Schwer schiebt es sich

[Epiklord]

Schwer schiebt es sich

Früher schwebten wir Hand in Hand
durch lichte Liebesapfelhaine
atmeten den rauschigen Duft von Flieder

heute stehen wir nur noch zusammen
an der Haltestelle vorm Supermarkt
die Hände voller Einkaufstüten
und Hausarbeit
atmen den Duft von Babywindeln

wir haben unsere Hände am Kinderwagen
wenn wir über Blumenwiesen wandeln

schwer schiebt es sich durch
Liebesapfelhaine

[Amanita]

Ja, so kann es gehen, wenn der Alltag um sich greift und man jede Menge neuer Aufgaben zu bewältigen hat.

Der Schluss, nach Babywindeln, klingt für mich allerdings zu vorwurfsvoll. Ein sehr, sehr weites Feld, das ich gar nicht betreten möchte. Das lyrische Ich scheint männlich zu sein.

[Epiklord]

Amanita, "vorwurfsvoll" gegen wen? Aber dies scheint mir ne typische Reaktion von Frauen zu sein, obwohl es gar nicht an sie gerichtet ist, sondern die ganze Situation betrifft. Frau nehmen es persönlich. Deshalb kommt es ja immer wieder zu Streitigkeiten, denn der Mann hat es ja anders gemeint.

LG E.

[Amanita]

Öh? Persönlich? Ich schiebe doch gar keinen Kinderwagen.

Was hast Du denn gemeint mit du hast beide Hände am Kinderwagen / wenn wir über Blumenwiesen wandeln? Nicht so, dass das Du für das Ich keine Hand mehr frei hat?

[Epiklord]

Okay, dann mache ich ein "wir" draus.

[Amanita]

Ja genau, jetzt ist der Vorwurf weg und es liest sich ganz anders.

[OscarTheFish]

Eine Enttäuschung ist das Befreien von der Täuschung. Sie macht den Weg frei aus alten Bildern für den Blick auf das Wahre. Wahrheit kann mühsam sein, manchmal tut sie weh, wenn man ihre Zuständigkeit nicht zulässt. Am Ende wird es sich bewahrheiten.