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Infarkt

Verfasst: 08.12.2024, 10:08
von Amanita
manchmal
trage ich Tarnkleider
widersetze mich den Befehlen
früherer Freunde

Herzrisse – heißt es –
heilen fast immer folgenlos
doch die Narben klopfen
den falschen Takt

im Adergeflecht der Zeit
verfangen sich manche
Sätze wie Knoten
die Sprache stockt

blutleer mein Schweigen –
ich betrachte uns
aus der Ferne

Verfasst: 08.12.2024, 18:19
von jondoy
hi amanita,
wer sagt denn, dass herzrisse immer heilen, das sagen die sprüche,

dass, worüber der erste absatz erzählt, finde ich im Grunde sehr traurig,
toxische Beziehung kommt mir da in den Sinn,

der text wirkt auf mich wie die niederschrift einer reflexion,
es gibt realitäten, die nicht leicht auszuhalten sind.

ciao

Verfasst: 08.12.2024, 18:40
von Amanita
Genau: toxisch.

Danke!

Verfasst: 09.12.2024, 10:19
von Mnemosyne
Hallo Amanita,
die Herzensmetapher ist lyrisch schon so abgedroschen, dass ich mich innerlich meistens abwende, wenn ich sie lese (am schlimmsten, wenn noch ein Reim auf "Schmerz" stattfindet). Aber hier ist sie im weiteren Verlauf des Textes so gekonnt eingesetzt und weiter gedacht -- Narben, die den falschen Takt klopfen, Adergeflecht mit Knoten, Blutleere -- dass da noch einmal richtig frischer Wind herein kommt. Mein Kompliment dazu!
Viele Grüße
Merlin

Verfasst: 09.12.2024, 16:04
von Amanita
Vielen Dank, Mnemosyne!

Ja, ich weiß, "Herz" ist gefährlich nah an Herz-Schmerz und so weiter. Daher benutze ich es auch nur selten.

Verfasst: 24.01.2025, 13:04
von OscarTheFish
Der Herzschrittmacher als Beruf, dessen Aufgaben auch darin bestehen, Adergeflechte aus feuchtem Holz zu weben. Gestockte Satzknoten als Kreuzungen informieren (mich) menschverlassen. Ich trauer trocken in zu erwartender Leichtigkeit durch Behandlung einer dörren Wörterdarre. Am Ende zerbreche ich vielleicht an zu fehlender Feuchtigkeit?

Klauseln als Kompliment. In Sicherheitsabstand deute ich meine Nähe und Zuversicht an.