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TSCHAU MAMA
Verfasst: 17.07.2006, 09:30
von BlauerSalon
TSCHAU MAMA*
Vor weißer Wand
Das weiße Bett
steht auf
gewachstem Glanz
Darin
geschlossene Augen
im schmalen Gesicht
blutleere Lippen
Graue Arme
zusammengelegt
blicken aus
weißer Sterilität
Rote Blumen
geschmückt
mit grünem Beiwerk
Verdeckte
Apparate
Schläuche
Im Hintergrund
der Alltag
hallt
durch offene Türen
Geruch
Kälte
Papa weint
Ich auch
Tschau Mama
© steyk 07.2006
*Es ist das Bild, das sich mir als zehnjähriger Junge eingeprägt hat, als ich meine Mutter in einem Krankenhaus zum letzte Mal sah.
Liebe Schreiberlinge: warum ich dieses Gedicht von steyk einstelle, könnt ihr hier nachlesen:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... 7637#17637
Verfasst: 17.07.2006, 10:20
von leonie
Lieber Stefan,
das ist wieder so ein berührendes Gedicht von Dir. Obwohl Du aus erwachsener Perspektive erzählst, spürt man die Hilflosigkeit des Kindes, das diese Eindrücke wahrnimmt, aber gar nicht verarbeiten kann...
Liebe Grüße
leonie
Verfasst: 17.07.2006, 10:38
von Trixie
Hallo Stefan,
hoffentlich wirst du bald diese Kommentare hier lesen können! Ich sitze gerade im Reisebüro und war schon den Tränen nahe, als ich von deinem Unfall erfahren habe, musste mich aber natürlich zusammenreißen. Nun lese ich dieses Gedicht und muss wirklich sagen: Trotz dieser stupiden Beschreibung, der wenigen genannten Emotionen in diesem Gedicht, hat es mich so sehr berührt. Das ist wohl wieder ein sehr gelungenes Werk, welches ich trotzdem nicht als Betroffenheitslyrik abstempeln würde. Danke hierfür.
glg Trixie
Verfasst: 17.07.2006, 10:42
von savage
Mir geht es wie leonie. Das Gedicht berührt mich sehr. Ich spürte die Kälte, die diesen letzten Moment im Krankenhaus beschreibt. Kein Ort zum sterben, kein Ort um Abschied zu nehmen.
Wenige Worte, die diese Situation eindringlich schildern.
savage
Verfasst: 17.07.2006, 13:33
von Gast
Ich verstehe dich genau Stefan und was du zum Ausdruck bringen willst.
Gerade vor 3 Wochen starb mein Schwiegervater - da war es so ganz anders.
Man ging bis zum Schluss sehr liebevoll mit ihm um, er wurde nicht abgeschoben, so dass wir Angehörigen mir großem Staunen und sehr dankbar an das Personal im ev. Krankenhaus Düsseldorf zurückdenken.
Du hast die bedrückende fremde Atmosphäre, die ein 10jähriger noch krasser empindet als eine Erwachsener sehr gut eingefangen.
Liebe Grüße
Gerda
Verfasst: 17.07.2006, 14:13
von Cara
Hallo Stefan,
dein Gedicht berührt mich sehr, ich brauche dem, was meine Vorgänger geschreiben haben, nichts mehr hinzuzusetzen.
Was mich allerdings darüberhinaus sehr "schockiert", ist die Tatsache, dass du beabsichtigt hast, es in den Salon einzustellen und , bevor du das tun konntest, durch deinen Unfall selber in diese Situation "weißer Sterilität" geraten bist. Dazu fehlen mir alle weiteren Worte.
Liebe Grüße und gute Genesung
Cara
Verfasst: 17.07.2006, 20:23
von Max
Lieber Stefan,
ich finde das eines Deine ergreifendsten Gedichte - vielleicht auch deshaöb, weil ich weiß, wie sich solche Momente einprägen. Meine Mutter starb, als ich sechst war und das letzte Mal, dassich sah war auch im Krankenhaus. Auch wenn sie dort anders wirkte, als Deine Mutter im Gedicht, ihr Tod war ein "Unfall", so fühle ich mich doch sehr an die Szene erinnert.
Ein guter Text!!
Liebe Grüße
Max
Verfasst: 18.07.2006, 06:23
von rockandrollhexe
Lieber steyk,
wollte gestern schon etwas zu dm Gedicht schreiben, aber das mit deinem Unfall ging mir so nah, dass ich nicht dazu in der Lage war, mich auf diesen Texte zu konzentrieren.
Was soll ich noch zu dem Text sagen? Es ist wohl ein typisches steyk-Gedicht. Diesen Stil verwendest du immer dann, wenn du die besten Texte schreibst. Klare Worte und Bilder, die sich dem Leser erschliessen. In diesem Fall war es wohl besonders schwierig, da du sie aus Sicht eines zehnjährigen Kindes (deiner Kindheit) bilden und dabei die Sichtweise eines Erwachsenen vermeiden musstest. Das ist dir sehr gut gelungen.
Ich habe beim lesen mitgefühlt...
Liebe Grüsse
rockandrollhexe
Verfasst: 18.07.2006, 22:12
von Louisa
Hallo steyk,
das berührt mich auch sehr. Man kann auch nichts daran kritisieren. Ich fürchte mich immer vor diesem Moment und kann Dir nichts weiter als mein Mitgefühl aussprechen.
Das muss sehr schlimm sein, wenn man seine Mutter schon so früh verliert.
Liebe Grüße! louisa
Verfasst: 19.07.2006, 09:12
von steyk
Im Namen von Stefan möchte ich mich herzlich für die Kommentare bedanken. Ich werde sie kopieren, ausdrucken und ihm heute Nachmittag im Krankenhaus vorlesen. Er wird sich bestimmt darüber freuen. Mit nachfolgenden Kommentaren werde ich ebenso verfahren.
Wenn Sie mehr über Stefans Zustand wissen möchten, schauen Sie bitte ins blaue Brett unter „Kleine Blau-Pause“.
Ich grüße ganz herzlich
Gerlinde (Stefan’s Frau) 19.07.06