von weit her

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birke
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Beitragvon birke » 27.08.2023, 11:30

.
2. version

klingen die kelten
in steinen in musik
alte geschichten
einer diffusen nacht
und ein ton
steigt in mir hoch
oder hinab
aus der erde oder vom himmel
in mir lebt
ein meer
aus getönten wörtern
einer verschobenen zeit



1. version

klingen die kelten
in steinen in musik
alte geschichten
einer diffusen nacht
und ein ton
steigt in mir hoch
oder hinab
aus der erde oder vom himmel
wer weiß das schon
in mir lebt
ein pool ein meer
aus getönten wörtern
einer verschobenen zeit

.
Zuletzt geändert von birke am 30.08.2023, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.
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birke
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Beitragvon birke » 29.08.2023, 20:09

... mal zwei fragen hierzu: stört die zeile "wer weiß das schon", ist die zu flapsig? und: stört der "pool"? könnte beides entfallen, aber würde mir dadurch fast zu glatt... was meint ihr? :)
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Beitragvon Pjotr » 29.08.2023, 23:45

Also, gerade weil das mit Kelten und Steinen und Altem beginnt ...
finde ich, "pool" passt gar nicht; das klingt nach Betriebswirtschaftsseminar oder Hotelbar :-)
Es sei denn, das ganze Gedicht wäre auf Englisch geschrieben.
Das lateinische "diffus" finde ich auch nicht besonders poetisch ...
Verwirrend erscheint mir die Zeilen-Reihenfolge in der Mitte; die würde ich vielleicht so umstellen:

und ein ton
steigt in mir hoch
aus der erde
oder hinab
vom himmel

... damit meine Augen dem Film folgen können in seinen ganzen Bildern.
(Wobei das "in mir" auch ein wenig unausgereift klingt, finde ich.)

Original:
und ein ton
steigt in mir hoch
oder hinab

... klingt für mich wie: Ich bin mit dem Text noch nicht fertig, weiß noch nicht, ob ich dem Leser hier ein Hoch- oder Hinab-Bild zeigen soll :-)

Kurz mal testen:

klingen die kelten
in steinen in musik
alte geschichten
einer [diffusen?] nacht
und ein ton
steigt [in mir?] hoch
aus der erde
oder hinab
vom himmel
in mir lebt
ein meer
aus getönten wörtern
einer verschobenen zeit

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birke
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Beitragvon birke » 30.08.2023, 00:07

aber das ist ja gerade das "diffuse" (ich mag das wort!), dass zuweilen nicht klar ist, woher oder wohin sich ein ton bewegt, in einem selbst?
aber ich sehe schon, hier muss ich nochmal ran, und der "pool" fliegt dann vermutlich raus, wobei ich den gerade deshalb hier mag, weil er so rausfällt. aber scheint nicht so zu funktionieren, wie ich mir das dachte.
danke jedenfalls, lieber pjotr!
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Beitragvon Pjotr » 30.08.2023, 00:33

Diffus ist schon klar, aber es ist halt nur das Adjektiv in "diffuse Nacht". Du schreibst sonst viel bildreicher, glaube ich. Also direkt mit Bild- oder Klang-Metaphern statt Adjektiven. Es gibt ja viele Bilder, die das diffuse in sich haben. Muss jetzt nicht der Nebel oder das Rauschen sein. Es gibt ja viele diffuse Sachen, optisch oder akustisch.

Edit:
Das ist wieder so ein Fall, wo alles gut klingt, wenn man es mehrmals gelesen hat und die Intention der Autorin gelernt hat. Meine obigen Eindrücke beziehen sich auf die ersten 20 Minuten meines mehrmaligen Lesens. Nach Deiner Erklärung kann ich sogar die Phrase "diffuse Nacht" nachfühlen und als schön empfinden :-) Aber beim ersten Lesen war das anders. (Ich verlasse mich lieber auf meinen ersten Eindruck.)

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Beitragvon birke » 30.08.2023, 09:37

okay, ich stelle oben mal eine neue version mit ein; das diffus aber muss für mich (vorerst?) bleiben, es deckt das ganze spektrum ab von "diffusem" in einer nacht, wählte ich da ein bild, wäre es nur ein kleiner teil dessen, was ich hier gern hätte.
danke nochmals!
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Beitragvon Pjotr » 30.08.2023, 11:45

Ja, die zweite Version finde ich besser :-)

Verstehe ich Dich richtig, dass die Mehrdeutigkeit von "diffus" die keltischen Klänge, die alten Geschichten, das nächtliche Licht, und vor allem auch die Oben-Unten-Verwirrung umfassen soll? Ja, dann kann ich das verstehen :-)

Nur eins noch:
Ist es Absicht, dass die Phrase "in mir" zwei Mal vorkommt? Ist mir eben erst aufgefallen.

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Beitragvon birke » 30.08.2023, 12:27

Pjotr hat geschrieben:Ja, die zweite Version finde ich besser :-)

fein, freut mich.

Pjotr hat geschrieben:Verstehe ich Dich richtig, dass die Mehrdeutigkeit von "diffus" die keltischen Klänge, die alten Geschichten, das nächtliche Licht, und vor allem auch die Oben-Unten-Verwirrung umfassen soll? Ja, dann kann ich das verstehen :-)

jepp!

Pjotr hat geschrieben:Nur eins noch:
Ist es Absicht, dass die Phrase "in mir" zwei Mal vorkommt? Ist mir eben erst aufgefallen.

hmm, ja und nein, inhaltlich schon, wenn es aber sprachlich stört, wäre es vielleicht doch eine überlegung wert, das erste "in mir", zwischen steigt ... und ... hoch zu streichen. du tendiertest ja eh dazu, oder? :)
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Beitragvon Pjotr » 30.08.2023, 13:14

Den Ort als solcher (in meinem Leib oder Geist) würde ich als Information drinlassen im Text. Vielleicht reicht es, den inneren Ort nur anders auszudrücken, mit Hilfe anderer Verben?

Original:
und ein ton
steigt in mir hoch
oder hinab
aus der erde oder vom himmel


Mögliches, anderes Prinzip:
und ein ton
durchsteigt oder durchsinkt mich
[oder Bild für mein Leib, Geist etc. pp.?]
aus der erde oder vom himmel
wer weiß das schon


So stünden, meiner Meinung nach, auch die beiden Oder-Paare in einer musikalischeren Harmonie. Die beabsichtige Verwirrung bleibt trotzdem im Ausdruck bestehen dank des zweifachen Wortes "oder", finde ich. Zumal dann auch der Satz "wer weiß das schon" wieder sinnvoll reingesetzt werden könnte. Zuvor klang der Satz für mich wie eine handwerkliche Notlösung :-)

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Beitragvon birke » 30.08.2023, 13:54

hm, jetzt steig ich hier nicht mehr ganz (hoch oder hinab) durch! :-D warum dann wieder den "wer-weiß-das-schon-" satz?? wieso macht er dann sinn, aber vorher nicht?
also, nee, ersetzen würde ich das "in mir" ungern. weil es wieder nur einen aspekt benennen würde, während "in mir" umfassender ist.
ich lass erstmal so... merci!
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Beitragvon Pjotr » 30.08.2023, 14:09

Das zu erläutern, würde jetzt zu kompliziert werden (hat etwas zu tun mit dem ersten Lese-Eindruck, wenn ich noch nicht weiß, ob das "oder" eine Verwirrung des Lyrischen Ichs beschreibt oder eine Verwirrung der Schreibenden in der Art: "Ich weiß nicht recht, was ich schreiben soll").

Egal, das sind Mini-Details, und ich irre mich eh zu oft :-) An Deiner Stelle würde ich es auch so lassen.

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Beitragvon birke » 30.08.2023, 14:47

ah, okay, wenn es als unsicherheit der schreibenden rüberkommt, ist es ja in der tat nicht so gut. ;)
ich lass mal so stehen.
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Beitragvon Amanita » 30.08.2023, 21:54

Liebe birke,

ich finde die erste Version viel besser!

Meine allerdings auch, dass die Präposition "in" etwas zu oft vorkommt (ich zähle 4x).

Den pool mag ich, weil er mich ins Jetzt hievt. Wer weiß das schon mag ich auch, ist auch eine Signatur des Jetzt.

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Beitragvon birke » 30.08.2023, 23:42

ahhh, das freut mich jetzt sehr, liebe amanita, mich überzeugt auch die erste version immer noch mehr, genau das ist es, dieser bezug zum jetzt. was das "in" angeht, ja... da wäre vielleicht das vor "musik" in der zweiten zeile entbehrlich bzw durch ein "und" ersetzbar.. danke!
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