auch durch den Begriff "Abendland" und, was am wichtigsten ist die örtliche Eingrenzung (Hoffnung, dass es nicht überall so ist) und gefühlte Distanz zwischen lyr. Ich und Mädchen.

Max

Beitragvon Max » 04.08.2006, 20:20

Lieber Last,

aso meinst Du es politisch .. so habe ich es auch verstanden, nur ist nicht klar, wie lange man das so verstehen wird und wann Westen vielleicht Holland oder mÜnster ist. Sei's drum. Ein guter Text!

Liebe Grüße
max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 04.08.2006, 21:25

Hallo Last!

Mir ist der Westen und der Osten mehr als deutlich in Erinnerung, und all das Menschliche, das da ist.

Schade, daß man so schnell vergißt.

Im Westen kannte man den Osten eigentlich nicht. Ich mußte das auch entdecken und war erstaunt über die Wirkung des Vorhanges.

moshe.c

Gast

Beitragvon Gast » 04.08.2006, 22:50

Hi Last, wenn dir die politische Dimension wichtig ist für dein Gedicht, dann müsste du überlegen was sie besser transportiert.
So oder so, ein gutes Gedicht - das für mich diese pol. Dimension nicht nötig hätte - aber das musst du entscheiden. :smile:

Liebe Grüße
Gerda


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