Zauberwort Liebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Cara

Beitragvon Cara » 04.07.2006, 12:16

Zauberwort Liebe

Nicht unterdrückter Hass
Wut Beschimpfungen
Um-Sich-Schlagen in alle Richtungen
Permanente Verteidigungsposition

Hinter der Verzweiflung stehen

Kinder

die alles zerstören wollen
was ihre Seelen berührt
die sich sehnen nach

Liebe

Eine waghalsige Verlockung
ein Zauberwort
das sie innehalten lässt
und aufhorchen

Nur zu gern würden sie ihm
Glauben schenken
werden es aber
- so ihr kampfbereiter Entschluss -
nie wieder tun

(c)Cara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.07.2006, 16:26

Liebe Cara,

die Stimme dieses Gedichts kommt daher wie ein engagierter und empathischer Podeonsprecher.
Ich finde es gut, dass du für dieses Thema eine freie Form gewählt hast, wir hatten hier schon einige kritische Themen (zum Beispiel über den Tsunami), die durchaus wichtig sind, auch oder gerade von der Kunst augegriffen zu werden, aber die Form hat mir manches Mal Bauchschmerzen bereitet.

Zudem brennt es an allen Ecken deines Themas. Man brauch nur an die Geschehnisse an Schulen in sozialen Brennpunkten zu denken, aber auch der ganz "normale" Alltag ist durchtränkt mit solchen Szenen.

ich ertappe mich oft, wenn ich beim Autofahren zum Beispiel aus dem Fenster sehe und einige Jugendliche sehe, dass ich denke: "ich möchte heute kein Schüler sein"...das stände ich nicht durch.

Aus ästhetischen Gesichtspunkten bin ich diesem Text etwas zwiespältig gegenüber eingestellt. Wie gesagt, die schlichte, freie Form finde ich wichtig, und in der letzten Strophe reißt mich der Rhythmus dank dieses tollen Einschubs mit, ich glaube der Rhythmus überhaupt ist nicht unspannend, wenn man ihn entdeckt, er liegt stark auf den einzelworten.

Insgesamt ist mir das Gedicht aber noch etwas zu wenig "Gedicht", was heißen soll: Die zugrundeliegenden Gedanken sind noch ein/zwei Ticks zu nah an den Gedanken, die dem Gedicht zugrunde liegen. Man kann im Grunde genommen die Zeilen zu einem prosatext auflösen.

Aber vielleicht sehen andere darin gerade die Stärke des Gedichts!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Cara

Beitragvon Cara » 06.07.2006, 20:07

"Insgesamt ist mir das Gedicht aber noch etwas zu wenig "Gedicht", was heißen soll: Die zugrundeliegenden Gedanken sind noch ein/zwei Ticks zu nah an den Gedanken, die dem Gedicht zugrunde liegen. Man kann im Grunde genommen die Zeilen zu einem prosatext auflösen."

Liebe Lisa,

hab vielen Danke für dein genaues Lesen....

Du hast ganz gewiss Recht!!! Ich habe mich hier mehr mit dem Inhalt beschäftigt (er hat mich sehr eingenommen) , als dass ich mich bemüht hätte, ein wirkliches Gedicht daraus zu machen. Daher hatte ich es auch in diese Kategorie der mehr "sozialen und politischen Gedichte" eingestellt.
Stimmt, es könnte auch Prosa daraus lesen.

Es ist ja oft so, dass Prosa umgebrochen und daraus ein Gedicht gemacht wird. Ob das legitim ist, weiß ich nicht so. Es ist wahrscheinlich "handwerklich gesehen" eine nicht so dolle "Leistung".


Die Gedanken sind, wie du schreibst, noch ein wenig zu nahe an den Gedanken, lächel.....
das ist ein Satz, den ich bemerkenswert finde.....sicher, ein Gedicht sollte nicht ein intellektuelles Output sein, sondern ein Bild. Das ist allerdings bei dieser Art von Inhalt schwierig.

Danke dir

Cara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.07.2006, 09:20

Liebe Cara,

nachdem, was du schreibst, würde ich dann dieses Gedicht einfach so lassen wie es ist. Um es zu verdichten braucht man einen Abstand, der manchmal lange dauert. Ich würde es "Dokument" für dich selbst dann so bewahren, wie es ist, und wenn du einen anderen Abstand (es muss ja kein größerer sein) zum Thema gefunden hast, kommt ein anderes "Gedicht" dazu von ganz allein. Wie sagt Gerda immer: "abhängen lassen" - nur diesmal schon vor dem Schreiben des gedichts §blumen§ . Ich glaube mit bwahren wirst du hier deinem eigenen text am meisten gerecht.

Psst-PS: Guck mal, das war das, was ich mit "Bild" in unser Diskussion vor ein paar Tagen meinte:

.
sicher, ein Gedicht sollte nicht ein intellektuelles Output sein, sondern ein Bild.


Ich glaube, du hast ein feines Gefühl für Texte!

Liebe Grüße,
Lisa
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Gast

Beitragvon Gast » 07.07.2006, 09:40

Liebe Cara,
Lisa hat ja schon einen Menge zu dem Gedicht gesagt.
Ganz sicher ist es nicht unbedingt schlecht, sich Gedanken erst einmal in Prosa aufzuschreiben und dann zu verdichten...
Hat mir sogar vor ein paar Jahren ein "alter" Schreibfuchs geraten...
Was mir aber auffällt ist, dass der erste Vers völlig anders klingt als die anderen Verse.
Es ist unglücklich, glaube ich mit der Zeile "Nicht unterdrückter Hass" zu beginnen, bzw. diese Formulierung grundsätzlich zu wählen.
Offener Hass, würde ich schreiben / lesen wollen.

Dann fiel mir noch eine "Ungerreimtheit auf, die du nach dem "Ruhen lassen" des Textes, für das ich ebenso wie Lisa plädiere, prüfen könntest. Ich meine, dass Kindern und Jugendlichen gerade nicht genug für die Seele "geboten" wird...
Sprich, es geht darum ihre Seele zu berühren, damit man sie erreicht.

Es sei denn du meinst die in der Relation geringe Anzahl, die bereits aus dem Raster der "Gesellschaft" gerutscht ist... :???:
auch der Titel, hm schwierig, einerseits nicht stimmig, soll provokant klingen, denke ich, andererseits zu allgemein.

Ich möchte derzeit (noch) keine Vorschläge machen, weil ich den Text nicht in deinem Sinne lesen kann.

Liebe Grüße
Gerda

Cara

Beitragvon Cara » 07.07.2006, 10:25

Liebe Lisa und Gerda,
Danke für eure Gedanken zu diesem Text!

Lisa:
Ich hatte mich vielleicht ein wenig zu vage ausgedrückt. Die Inhalte dieses Textes haben mich nicht aktuell so sehr berührt, sondern in früheren Zeiten. Ich hatte vor vielen Jahren in einem Aufnahmeheim für Mädchen (Jugendschutzstelle) beruflich mit Kindern zu tun, die , wie Gerda sagt, "aus dem Raster (bereits) gefallen sind". Von daher bin ich "eingenommen", aber nicht "überrumpelt" von dem Thema.

Was meinst du mit "als Dokument aufbewahren"? Was sonst tut man mit solchen Gedichten? Ich bin keine Autorin, die Bücher veröffentlicht, lächel.
Der Grund, warum ich das Gedicht einstellte, warst du mit deinem Gedicht mit den "Schwarzen / Dunklen Kindern", bei dem ich dir witzigerweise auch zum Erst-Mal- Ruhen -Lassen geraten hatte. Du meinst ja dein eigenes Kind, ich meinte meine "Heimkinder" und kramte das Gedicht hervor als Kontrast oder so ähnlich zu deinem Gedicht....

Gerda:
"Offener Hass"....das finde ich gerade etwas zu flach...daher hatte ich diese reversive, verneinende Form gewählt.
Die erste Strophe soll eine Einganspforte in das Gedicht sein, daher fällt sie wohl aus dem anderen Sprechstil heraus.
In der Tat meinte ich den Titel provokativ, bzw. er sollte genau das aufzeigen, dass hier Kinder sind, die so etwas wie Liebe nicht mehr annehmen können, allerdings darauf emotional "vorsichtig, ängstlich" abfahren.

Ich muss nach unserer Diskussion sagen, dass ich ihn nun tatsächlich ruhen lassen werde.
Danke für eure Kommentare! Sie helfen mir allemal (trotz Ruhen-Lassen)weiter.

Liebe Grüße
Cara


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