alt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 19.04.2024, 23:39

alt hergebracht
das lächeln hinter vorgehaltener hand
zeigt man sich unverletzt
und ruft in den gefällten wald hinein
wo nichts mehr heraus schallt
der sinn verstummt
und die stimme erstickt
man verbleibt

(c)Nikolaus J. Kahlen
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

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birke
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Beitragvon birke » 20.04.2024, 01:00

gefällt mir, finde ich sehr gelungen!
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

OscarTheFish
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Beitragvon OscarTheFish » 28.04.2024, 20:03

Die Zeilen treffen, vielleicht heute viel mehr. Der Wald ist zum Abschuss freigegeben für Spekulanten. Wälder sind die Lungen der Erde (nicht nur in den Tropen). Sie feuchten und kühlen die Luft mit Gefühl. Sie speichern Wissen, wenn man die Bäume fühlt und fragt. Sie haben die vegane Schlachterei nicht verdient.
Ihr Stück erinnert an diese Notwendigkeit der Augenöffnung, auch ohne das Bestätigen, ob dieses vielleicht auch angedacht ist.
Ein paar ausgewählte Werke zur Stillung weiterer Neugier:
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.

Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 08.05.2024, 10:30

Danke für eure Anmerkungen zum Text.
Herzlich grüßt der Nikolaus
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 16.05.2024, 01:15

Als Waldliebhaberin (tatsächlich werden mir Bäume immer wichtiger, je älter ich werde) bewegt mich dieses Gedicht sehr; es scheint auch etwas zu besagen, was immer stärker in mir keimt (oder vielmehr wächst, die Zeit des Keimens ist lange vorbei): dass es mich kaum noch etwas angeht, was die Zukunft betrifft, weil ich ja nicht mehr da sein werde.

Die aktuelle Welt ist nicht mehr meine und wird es täglich weniger. Aber letztlich, was habe ich da noch beizusteuern, mögen die Jüngeren bestimmen, wie sie die Welt haben wollen.

Danke für dieses Gedicht - wobei ich auf das "man verbleibt" gern verzichten würde, aber das ist, wie man so sagt, "was Persönliches".

Grüße von Zefira, nahe 70
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 16.05.2024, 08:20

Zefira, Denkfehler!

Solange du lebst, bist du verantwortlich.
Und nicht nur die Jungen bestimmen.

1970, da warst du 16, war schon klar,
dass die Erdbevölkerung mit 3,21 Milliarden
nicht weiter wachsen dürfe und die Lunge, der
Regenwald, nicht weiter abgeholzt werden solle.

Nun hat deine Generation aber darauf geschissen,
und wir haben immer weniger Lunge für
immer mehr Menschen.

Aber Zefira, der Wald hier bei uns steht noch,
wir haben unsere Autos mit Katalysatoren
ausgerüstet, den sauren Regen bekämpft,
also brauchst du dir keine Vorwürfe zu machen,
selbst wenn du Kinder in die Welt gesetzt hast,
denn ohne Kinder keine Zukunft.

Und was die Erde angeht, die wird es ja noch
eine kleine Ewigkeit geben. Von Anfang an
in der Erdgeschichte war sie Schwankungen
ausgesetzt, naturgegeben, und durch Menschen.
So wird es weitergehen.
Die Jungen können auch nicht bestimmen,
wie sie die Welt haben wollen. Es richtet sich immer
nach den jeweiligen Bedingungen, den
man sich anpassen muss, ein endloser Vorgang.

Wenn du ewig leben würdest, hättest du kein
Problem damit, aber wir sind endlich und
wenn wir zum Ende unseres Lebens jetzt in
die blödsinnige politikergemachte "Zeitenwende"
geraten, haben wir das Gefühl, alles wo für
gelebt und gekämpft haben, bricht zusammen,
und wir haben nicht mehr die Zeit, daran zu arbeiten.
Aber solange du lebst, bist du verantwortlich.

Und gehe jetzt in den Wald mit seinem frischen Grün.

Das Gedicht umschreibt ja einen Depressiven,
und ist absolut nicht zutreffend für die Allgemeinheit.
Deshalb find ich das Gedicht nicht gelungen.

E.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 16.05.2024, 10:25

Das Gedicht umschreibt ja einen Depressiven,
und ist absolut nicht zutreffend für die Allgemeinheit.
Deshalb find ich das Gedicht nicht gelungen.


Das Gedicht umschreibt (in meiner Interpretation) das typische Bild einer Altersdepression. Bei selbiger ist allerdings die Frage - die ich mir stelle, seit ich in einem Sachbuch über Depressionen das Kapitel "Altersdepression" gelesen und verinnerlicht habe -, ob es sich überhaupt um eine "Depression" im klinischen Sinne handelt oder ganz einfach um Trauer über das Gegebene, Unbeeinflussbare. Kann man so oder so sehen.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)


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