Kommen - Gehen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Cara

Beitragvon Cara » 19.06.2006, 11:07

Begegnungen
auffangen
in die eigene Mitte nehmen
Eindrücke
die du nicht ignorieren willst
strömen in dich hinein
wie das Meer über
verebbten Strand

Gezeiten
unvermeidbare Energie
unter freiem Himmel
kommen - gehen
hinterlassen
lang anhaltende
Intonationen in dir

Offene Stimmen
sprengen gewohnte Grenzen
bieten unerwartet Einlass
saugen an dir
schlucken dich begierig in Gänze
speien dich jedoch
- irgendwann desinteressiert -
wieder aus
weit hinaus
in den gewölbten Horizont

Du befindest dich
in schweigender Luft
Verwinde es
Wortmensch

(c) Cara
Zuletzt geändert von Cara am 19.06.2006, 19:16, insgesamt 1-mal geändert.

carl
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Beitragvon carl » 19.06.2006, 13:01

Liebe Cara,

ich finde Dein Gedicht ganz großartig!!
Nur mit den letzten beiden Zeilen bin ich nicht einverstanden:
Du bist jemand, der sehr intensiv mitgeht, sich entführen lässt, bis zur Selbstaufgabe.
Das ist nicht zu "verwinden":
Du musst Deine Mitte neu finden.
Zu Dir kommen. Dich selbst wieder spüren!
Vielleicht an "schweigender Luft"?
Diesen Prozess solltest Du auch poetisch stärker einbinden.
Andernfalls bleibst Du ein ausgewrungener Schwamm, Wortmensch...

Liebe Grüße, Carl

steyk

Beitragvon steyk » 19.06.2006, 13:23

Liebe Cara,
ich schließe mich Carls Meinung an. Ein großartiger Text.
Kleiner Hinweis:
Da hat sich wohl in der 3.Strophe / 3.Zeile ein "r" ins bieten unerwartet Einlaß verschafft.

Gruß
Stefan

Cara

Beitragvon Cara » 19.06.2006, 19:29

Hab' vielen Dank für deine positive Rückmeldung, Stefan.
Und der Hinweis mit dem "r".....auch hier Danke fürs genaue Lesen; ich habe den Tippfehler inzwischen korrigiert...

Carl, dir danke ich auch für deine Anerkennung.....was du zum psychologischen Inhalt des Gedichtes schreibst, finde ich einerseits sehr richtig....aber mir scheint fast, wir verstehen unter "verwinden" etwas Unterschiedliches...denn gerade das wollte ich ja mit dem Schluss des Gedichtes betonen, dass man diese Prozesse des "Kommens und Gehens" bei Begegnungen verwinden = verkraften können muss. Gerade um die innerer Mitte zu finden, muss man doch das "Gehen" verwinden und das auch durchaus in "schweigender Luft", also mit sich allein.

Ich weiß nicht ganz, wie du das meinst, dass ich diesen Prozess "poetisch mit einbringen solle". Meinst du, dass das Ansprechen dieses Prozesses, der am Schluss anklingt, noch mit in dieses Gedicht hineingebracht werden sollte, dass das Gedicht von daher nicht abgeschlossen wirkt?
Ich fand es eigentlich ausreichend, die Situation erst mal bis dorthin "poetisch" darzustellen. Was danach kommt, muss nicht mit hinein, denn es soll ja nicht eine komplette Geschichte (Prosatext) sein.

Danke fürs Mitdenken

und liebe Abendgrüße (hier kommt gerade das lang erwartete Gewitter herunter, alles wird stockdunkel....herrlich!!!!)

Cara

steyk

Beitragvon steyk » 20.06.2006, 06:47

Hi Cara,
hier hats auch mächtig gewittert. Aber nun es es so schwül, daß ich schon beim Kaffee trinken schwitze (6:00 Uhr)... ;-)

Einen schönen Tag
Stefan

carl
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Beitragvon carl » 20.06.2006, 09:48

Hallo Cara,

wenn Du "verwinden" als verabeiten verstehst, ist alles klar.
Dann bleibt dieses Verarbeiten etwas ungleichgewichtig gegenüber dem Mitgerissen werden, mehr ein blasser Apell, aber Du hast natürlich recht:
Diesen Prozess musst Du nicht noch ausführen.
Das Gedicht spricht auch so!

Liebe Grüße, Carl

Cara

Beitragvon Cara » 20.06.2006, 12:14

Hallo Carl,

ja, ein Apell am Schluss, so kann man das sehen.
Aber sag mir doch bitte, was du ursprünglich unter
"Verwinden" verstanden hast. Kann man das Wort mehrfach interpretieren?

Liebe Grüße
Cara


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