Qual der Wahl

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Janosch

Beitragvon Janosch » 05.07.2006, 17:33

Eiter wütet
in den Geschwülsten
meiner verkrusteten Augen
es juckt
es kratzt
es pulsiert
mich munter

Ich werde nicht
wieder den Blinden mimen
euretwegen
auf der Stelle treten
nein
von nun an
meinetwegen
auf meinen Wegen

Ich werde
den Grind abschürfen

frei bluten
frei eitern
frei scheitern
des Sehens wegen

Wannendicht

Beitragvon Wannendicht » 05.07.2006, 22:10

Perfekt...man fühlt sich sofort wie ein ausgedrückter Eiterpickel...

BRAVISSIMO

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 05.07.2006, 23:09

Hey Janosch, ich schließe mich an:

Außergewöhnlich und außergewöhnlich gut gelungen, noch zu frisch um mehr zu sagen. Sage aber mehr, morgen.

Hey, du Schläfriger,
wo bleibt dein Rührei? Schon alles allein gegessen?

moshe.mampf

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leonie
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Beitragvon leonie » 06.07.2006, 16:30

Lieber Janosch,
Dein Gedicht gefällt mir sehr. Darin schwingt Wut und Entschlossenheit. Du verwendest ungewöhnliche Bilder. Besonders gefällt mir die Idee „munter pulsiert“ zu werden. Und den Schluss finde ich auch sehr gelungen.
Liebe Grüße
leonie

Max

Beitragvon Max » 06.07.2006, 16:40

Lieber Janosch,

ich kann mich den Vorrednern nur anschließen; das gedicht hat eine eigene Kraft, die aus ganz eigenen Bildern stammt.

Mehr davon ;-)

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 06.07.2006, 18:14

Lieber Janosch,
du beschreibst einen Akt der Selbstbefreiung aus krankmachendender Umgebung und den Erkenntnisprozeß, der zu konkretem Handeln führt, trotz der Wunden, die dabei entstehen, die aber einem weiteren Sichen vorzuziehen sind.

In der zweiten Strophe würde ich überlegen, ob das doppelte 'Mein' in der vorletztzen Zeile nicht durch ein 'Für mich' ersetzt werden könnte.

Meine Hochachtung, für das was du hier in bester Form zum Ausdruck gebracht.hast.

Wenn du Lust hast, schau mal zu den Kommentaren über mein Gedicht 'Es, Ich, Über-Ich' unter Lyrik und Kultur.

moshe,c

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.07.2006, 10:30

Hallo Janosch,

diese Kombination hier von Eiter und munter finde ich toll:

Eiter wütet
in den Geschwülsten
meiner verkrusteten Augen
es juckt
es kratzt
es pulsiert
mich munter


Dein Gedicht beschreibt für mich gut, das Wutgefühl, das zu einer entgültigen Entscheidung helfen kann. Manchmal schafft man es zu gehen, manchmal versucht man es immer wieder.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Janosch

Beitragvon Janosch » 07.07.2006, 19:18

Hallo Wannendicht,

dein "Perfekt" und "Bravissimo" haben es mir wirklich angetan,
vielen Dank! :freu2:

Grüße Janosch


Hallo leonie,

freut mich sehr, dass es mir anscheinend gelungen ist, meine Gefühlswelt auf den Punkt zu bringen. Danke dir! :razz:

Gruß Janosch


Hallo Max,

schön, dass ich mit dem Gedicht auch dich ansprechen konnte.
Dankesehr! :smile:

Gruß Janosch


Hallo moshe.c,

für mich ein großes Kompliment, dass du dir soviel Zeit für das Gedicht genommen hast! :schaem: ;-)
Deine Interpretation trifft es ziemlich gut.
Danke für die Hochachtung und den "Außergewöhnlich"-Status; freut mich sehr! O:)

Viele Grüße Janosch


Hallo Lisa,

dein Interpretationsansatz zeigt mir, dass das Gedicht einen gewissen Spielraum lässt und jeder etwas anders
darauf reagieren kann ohne, dass ich mich missverstanden fühle.
Danke auch dir für dein Lob! :mrgreen:

Grüße Janosch


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