Schrift- & Bittsteller

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 20.06.2006, 13:04

Während ich schreibe
bis der letzte Eck
von meinen Fingern fällt,
der einst meine Hände lähmte,

ahne ich nicht
was auf meiner verrammelten Türe steht.

pandora

Beitragvon pandora » 20.06.2006, 15:19

hallo last,

da hat sich also das lryICH irgendwohin zurückgezogen, blockaden ausgeblendet und schreibt sich ( ENDLICH!!) die finger wund.
reste von writer`s block werden abgeschüttelt, nehme ich an.
oder was meinst du mit "der letzte eck"??? (das letzte eck?)
unfertige, grobe texte vielleicht, die noch "geschliffen" werden müssen?ungelenkes, das "rund" werden soll?
ideen, die endlich klar sind?

kein gedanke an das, was man (die gesellschaft?) in der zwischenzeit auf die haustür geschrieben hat. keine ahnung davon, dass die schublade längst aufgezogen wurde...
kein wissen um die tatsache, dass der erlösende schreibimpuls zu spät kam?

interessanter text,

meint
pandora.

Max

Beitragvon Max » 20.06.2006, 18:36

Lieber Last,

während ich oftmals hier in der Kurzlyrik skeptisch bin, weil man den Texten so viel mehr scheinbaren Tiefgang verleihen kann, wenn man vieles ungesagt lässt (ich will nicht für das Auserzählen plädieren, gerade im sinnvollen Weglassen, besteht ja das verdichten; hier meine ich nur, dass so manches Kurzgedicht so tut, als sei es aus einem großen Gedanken entstanden ..), entführen mich Deine Gedichte oftmals in Winkel, die so tief sind, dass ich nicht mehr weiß, was gemeint ist. Wie Pandorra frage ich mich:
Wer oder was ist der letzte Eck??

Bin gespannt auf eine Antwort
Max

Ophelia20

Beitragvon Ophelia20 » 20.06.2006, 19:34

Hi Last,

wirklich interessantes Gedicht.

bis der letzte Eck,
als ich diesen Vers las, hatte ich das Wort Hoffnung im Sinn.

Während ich schreibe
bis die letzte Hoffnung
von meinen Fingern fällt,
der einst meine Hände lähmte,

Also, das war irgendwie meine erste Eingebung.:???:
Dieses kleines Gedicht stimmt mich wieder in die Richtung "Traurigkeit" (du weißt schon wie ich das meine) :smile:

Trotzdem kann ich mit dem Gedicht etwas anfangen.
Schön!

LG
Ophelia

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 20.06.2006, 19:50

Mich stimmt das Gedicht nicht traurig, weil es von Befreiung spricht, trotz der Umstände, und ein wenig Spitzweg läst grüßen

mit mir

moshe.c

Last

Beitragvon Last » 21.06.2006, 00:56

Hallo ihr vier,

vielen Dank für eure unterschiedlichen Stellungsnahmen :smile:

"Der letzte Eck" ist eine Formulierung, die mir der Morgenschlaf schenkte, nachdem ich abends schon dieses Schrift- und Bittsteller im Kopf hatte.
Ich persönlich empfinde es als ein (treffendes Wort), das verschiedene Gedankengänge vereint. (Meine) Assoziationen zu die letzte Eck(e), der letzte (Dr)Eck, dem Eckigen sollte durch das der eine feste Konsistenz gegebne werden. "Der letzte Eck" ist letztlich etwas sehr privates, von dem ich hoffte der Leser füllt und fühlt es für sich, ich bin mir sicher, dass wir ihn alle haben, irgendwo in den Tiefen unserer Psyche.
Der letzte Eck ist sehr effektiv, er arbeitet mit zwei Formen der Trennung der Psyche von der Außenwelt. Lässt man ihn gewähren, unterjocht er, lähmt er. In der Auseinandersetzung kann man sich befreien, doch die Befreiung an sich ist ein innerer Prozess (hier im Schreiben gelebt), der wieder von der Außenwelt trennt.
Schön, dass ihr auf eure Weise alle richtig gelegen habt, denn es ist genau so Trauer, wie Befreiung :smile:

@Max: Du distanzierst hier meine Kurzgedichte von solchen, deren Art du als heuchlerisch(?) darstellst. Kannst du mir verraten, wo du den Auslöser siehst, dass es hier anders ist? (Das würde mir wirklich sehr weiterhelfen)

Max

Beitragvon Max » 22.06.2006, 17:26

Hi Last,

heuchlerisch würde ich sie nicht nennen, aber ein wenig großspurig (die Gedichte, nicht die Autoren). Was ich meine, ist, dass ich den meisten Kurzgedichten den vermeintlichen Tiefgang nicht abnehme. Bei Dir sind es Ausdrücke wie "der letzte Eck" (den ich in dem Fall nicht verstanden habe, der aber eine generelle Idee gibt, was ich meine), wodurch ich die Vielschichtigkeit glaube .. hm, das ist noch vage, was?

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon Lisa » 22.06.2006, 17:33

Hallo Last und Max,

ich weiß schon, was Max da trennt. Kurze gedichte lassen Schwächen oft weniger erkennen. Ein paar gut gewählte oder schön klingende Worte reichen aus, um dem Text durch die Augen des phantasievollen Lesers Tiefe zu verleihen. Sprachgefühl, Aufbaukunst, Wendungen, Pointen, die gibt es oft nicht und können daher nicht beurteilt werden. (Was jetzt nicht heißen soll, dass dies generell für kurze Formen gilt). Eine ein-Strich-zeichnung von Picasso oder eine Konstruktion von Picasso könnte zum Beispiel fast jeder technisch hinkriegen, es sähe genauso aus und doch fehtle die Tiefe, wenn sie nicht im Autor begründet ist.

Bei deinen Texten ist aber immer eine Tiefe da...manchmal so tief, dass der Leser zu dumm ist, sie zu erkennen (ja, ich spreche von mir :-$ O:) )

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 17:40

Lisa,
jetzt fehlen wieder die klatschenden (Beifall) Smilies.

moshe,c

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Beitragvon Lisa » 22.06.2006, 17:44

Lieber moshe,

(last, entschuldige das Abweichen vom Gedicht, aber diesen Scherz kann ich mir nicht entgehen lassen)

das genie muss eben alles selber machen:

Bild


:mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.06.2006, 18:14

Den suche ich ja die ganze Zeit, wo ist der denn!!
Ich weiß ja, daß ich ein technischer Trottel bin, aber jetzt vor mir da so herumzuklatschen, ohne mir die Quelle zu verraten, finde ich gemein §bump§ §bump§

last wird mich verstehen.

moshe.c

Last

Beitragvon Last » 23.06.2006, 00:18

Hallo Lisa, hallo max, hallo moshe,

danke für diese Kommentare, sie helfen mir schon sehr :grin:

Ich habe jetzt eine Signatur dazu^^ O:)

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Beitragvon Lisa » 23.06.2006, 21:11

Lieber Last,

beim nochmaligen Lesen dieses Textes hier fiel mir das nicht uninteressante "einst" auf. Über dieses Worte könntest du noch einmal nachdenken, wenn das auch nicht heißt (heißen muss), dass du es ersetzen sollst. Ich frage mich aber, ob dieser Zustand, den das Ich in deinem Text eingenommen hat explizit ein Vorher-Nachher sein muss/soll/ ist...gelingt einem immer das vollständige Verbarrikadieren der Tür, öffnet man sie vielleicht dann und wann oder hackt sie gar in Stücke oder wechselt sie gegen eine andere Tür aus?

Für mich ist der in deinem Text beschriebene Vorgang kein entgültiger ab einem bestimmten Tag, sondern ein ständiges HIn und Her, mal länger mal kürzer hinter verschlossenen Türen.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 23.06.2006, 21:26

Liebe Lisa (lieber Last sowieso),

danke, bessre hätte ich es auch nioht sagen können, offenbar noch nicht einmal ebenso gut ;-).

@Lisa. Sorry, aber der klatschende Smiley sieht aus, als risse er sich die Haare aus :grin:

Liebe Grüße
Max


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