Wahn

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 13:46

Einig war'n die Walten
darob, daß Zäune zerbrachen,
einig dieser Welten
Segen, daß Früchte entfachen
einig zu erhalten

Trotzig war'n die Gestalten
darob, daß Sichtum entfaltet,
einig aller Alten
Regen, daß Gründe gestaltet
einig vom Erhalten

Selig war'n die Sehen
darob, daß Trümmer zerbrachen,
einig dieser Wehen
Segen, daß Keime entfachen
einig um erhalten

Sodann war'n die Weiten
darob, daß Träume entfaltet,
einig dieser Breiten
Regen, daß Lüfte gestaltet
einig zu erhalten

Alsdann war'n die Winder
darob, daß Tiefen zerbrachen,
einig dieser KInder
Segen, daß Runden entfachen
einig am erhalten

Wenndann war'n die Zeiger
darob, daß Schimmer entfaltet,
einig dieser Geiger
Regen, daß Ziele gestaltet
einig vom Behalten

Lachend war'n die Münder
darob, daß Kummer zerbrachen,
einig dieser Kinder
Segen, daß Kreise entfachen
einig im Erhalten

aram
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Beitragvon aram » 22.06.2006, 19:07

hallo moshe!

ui, ich scrollte zeile für zeile einzeln runter und las, ohne zu wissen was nachher kommt und wie lang's noch geht
- da drehte sich richtig der kopf bei mir -

soll ich mich da jetzt freuen, dass sich dabei erstmal kein spontanerer tieferer einblick in die wahnlogik einstellte?
;-) das muss ich wohl selbst entscheiden -
jedenfalls scheint es sich um eine etwas anstrengende realitätskonstruktion zu handeln...
vielleicht ist 'auflösung' trotzdem einfach, wenn man die schlüsselperspektive mal hat -

ich reise aber erst mal weiter,
danke für's kopfkreiseln!
aram

aram
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Beitragvon aram » 22.06.2006, 19:10

p.s. - mh, die letzte strophe ist schon ziemlich klar -
ich hau mal schnell ab hier, bevor ich noch alles verstehe ;_)

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 19:51

Laß dir Zeit
ich brauchte auch meine Zeit
um es zu konstruieren., und meine Konstrukte....

mosche.c

Maija

Beitragvon Maija » 03.08.2006, 18:52

Hallo moshe.c,

Konstrukte hin, Konstrukte her, aber hier sehe ich auch keinen richtigen Zusammenhang. Vielleicht schafft es jemand anderes...? :blink2: Werde später es noch einmal probieren.

Gruß Maija

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.08.2006, 20:03

Lieber moshe,
meinst du, du könntest ir bei diesem Text (ich schaue gerade nach den von dir gestern angeführten) einmal ausführliche Hilfestellung geben? Einen Interpreationsansatz oder dergleichen? Einen Plan? Ich brauche dies, um auf die vier texte eingehen zu können - den Zugang finde ich sehr schwer...

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 04.08.2006, 21:06

Liebe Lisa,
das werde ich tun und kann deine Frage sehr gut verstehen.

Laß mir auch ein wenig Zeit, hm, bis Sonntag.

Was mich jetzt aber freut, ist, das dannach gefragt wird.

Moshe.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 05.08.2006, 11:05

Liebe Lisa!

Da das ein altes Gedicht ist, musste ich erst mal in der Tiefe der Schubladen kramen.
Es entstand in der Zeit meiner Ausbildung zum Schauspieler und ich wurde gefragt nach meinen Vorstellungen, wenn ich die Aufgabe hätte Heinrich Himmler darzustellen. Nach dem ich da einiges zu überwinden hatte, kam ich zu dem Schluß, daß natürlich auch so ein Mensch auf der Bühne oder im Film dargestellt werden müße, um sich mit der Nazi-Zeit auseinandersetzen zu können. Neben dem Lesen von Literatur machte ich auch eine Reise zum Kyffhäuser, zum Herrmanns-Denkmal und zur Wewelsburg, die dieses 'Schmuckstück' der deutschen Geschichte sich zum Zentrum seiner Vorstellungen einer neuen Welt auserkoren hatte.
So kam dann, unter anderem, dieser Text dabei heraus. Ich stellte mir vor, was da an Sichtweise und Kommunikation bei einer 'Tafelrunde' so passiert.
Ach ja, die Lebensborn-Sache floß hier auch noch mit ein.
Der Titel war mal Brauner Wahn, vielleicht hätte ich ihn lassen sollen.

In der Hoffnung deine Frage ausreichend beantwortet zu haben

moshe.c

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.08.2006, 15:56

Lieber moshe, ich habe mir nun einige Tage zeit gelassen, um auf deinen Kommentar antworten zu können, muss aber sagen, dass ich bei diesem Text wirklich meine Grenzen als Leser aufgezeigt bekomme. Ich verstehe, was du so ausführlich schreibst (danke dafür!!) , aber ich haben Riesenprobleme mit der Form des Textes, besser gesagt: Aus seiner Form zu lesen. Ich verstehe ganz ernsthaft einfach nicht den Sinn der Zeilen (also rein lesetechnisch!)...darum konnte ich auch beim Einstellen damals nichts zu dem Gedicht sagen (aber auch, weil so viele texte von dir hier im Forum stehen, dass ich es nicht annähernd schaffe, mich auf sie alle einzulassen, ich komme nicht nach).

Hilft du mir trotz dieser dummen Fragen noch einmal?

Lese ich es zunächst den richtig, dass du aus bestimmten Typen/Positionen zu Beginn eine Art Volk jeweils machst, wie sie (in Büchern) an Tafelrunden zusammenkamen? Das Walten, Sehen, Weiten solche Völker darstellen? Der text ist ansonsten Strophe für Strophe so bildabstrakt und hat anscheinend doch wieder so einen komplexen Hintergrund, dass ich verloren bin.

Ich brauche also wirklich Hilfe. Vielleicht hilft mir das für die anderen von dir angesprochenen Texte...!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 09.08.2006, 16:34

Liebe Lisa,

bitte versuche dich weder hilflos, noch verloren zu fühlen.
Es ist ohne Frage ein Grenzbereich, in den ich mich da begeben habe. Besonders auch für mich persönlich.

Ich habe mich in den Kopf des Himmler versucht zu versetzen.
Ich schaffe keine Völker, keine Ansicht über Völker, sondern versuchte die Ansicht dieser Person zu reflektieren und in Form zu gießen.
Für mich ist er ein kranker Mensch, der aber unendliche Schicksale bestimmt hat. Von meinem Beruf her muß ich mich ständig in andere Menschen hineinversetzen, in Ihre Welt.

Man kann sich in so einem Kopf, in so einer Welt, in so einer Sichtweise tatsächlich verlieren, und das merkwürdige ist: Es hat auch noch eine bestimmte Anziehungskraft!

Ich halte diesen Text für ausserordentlich wichtig, aber auch für ausserordentlich schwierig. Es gibt andere, die sich damit auseinandersetzen mußten: Siehe jüngst Bruno Ganz als Hitler im Film.

Für mich war und ist es eine Grenzerfahrung.

Bitte, bitte teile mir mit, ob es dir ein wenig weitergeholfen hat, was ich jetzt schreib.
Mein Vorschlag ist, daß du diesen Text beiseite legst und mir was zu den anderen schreibst.
Im nächsten Monat haben wir das Thema Grenzen. Bis dahin ist noch ein wenig Zeit und ich werde versuchen Kontakt aufzunehmen zu Menschen, die sich mit diesem Himmler auseinandergesetzt haben, und dann alles zusammen im nächsten Monat unter dem Monatsthema zu posten, natürlich mit meinem bestmöglichen Kommentar.

OK?

Ich hoffe das Päckchen kommt bald an.

Moshe

:pfeifen:

Muß schon komisch sein, so ein Forum zu haben.
Jede mögliche Hilfe will ich geben und ich bin dir dankbar, daß du dich damit so ernsthaft beschäftigst.

Maija

Beitragvon Maija » 09.08.2006, 18:41

Hallo moshe

Auch ich beschäftige mich mit deinem Gedicht schon eine ganze Weile und bekomme es nicht hin. Deine Sprache ist zu konstrukt und die Bilder lassen sich beim besten Willen nicht zusammenfügen. Ich dachte schon es geht nur mir so und ich habe was an der Birne. :mrgreen:
Aber auch mit Nietzsche kann ich keine Verbindung herstellen und Grenzerfahrung auch nicht, sorry. Bin schon gespannt auf den nächsten Monat! :laune0009: Hoffentlich wird es dann verständlicher für mich...?

Gruß Maija

Max

Beitragvon Max » 12.08.2006, 21:47

Lieber Moshe,

auf dieses Gedicht bin ich erst durch Deinen Hinweis im Zusammenhnag mit einem anderen Gedicht in experimenteller Lyrik gestoßen.

Mit Spannung habe ich daher Deine Erläuterungen oben gelesen. Ich denke, dass die Aufgabe Himmler zu spielen sicher grenzwertig ist, dass es schwer ist diesen Geist, oder was immer ihn umgetrieben haben mag, nachzuvollziehen.

Allerdings finde ich es auch extrem schwierig, Deine Gedankengänge und insbesondere was Dich zu ihnen geführt hat, in diesem Gedicht wieder zu finden. Es gibt immer noch Strophen, die mehr nicht nur inhaltlich sondern schon rein grammatisch Rätsel aufgeben. Beispielsweise

Sodann war'n die Weiten
darob, daß Träume entfaltet,
einig dieser Breiten
Regen, daß Lüfte gestaltet
einig zu erhalten


Daher wäre ich für weitere Hilfen dankbar.

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.08.2006, 19:39

Hallo Max,
danke der Nachfrage. Zu den Gedankengängen, sowohl des Himmler, als auch den meinen, werde ich im nächsten Monat im Monatsthema ausführlich Stellung nehmen, mit Zitaten, Meinungen anderer, usw.. Bin am arbeiten.

Nun schreibst du mir, daß du bezüglich der Grammatik ein Rätsel hast, aber nicht welches?

Nun biite ich dich mir zu sagen, welches denn. Ist es der Satzbau, die Reimform, die Groß-/Kleinschreibung?

Hm.

moshe.c

Max

Beitragvon Max » 13.08.2006, 21:16

Lieber Moshe,

bei genauem Nachdenken fasst sich meine Frage ungefähr (!) so:
Dass Weiten das Subjekt des Satzes ist scheint mir noch klar, das Prädikat ist waren einig, Regen zu erhalten ist also eine Infiniterweiterung, dieser Breiten Genitivattribut ... somit hieße der Hauptsatz für mich:

Die Weiten waren einig den regen dieser Breiten zu erhalten

und die Begründung in dem zerstückelten Nebensatz wäre


damit Träume entfaltet und Lüfte gestaltet [werden können]

Liege ich da ungefähr richtig?

Liebe Grüße
Max


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