Eine abgeseilte Nacht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 22.07.2006, 21:43

Du weißt die Zeit
führt uns beide an der Leine
und zischt: Noch eine Weile-
ich binde euch am Ende los...


Begleite mich in eine Nacht
wir streifen die zwei Schlingen ab
wissen nichts vom Zuvor oder Danach
aber umso mehr vom Momentanen-

Der Himmel trägt einen weiten Frack
darauf Millionen Leuchtmanschetten
und wir streichen die Vergänglichkeit
die trocken an uns klebt gemeinsam ab.

Du weißt die Zeit
führt uns beide an der Leine
aber wir zerschneiden die Seile
wissen nichts vom Zuvor oder Danach

und lieben uns bis in denselben Tag.





Gelöschte Strophe (4):

Komm, wir gehen zusammen dorthin
wo unsere freilaufenden Fantasien
gläserne Mandarinen über tauben-
graue Mondlichtwiesen streuen...
Zuletzt geändert von Louisa am 25.07.2006, 22:37, insgesamt 5-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.07.2006, 22:44

Hallo Louisa.

Die ersten drei Strophen gefallen mir gut, wie der Gedanke überhaupt. Ich bin sehr für 'sowas'.

Aber dann erscheint es mir gedrechselt, verliert die Leichtigkeit, die ich mir in der Beschreibung so einer Angelegenheit wünsche, irgendwie, als wenn noch nicht so recht geflattert und geflogen werden kann.

(Muß doch toll sein in diesem Jahr in Deutschland in diesen Nächten ganz ohne Hagel. Noch nichtmal eine überreife Pomelo fällt einem auf den Kopf.)

Noch ist der Sommer nicht zu Ende

moshe.c

Max

Beitragvon Max » 23.07.2006, 00:00

Liebe Louisa,

an Deinen Bildern würde ich Dich immer erkennen. Gerade dieses Gedicht aber hörte ich auch gerne von Dir gelesen, weil ich gerne wüsste, welches der vielen starken Wörter, Du wie betonst ... erst dann lönnte ich wohl eine vollständige Würdigung geben.

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 23.07.2006, 16:50

Hallo M und M :-)!

Vielen Dank :blumen: ! Mir geht es bei diesem Werkchen genauso wie Moshe...ich dachte vielleicht kann mir jemand helfen. (Und Moshe: Ich gebe mir Mühe trotz allem noch abzuheben...vom Boden der Tatsachen-)

Max, das ist ja furchtbar! Also werde ich nie ein richtig durchtriebenes Gedicht hier unter falschem Namen her stellen können, ohne das Du mich erkennst...

Ich weiß nicht, ob ich das vorlesen sollte....ich will euch ja nicht vergraulen :-) -Aber ich habe noch eine Weile Ferien...

Liebe Grüße ihr Ms! louisa

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 23.07.2006, 18:43

Hallo Louisa!

Ich kann mich da moshe nur anschließen... die ersten drei Strophen sind formidable. "Wir streifen die zwei Schlingen ab" usw. das ist alles ganz zauberhaft. :a020:

Ich glaube, das Problem liegt in Strophe 4: "gläserne Mandarinen über taubengrauen Mondlichtwiesen streuen". Da sind sie wieder, die unverwechselbaren Louisa-Bilder (auch wenn ich erst seit Kurzem in diesem Salon verweile, meine ich, dich auch schon erkennen zu können - was meiner Meinung nach aber nicht gegen die "durchtriebenen Gedichte" spricht). Diese Bilder solltest du unbedingt verwenden - aber vielleicht nicht an einer Stelle, vielleicht nicht einmal im selben Gedicht, und es wäre besser, wenn du sie sorgsam aus diesem hier umpflanzen würdest.

Ich weiß nicht genau, was hier die bessere Alternative ist. Ganz ohne die 4. kommt mir die 5. wieder nicht ganz balanciert vor (übrigens, die letzte Zeile - perfekt!), aber ob man den Ort "wo unsere Fantasien" etc. anders beschreiben kann? Oder lässt du die vierte doch raus und änderst die fünfte dann so, dass da der Gedanke noch drin steckt?

Liebe Grüße und viel Spaß beim Abheben,
lichelzauch

PS: für Vorlesen bin ich auch immer!

Louisa

Beitragvon Louisa » 23.07.2006, 22:41

Hallo lieber lichelzauch!
Vielen Dank :blumen: ! Ich fühle mich geehrt und Du hast recht! Vielleicht sollte man diese kleinen gläsernen Früchtchen anderswo verstreuen...

(-Wer ist eingentlich dieser L.W. von Deinem Anhang?)

(ich werde es ändern und darauf warten, dass es jemand besser gefällt :-))

Durchtriebene Grüße! louisa


In höchstem Maße geheime Botschaft für le plus beau poète: Also entweder bist Du auch der schönste Schauspieler oder es gibt doch noch einen anonymen Freund...falls das erste zutrifft: ich werde alles tun, aber nur wenn Du aufhörst mit diesen Erfindungen (Baron Münchhausen?)- Falls nicht (das ist wahrscheinlicher-) vergesse wieder was ich gerade geschrieben habe! Ich hoffe es geht dir gut, mein s. D.! Wenn Dich einmal eine Mücke belästigt, vielleicht war es dieselbe, die mich heute gestochen hat! (Das ist sehr unromantisch, gebe ich zu...) Aber hast Du heute auch die Regentropfen auf der Haut gefühlt? Es hat für zehn Sekunden geschauert! Ich hoffe Du hast noch immer viele schöne Dichterträume und schweigst auch irgendwann wieder (hörbar)...ich werde mich zu Dir schlafen ...und Morgen natürlich einen Platz freihalten für Dich! Du solltest diese Dichterrunde auch einmal sehen...es sind viele lustige Wesen... Übrigens ist die Moorhexe wieder zurück in ihren Sumpf gestiegen! Wie schade- ich wollte ihr noch so viel sagen... Meinst Du ich hätte ihr zum Abschied das Gedicht schenken sollen? (Egal.) Ich gebe Dir einen höchst platonischen Kuss! (den du natürlich abwehren darfst.) Eine sternenvolle Zaubernacht!

Louisa

Beitragvon Louisa » 23.07.2006, 22:49

PS: Sollte ich Strophe 4 in einem anderen Werk ausbreiten und es so lassen? Oder doch anders?

Ratlose Grüße, louisa

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.07.2006, 22:58

Wenn ich mir das 'Komm' weglasse, höre ich ein neues Gedicht von dir, ohne es sagen zu können, denn dies mußt du.

moshe.c


Heute denke ich die ganze Zeit an Kaffee mit Zitrusfrüchten.
Gibt es sowas?
Wenn nicht, muß es erfunden werden!!!

Louisa

Beitragvon Louisa » 23.07.2006, 23:08

Hallo Monsieur Zitrone!

Da hast Du recht. Es ist schon zu oft zum "Kommen" aufgefordert worden (aber das hat mehr Überzeugungskraft, dachte ich :-))...

Probier das mit dem Zitronen-Orangen-Limetten-...-Kaffee doch einfach mal aus! (oder ich mache das auch und berichte vom Geschmack...

Liebe Grüße und Dankeschön(s) ! louisa

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 23.07.2006, 23:55

Hallo Louisa,

so gefällt es mir gleich besser, obwohl ich jetzt noch ein bisschen an der fünften, jetzt vierten Strophe herummäkeln wollte.... aber es ist ja schon Nacht, da warte ich lieber, bis mir ein Tagesschein das ganze klarer beleuchtet. :spin2:

L. W. ist der hier recht oft zitierte Ludwig Wittgenstein (auf den ich selbst erst durch den Besuch im Blauen Salon gekommen bin) - das Buch, in dem der Satz steht, hat mich nicht wenig aus dem einen oder anderen Wirrwarr befreit.

Nächtlich-spionierende, deshalb durchtriebene Grüße,
lichelzauch

Louisa

Beitragvon Louisa » 24.07.2006, 19:03

Hallo lichelzauch!

-Jetzt kann man Dich ja auch endlich einmal anschauen!
Wenn Du mir schreibst, was genau ich an dieser Strophe verändern sollte, wäre mir sehr geholfen!

(es ist, so glaube ich, mittlerweile hell geworden...)

Viel Erfolg bei Deiner durchtriebenen Suche!

louisa

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 24.07.2006, 19:54

Liebe Lousia,

ein schönes Gedicht. Aber eine Sorge habe ich doch, nämlich den Titel. In meiner Gegend denkt man bei "abseilen" an eine ganz andere Tätigkeit, die Du natürlich nicht gemeint hast, aber...

Vielleicht könntest Du Dich mit einem anderen Titel anfreunden.

Grüße

Paul Ost

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Beitragvon leonie » 24.07.2006, 23:09

Liebe Louisa,
Ich mag fast alle Deine Gedicht sehr, aber mit diesem habe ich Schwierigkeiten. Die Idee finde ich gut, ich meine aber, dass Du aus der tollen Bildebene zu sehr in die reflektierende gehst. Vor allem mit den Zeilen „wissen nichts vom Zuvor oder Danach, aber umso mehr vom Momentanen“. Das „wir streifen die Vergänglichkeit... ab“ sagt meiner Meinung nach dasselbe aus wie „wir streifen die zwei Schlingen ab“, was aber vom Bild her viel stärker ist.
Ich finde die Idee wirklich gut, aber die Umsetzung scheint mir noch ein wenig unausgegoren. Bitte nimm mir das nicht übel, aber ich meine, Du kannst das besser!
Liebe Grüße
leonie

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 25.07.2006, 00:20

Leonie hat recht so, wie sie es sieht, aber ich sehe zwischen den Schlingen und der Vergänglichkeit doch eine riesen Unterschied. Schlingen sind vergänglich, aber die Vergänglichkeit abzustreifen ist eine Schlinge, die ins Gegenteil sich dreht, in die Ewigkeitkeit des Momentes zumindest!!!, was dann dannach aufs Beste aufgeführt wird.

Und in diesem Spiel dieser Elemente empfinde ich die Tiefe und die Schönheit dieses Gedichtes bis in den selben Tag,

moshe.c


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