Gefährte

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 14.06.2006, 17:58

Das Gedicht habe ich als Antwort auf Leonies ausgegraben - bin gespannt, was Ihr dazu sagt.

Liebe Grüße
Max



Gefährte

Gesäugt mit Vatermilch
gebadet in der Mutter Blut
bereiste ich die junge Welt
auf deinen Spuren
erkannte dich
in jedem meiner Spiegel
mied den Blick

Wuchs
ging über mich hinaus
zerbrach deine Stimme

Und teile
noch immer
auf jeder Rast
mein Brot mit dir

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.06.2006, 18:55

Lieber Max,

mir geht es mit Deinem Gedicht so wie Dir mit meinem!

Liebe Grüße

leonie

steyk

Beitragvon steyk » 15.06.2006, 08:44

Hallo Max,

sehr schöne Zeilen. Das gleiche Thema wie in Leonies Text, mit dem Unterschied, daß sie in ihrem Gedicht noch mit Abnabelung kämpft, während du dich schon gelöst hast.

Schöne Morgengrüße
Stefan

Louisa

Beitragvon Louisa » 15.06.2006, 09:36

Hallo Max!

Ich kenne leonies Gedicht gar nicht, aber dieses gefällt mir sehr gut. Ist man selbst sein eigener Gefährte (Spiegel) ?

Das mit dem Blut erinnert mich ein bisschen an das Nibelungenlied (war sie auch ein Drachen?).

Kannst Du mir auch die Vatermilch erklären? Ist es einfach nur Milch aus der Tüte? Oder ein Symbol für den ernährenden Vater?

-Ansonsten finde ich das sehr schön. Wundervolle Bilder! Es hat so etwas Ländliches...

Liebe Grüße, louisa

PS: Ach ja, was hat es mit der Stimme auf sich?

Gast

Beitragvon Gast » 15.06.2006, 10:11

Hallo Max,

in der Tat, du hast es geschafft.
Interessant finde ich immer wieder die Schnittmengen der einzelen Texte zu lesen...
Inhaltlich kommt genau das herrüber, was du aussagen möchtest.

Merkwürdig (weil ungewohnt) die Vatermilch und das Mutterblut...
Mir sind beide Ursprungsbegriffe, Muttermilch und Blut der Väter zu geschichtsbeladen, und verbraucht, als dass ich mich durch deine Umkehrung davon distanzieren könnte.

Liebe Grüße
Gerda

Max

Beitragvon Max » 15.06.2006, 13:04

Vielen dank für Eure lieben Kommentare.

Dort, wo ich vielleicht Verwirrung gestiftet habe, will ich versuchen, ein wenig Ordnung in die Gedanken zu bringen. ;-)

Der Text ist biographisch, wie eigentlich alle meine Texte biographisch sind und das lyrische Ich eigentlich immer das Ich ist (das muss wohl was damit zu tun haben, dass die Welt für mich aufgegangen ist, als ich geboren wurde und ich sie nie anders als durch meine Augen gesehen habe :grin: - man könnte auch sagen, ich sei egozentrisch :grin:).


Entsprechend ist die Vatermilch tatsächlich ein sorgender Vater, das Mutterblut eine (früh) gestorbene Mutter. Die Stimme steht dafür, dass ich meinem Vater manchmal mehr ähnele als mir lieb ist und ich auch eine sehr ähnliche Stimme habe. Die kann man in sich zerbrechen, aber ähnlich bleiben wir uns doch

:grin:

So ungefähr ist es gefühlt.

Liebe Grüße
max

Iris

Beitragvon Iris » 15.06.2006, 15:04

Lieber Max,

ich finde in beiden Gedichten, Deinem wie Leonie ihrem, die Spiegelerfahrung interessant, mir ging es nicht so ...,
ich habe dieses Spiegeln nicht so gesehen,

das Teilen des Brotes spricht mich an.

Vatermilch und Mutterblut, erinnert ja auch an die Geburt, sie ist blutig, finde ich etwas zu laute Begriffe, erschlagen mich fast im mehr leisen Text. Zu sehr Schlagworte.

Ansonsten nix zu meckern, bin ich sehr angetan.

Liebe Grüße Iris

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 16.06.2006, 11:01

Lieber Max,
dein Gedicht spricht mich sehr an, zumal ich sehr lange brauchte, um mich abzunabeln und mein eigenes Leben in die Hand nehmen konnte.
Eindrucksvoll.
Liebe Grüsse
rockandrollhexe

Max

Beitragvon Max » 16.06.2006, 16:57

Liebe Hexe, liebe Iris,

danke für Euer Lob - da denkt man doch gleich viel leichter über neue Texte nach!

Iris, ich werde nochmal drüber nachdenken, ob ich etwas Leiseres finde, merci!

Liebe Grüße
Max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.06.2006, 19:18

Lieber Max,

du weißt ja, dass ich diesen Text sehr schätze.

Beim nochmaligen Lesen hier im Forum ist mir aufgefallen, dass in dem Gedicht der Vater als Du angesprochen wird. Ich frage mich, ob man dann (wenn das lyr. Ich eben den Vater anspricht) von "Vatermilch" die Rede wäre? Also, ob man das so schrieben würde?

Die Thematik - auch in leonies Text - finde ich insgesamt sehr interessant. Ich lese allerdings einen stilistischen Unterschied zwischen dem ersten Teil (Vater, Mutter) und dem Folgenden. Mir gefällt die Wendung der Vatermilch, weil es zum einen der Intuition entgegen läuft 8Muttermiclh) und zugleich über die Geschichte des ichs erzählt. Das Mutter Blut allerdings hat sprachlogisch keinen Gegenpart...den Vaterblut gibt es ja nicht als Bedeutung...vielleicht kann man das noch versieren? Denn ansonsten hat das Mutter Blut insgesamt mit der Spiegeltheamtik von Eltern-Kind nicht so viel zu tun, oder?

Tausend Fragen!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 16.06.2006, 21:52

Liebe Lisa,

ich verstehe Deinen Einwand sehr wohl - und ein entsprechendes Pendant zu Mutterblut fällt mir da auch nicht ein. Allerdings ist mir das Mutterblut recht wichtig, denn zum einen, das habe ich ja schon geschrieben, passt es zu meiner Biographie, zum anderen ist das Baden in Mutterblut mir etwas Ähnliches wie das Baden in Drachenblut - ich habe hier igrendwo einmal (ich glaube zu Ellis Gedicht) einmal einen Tagebucheintrag zitiert, das nämlich der überlebende Teil einer Katastrophe sich gestärkt fühlt ... so ähnlich meine ich das mit dem Baden in dem Mutterblut. Hm, sprachlogisch hilft das trotzdem nicht, ich weiß.

Liebe grüße
max

Trixie

Beitragvon Trixie » 17.06.2006, 13:19

Servus Max!

Komisch, ich habe das Gedicht gelesen und es ist mir wirklich sofort unter die Haut gegangen. Genau so, wie es ist. Mit Mutterblut und Vatermilch. Vielleicht, weil es bei mir persönlich genau umgekehrt war und ich meinen Vater kaum kenne, meine Mutter dafür umso besser :cool: . Ich finde jedes Wort richtig und kann zwar die Kritiken der anderen verstehen, aber für mich ist es perfekt. Danke!

lg Trixie

elli999

Beitragvon elli999 » 18.06.2006, 00:01

Hallo Max!

ich kann mich noch immer sehr gut an Deinen Tagebucheintrag erinnern

Eine überstandene Schlacht
gibt ein Gefühl
des Triumphs

dem überlebenden Teil


gefällt mir immer noch!

Auch mir sind beim erstmaligen Lesen die Begriffe Vatermilch und Mutter Blut ins Auge gesprungen.
Der Embryo in der im Bauch schwimmt, aber was ist bloss Vatermilch?? waren meine ersten Gedanken.

Dann verwirrend, das der Vater, über den zuerst noch gesprochen wurde, zum lyr.
Du wird (wie auch Lisa schon anmerkte)

Eine Möglichkeit diese beiden Unklarheiten aus der Welt zu schaffen wäre vielleicht

Gesäugt/Ernährt mit Muttermilch/mit Mutters Milch
geprägt von Deinem Blut

besonders die Prägung würde sich sehr gut in den Kontex einpassen.

Ansonsten schön beschrieben, das man aus der Haut, die uns unsere
Eltern gaben, nie ganz herauskommt Sie haben uns geprägt - lebenslänglich!

Lieben Gruss die elli

Max

Beitragvon Max » 18.06.2006, 15:32

Liebe Trixie, liebe Elli, liebe alle ;-)

vielen Dank für Euren Kommentar - bei Deinem werde ich ja ganz rot, Trixie :grin: :grin: :wub: :xmassmilie (bis in die Mütze ;-)).

Lisa und Elli haben recht mit dem Bruch den sie sehen, dadurch, dass das literarische Er zum literarischen Du wird. Wie wäre denn alternativ zum Wechsel, dass ich den Vater auch schon in den ersten Zeilen mit "Du" anspreche die Form, ihn überall als "Er" auftreten zu lassen? Also etwa:

Gefährte


Gesäugt mit Vatermilch
gebadet in der Mutter Blut
bereiste ich die junge Welt
auf seinen Spuren
erkannte ihn
in jedem meiner Spiegel
mied den Blick

Wuchs
ging über mich hinaus
zerbrach seine Stimme

Und teile
noch immer
auf jeder Rast
mein Brot mit ihm


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