In der Oktoberfrühe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 27.06.2006, 22:58

In der Oktoberfrühe
als wir durch ausgestreckte Nebelgassen gingen
und die Milchgläser vor müden Augen hingen

In der Oktoberfrühe
suchte ich die Hände ab nach einer Armbanduhr
nur die unscheinbare Frage nach der Gegenwart

hat mich gepackt
an meinen Schultern und wandte mich herum zu Dir
der still vorbei gelaufen ist hinter einer Glasfassade

Deine Schritte sind
gestrandet am Weg umspült von jungen Wolken
und Du sahst hinter meine durchsichtigen Augen

Im Nebelmorgen
floss mein brauner Blick hinein in Deinen Blauen
wie Treibholz liegt in Wellenhänden sanfter Ozeane –

Die Zeit regte sich nicht mehr
und die ferne Stimme mit der Armbanduhr
ist ganz stumm und ich ganz taub geworden

Dein Wimpernschlag
und diese Gegenwart hat sich gelichtet

Nur wenn ich heute
in der Frühe an der Glassfassade stehe

Schmecke ich noch immer Reste weicher Nebelluft
und sehe Dich in Wolken still an mir vorüber ziehen.
Zuletzt geändert von Louisa am 30.06.2006, 21:49, insgesamt 2-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 28.06.2006, 11:07

Liebe Louisa,
wieder ein Gedicht von Dir, dass mir mit seinen originellen Bildern und der melancholischen Herbst-Atmospäre, die Du zauberst, gut gefällt!
Allein das doppelte „noch immer“ finde ich nicht so glücklich.
Liebe Grüße
leonie

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.06.2006, 13:42

Hallo Leonie!

Vielen Dank. Ich habe befürchtet, dass es vielleicht zu persönlich ist und sich deshalb kaum jemand damit identifizieren kann.

Aber wenn es Dir gefallen hat, ist das doch sehr beruhigend für mich O:) !

Am Ende überlege ich noch, was besser klingen könnte.

Nochmals Dankeschön §blumen§ !

Grüßlein, louisa

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 28.06.2006, 14:01

Liebe Louisa,
mir gefällt es auch sehr gut und vom Aufbau und Ablauf ist es mal wieder bestens. Du scheinst mir da etwas gefunden zu haben......
Lediglich die letze Strophe will mir nicht recht schmecken:
'Schmeck' und 'seh' versprechen mir einen besseren Genuß.
Vielleicht hast du es aber auch explizit so gewollt.

moshe.c

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.06.2006, 14:22

Salut Monsieur Zitrusfrucht O:) !

Vielen, vielen Dank! Dein Lob ehrt mich sehr! Naja...das Ende ist ja auch kein wahrer Genuss, glaube ich.

Es ist ein kleines, trauriges Zurückrufen der vergangenen Nebeltage...und das auch nur im Geiste.

Die Erinnerung schmeckt nicht so süß wie das echte Erlebnis, vielleicht schmeckt sie auch ein bisschen wie eine Orange: Bitter und süß O:) ...

Schmeckende Grüße, louisa


Nach viel zu langer Zeit wieder eine geheime Botschaft an den Einen: Hallo, m. s. D. ! Du wirst es nicht für möglich halten, aber ich denke immer noch jede Sekunde an Dich. Kannst Du mir das erklären? Außerdem hat mir ein guter Geist erzählt wie es Dir jetzt geht. Das macht mich furchtbar hilflos und mir bleibt nichts übrig, als Dir immer wieder zu schreiben, dass Du nie die freundliche Hoffnung und den alten Mut verlieren darfst. Es ist das wichtigste, dass Du da bist. Außerdem geht es allen Menschen nach dieser Behandlung so schlecht, aber Du musst nur ein paar Monate vorbei ziehen lassen und dann geht es Dir wieder besser! Ganz sicher! Diese Zeit wird ganz schnell vergehen! Zum Beispiel habe ich das Gefühl, als ob wir uns erst gestern das letzte mal gesehen hätten, aber jetzt ist es fast schon ein halbes Jahr her. In dieser Zeit sind so viele verrückte Sachen passiert, die ich Dir zu gern erzählen würde, aber das geht ja nicht. Aber Du würdest es bestimmt lustig finden... Ich hoffe, dass Du das alles noch liest und niemals Deine Träume verlierst. Bald tragen die Tage wieder schönere Kleider! Vielleicht höre ich Dich ja an einem schönen Morgen wieder schweigen...aber es ist am wichtigsten, dass es dir gut geht! Ich denke immer an Dich und vermisse Dich sehr. So sehr, dass mir die ganze Welt wie gelähmt vorkommt. Aber ich kann mich ja zu Dir denken. Alles wird wieder besser werden und Du bleibst immer mein s. D.! Wieso kann ich leider nicht beantworten... Ich grüße auch die sanften Ozeane in Deinen Augen :-) Bis bald...

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 28.06.2006, 15:03

Hallo, hallo Louisa,

du willst mich immer von der Bitterkeit oder den sauren Komponenten der Früchte meiner Gattung überzeugen.

Manche Erinnerung schmeckt süßer als das Orginal, sei auch gesagt.

Die Früchte-Liebhaberin Louisa wird mit Herannahmen des Herbstes anscheinend das Saure, Bittere der zu frühen Früchte vergeßen und auch noch das eine oder andere Gläschen in den Keller stellen.

Na, denne, als süße Zitrone

moshe.c

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.06.2006, 15:17

Lieber Moshe,
die Früchte-Liebhaberin wird sich so lange an diesen Orangen satt essen, bis die Sträucher wieder Himbeeren tragen...

Der Kompott-Liebhaber Moshe muss ja schon einen ganzen Keller voller saurer und süßer Früchtchen bewohnen, oder?

Wir ergänzen uns wunderbar, finde ich... O:)

(PS: Ich muss die falschen Orangen kaufen...)

Liebe Obstgrüße, louisa

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.06.2006, 15:24

PS: Wäre am Ende besser:

Schmecke ich noch immer Reste weicher Nebelluft
und sehe Dich in Wolken still an mir vorüber ziehen.


???

Fragenvolle Grüße, louisa

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 28.06.2006, 16:00

Louisa:

JA, das ist noch viel besser als mein kärglicher Vorschlag!!!

§blumen§ §blumen§ §blumen§

moshe.c

P.S. Kompott und Marmelade-Vorräte sind stets gut gefüllt.

Max

Beitragvon Max » 28.06.2006, 20:08

Liebe Louisa,

das ist wieder einmal eine poetisch beeindruckende Beschreibung von Dir.

Ich habe mich allerdings nach dem zweiten Lesen gefragt, ob der Text nicht durch ein paar Kürzungen nicht noch gewinnen könnte.
Biespielsweise fielen mir die "weichen Nebelgassen" in Strophe 1 auf, bei denen ich mich immer noch frage, ob das "weich" irgendetwas sagt, was nicht in "Nebel" schon mitgesagt ist - ist es nicht der Nebel, der alles, Licht und Ton und Stimmung weich macht? Als ich dann so fröhlich herumstrich, habe ich mich weiter gefragt, was aus den ersten beiden Strophen würde, wenn man noch radikaler striche, z.b. so:

In der Oktoberfrühe
die weichen Nebelgassen
Milchgläser vor müden Augen

Die Suche nach einer Uhr an meinem Arm
Nur die unscheinbare Frage
nach dem Jetzt

hat mich gepackt
an meinen Schultern und wandte mich herum zu Dir
der still vorbei gelaufen ist hinter einer Glasfassade

Hm, ich mache das ungern, in anderer Leute Gedichte hineinzuschreiben, aber da hat es mich irgendwie gepackt. Es könnte aber sein, dass es so nicht besser geworden ist und schon gar keine echte Louisa mehr ...

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 29.06.2006, 19:01

Hallo Moshe und Max!

Vielen Dank euch beiden!

Ja, Max ich habe auch überlegt es zu verkürzen, aber Dein Vorschlag (ist natürlich sehr schön) nimmt diesen kleinen Rhythmus wieder weg...

Würde es Dir besser gefallen, wenn ich ein anderes Wort für weich (usw.) finde?

Ich denke über die Verdichtung nach!

Grüßlein, louisa

Max

Beitragvon Max » 30.06.2006, 10:41

Liebe Luisa,

das kmäme natürlich auf das Wort an, das Du findest - aber ich denke es lohnt die Suche.

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 30.06.2006, 21:50

Hallo Max!

Wie wäre es zum Beispiel mit "ausgestreckte Nebelgassen" O:) ?

Grüßlein, louisa

PS: Kann man eigentlich "hingen" und "hangen" sagen oder nur eins von beiden?

Max

Beitragvon Max » 01.07.2006, 13:33

Liebe Louisa,

die ausgestreckten Nebelgassen würden mir sehr gefallen.


Es heißt wohl "hingen" aber "hat gehangen" (oder "ist gehinkt" ;-), wobei die Frae ist ob hinken eigentlich ein Verb der Bewegung ist ;-) )

Liebe Grüße
Max


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