Täler

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 13:15

Verlassen lag dies Tal im Dunkel, tannenschwer,
ein anderes honigmilde, reich durchspült,
mein Weg inmitten lang, gerade lang.
Da steh ich zitternd, seh' nicht mehr nach vorn,
seh mich nach oben fortgezogen
und von droben, über beiden Tälern,
ganz von Sternen mich umspielt.

Von den Tälern, klein versunken,
da weht dies Hell und Dunkel,
da laufen Leute um die Gunst des Brotes,
da schlafen ihre Lieder sehr,
da spielen die Sirenen mit des Schicksals Bällen hin und her,
da fahren Schiffe voll matrosen-leichtem Lachen auf das Meer
und Schiffe voll matrosen-blaßem Antlitz finden in den Hafen schwer.

Dann geh' ich weiter, festen Schritt's den Weg entlang,
kehre in die Hütte, wo man mir die warmen Lieder spielt
und erzähle von den Tälern, honigmilde und tannenschwer.
Zuletzt geändert von moshe.c am 22.06.2006, 14:10, insgesamt 1-mal geändert.

Cara

Beitragvon Cara » 22.06.2006, 13:32

Wahnsinn,

Sag mal, Moshe, schreibst du jeden Tag neue Gedichte?
Fließt dir so ein Werk wie dieses aus der Feder?
Sonnenaufgang für Sonnenaufgang? Honigmildes Tal für tannenschweres Tal?
Geht dir nie die Puste aus, lächel???????
Nichts für ungut....ich bin begeistert!

Cara

elli999

Beitragvon elli999 » 22.06.2006, 13:42

Wunderschön!

ich habe es jetzt schon fünf mal gelesen und werde es auch noch einige Male lesen.

Ich stolpere nur ein wenig über den "matrosem-blaßem Anlitz". Sollte das so heissen oder eigentlich "matrosen" wie in der Zeile davor?

Ansonsten einfach nur ein "Wunderschön"

§blumen§ §blumen§ §blumen§ §blumen§ §blumen§

Lieben Gruss die elli

Trixie

Beitragvon Trixie » 22.06.2006, 14:00

Servus moshe!

Ich kann mich meinen Vorsprecherinnen nur anschließen: Einmalig. Man fühlt sich richtig hineingeschleudert in das Bild, wie immer. Die Frage, die Elli stellte, stelle ich nicht noch einmal, aber eine andere Frage habe ich noch: Was bedeutet "Da schlafen die Lieder sehr"? Hast du das nur des Reimes wegen gemacht? Ich finde, das ist nämlich irgendwie schlechtes Deutsch, bzw. da gäbe es doch passendere Ausdrücke. Tief? Fest? Lang? Das waren jetzt die Standardalternativen, aber du weißt, was ich meine. Ansonsten ist es wundervoll.Einfach wundervoll! §blumen§

verzauberte Grüße, Trixie

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 14:09

Elli,
den Stolperstein räume ich dir sofort aus dem Weg!

Cara,
ja, im Moment schreibe ich jeden Tag mindestens ein Gedicht, welches ich das Gedicht/e des Tages nenne und ohne gehe ich nicht zu Bett.
Ob mir mal die Puste ausgeht, weiß ich auch nicht. Im Moment ist es so und ich fühle mich wohl damit. Nächste Woche werde ich vielleicht ein wenig bremsen in dieser Richtung, um mich anderem zu widmen, aber ob ich das muß, weiß ich jetzt nicht. Ich werde es sehen.

Danke euch beiden für die Blumen

moshe.c

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 14:21

Hallo Trixie,
sehr gutes Gespür. Es ist das einzige Wort mit dem ich gerungen habe. Die Begriffe tief, fest, lang, usw haben so einen absoluten Charakter. Was ich sagen will ist, das es ihre Lieder gibt, sie auch gespielt werden, aber halt nicht gut sind. Tja, und so kam es zu 'sehr'.

moshe.c

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 22.06.2006, 14:35

Lieber moshe,

die zweite Strophe reißt mich schwebend mit...


Bis auf eine Stelle( :razz: ), diese Inversion:

und Schiffe voll matrosen-blaßem Antlitz finden in den Hafen schwer.


Wie schon oft erwähnt (ich weiß, ich wiederhole mich :-$, verzeiht ) sind solche Inversionen für mich schwer zu schlucken beim Lesen...das bremst das Schweben...

aber das sollte möglich sein, diese umzustellen, ohne den Reim zu verlieren....vielleicht...

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.06.2006, 09:09

Guten Morgen Lisa!

Ich habe deinen Einwand verstanden, aber auch nach einmaligen Darüber-Schlafen bleibt mein innerer Bildschirm leer. Beim konstruieren bin ich nicht gut. Es ist interessant, daß konstruierte Gedichte mir wenig oder gar keine Resonanz bringen. Und auch einzelne Wörter, an denen ich gearbeitet habe, fallen sofort auf (s.o. Trixie).

Kannst du mal einen Vorschlag machen, wie deine Aversion zu beseitigen wäre?

mit liebem Gruß

moshe.c

Gast

Beitragvon Gast » 23.06.2006, 09:37

Ich bin mal wieder, wie so oft, die Buh-Frau ;-)

Lieber moshe, dein Gedicht gefällt mir thematisch sehr.
Ich denke, es ist aus jenem Teil deiner Feder geflossen, die Deutschland verwurzelt ist.
Die Stimmung kommt wunderbar herrüber, trägt und das - jetzt kommt die Kritik an der Form - obwohl Reime unregelmäßig (unbewusst?) fallen, sich Worte ständig wiederholen...
Also mit anderen Worten, dieses Gedicht könnte eine intensive handwerkliche Auseinandersetzung vertragen um perfekt zu werden.

Du betonst ja, dass du intuitiv schreibst und ich glaube noch nicht lange Gedichte.
Ich weiß, dass du glaubst, sie könnten dir immer nur entegen wachsen...
Den Unterschied zwischen einem konstruierten und überarbeiteten Text, wirdt du aber sicher herausspüren. Es ist nicht dasselbe.

Auch dies ist ein Lernprozess, der Zeit braucht, zu erkennen, ob das Gedicht nicht doch etwas mehr an Handwerk vertragen könnte.

(Mir ging es vor einigen Jahren mal genauso.
Ich schrieb nicht nur ein Gedicht pro Tag, sondern mir flogen meist 2-3, die Höchstzahl war 5 an einem einzigen Tag zu.)

Nutze die Phase, da hast du völlig Recht, aber prüfe selbst und lass dich nicht zu sehr davon leiten, dass deine Texte in der Regel Anklang finden- auch bei mir übrigens. ;-) und gelobt werden.
Versuche abstand zu bekommen.

Wenn du es möchtest, bin ich gern bereit, wenn du mir 2 Wochen Zeit gibst, dieses Gedicht mal genauer zu untersuchen und dir meine Änderungsvorschläge per PN mitzuteilen.

Liebe Grüße und schreib alles auf, was dir zufliegt...

Gerda

Bild

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.06.2006, 10:01

Hallo Gerda!

Deine Hinweise finde ich sehr gelungen und willkommen. Ein Buh kann ich nicht erkennen.

Daß ich mich in einer Phase befinde ist mir bewußt und somit ein Ende derselbigen kommen wird. Langsam entwickelt sich bei mir eine Unzufriedenheit, die ich aber derzeit noch nicht genau formulieren kann.
Es wird ein Danach geben.

Es wäre prima, wenn du dich mit meinem Gedicht so ausführlich auseinander setzen würdest. Die Ergebnisse kannst du ruhig hier öffentlich posten, dann haben diejenigen, die es interessiert, auch etwas davon.

So, ich fliege jetzt mal nach Jaffa um ein Schwert zu kaufen, aber das ist nicht für die Diskussionen mit dir gedacht. :grin:

schönen Tag wünscht

moshe.c

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 23.06.2006, 10:47

Lieber moshe,

ein Vorschlag ist für mich nicht leicht...da die Wiederholung am Anfang leicht wiegt und klingt..

Da fahren...
und Schiffe...

vielleicht kann man mit Wiederkehr arbeiten? Das bekommt man vielleicht natürlicher ans Zeilenende und man kann die Wiederholung am Anfang beibehalten?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.06.2006, 13:26

Hallo Lisa!

Gerda hat sich ja nun bereit erklärt sich intensiv mit diesem Gedicht zu beschäftigen und ich werde dann versuchen deine Überlegungen mit einzubeziehen.

Gespannt was dabei heraus kommt

moshe.c

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.06.2006, 17:15

Gerda,
bei meinem Hin- und Rückflug nach Jaffa ist mir ein erster Gedanke gekommen, worin diese sich anbahnende Unzufriedenheit besteht.

Meine derzeitigen Gedichte bilden noch nicht genug die Tiefe meiner Welt ab.

moshe.c

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 24.06.2006, 10:40

Hallo moshe,

der Text ist wirklich gut (wie so viele von dir). Was wirklich ungewöhnlich daran ist, ist die Länge ;-)

Liebe Grüsse
rockandrollhexe


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste