der schwere regen lässt nach

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 11.08.2021, 00:49

.

und dann fällt etwas von mir ab
ein stein oder zwei
und es wird heller
vor mir das meer
erwartet mich
wie du einst
bald

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6747
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 11.08.2021, 07:25

Ein wohltuend zuversichtliches Gedankenmälde ...

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 11.08.2021, 15:19

freut mich, danke :)
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nikolaus
Beiträge: 249
Registriert: 25.07.2019

Beitragvon Nikolaus » 14.08.2021, 11:05

Muss man nicht so sehen....

Eine Person wurde verlassen und spielt mit dem Gedanken, sich umzubringen. "das meer erwartet mich / wie du einst.
Bald werde ich in die fluten tauchen.... (Aber... Noch nicht!)
Kann man darin lesen.

Herzliche Grüße - Niko
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 15.08.2021, 15:21

danke, niko, das ist interessant.
ich selbst allerdings würde es eher nicht so lesen, denn ich lese nichts davon, dass das lyrich verlassen wurde…?
am anfang des gedichts ist es doch eher so, dass es leichter und heller um das ich wird. würde es ins meer gehen wollen, müsste es sich eher mit steinen beschweren als dass welche von ihm abfallen? naja, das nur noch an gedanken meinerseits hierzu.
liebe grüße von diana
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nikolaus
Beiträge: 249
Registriert: 25.07.2019

Beitragvon Nikolaus » 15.08.2021, 23:23

Hallo Diana!
Ja.... Du hast recht!..... Und auch wiederum nicht, nach meiner Sicht.
Der "Sachverhalt " wird klar, es belastet nicht mehr, es wird akzeptiert und die Option, "ins Wasser zu gehen" wird als eine Lösung angesehen, die sich vor einem auftut.
"Vor mir das meer / erwartet mich" das meer ist bereit, das lyrisch aufzunehmen.
"wie du einst" mich aufgenommen, angenommen, eingenommen hast.
Darunter die kurze Anmerkung "Bald"

Das lyrich ist noch nicht vollkommen entschlossen, hat noch nicht ganz abgeschlossen. Obschon es sich von der Qual der leidvollen Gedanken befreit hat. Es braucht noch etwas Zeit.
Bald... (wann immer bald auch ist!)

Herzliche Grüße - Niko
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 17.08.2021, 09:30

Nikolaus hat geschrieben: Der "Sachverhalt " wird klar, es belastet nicht mehr, es wird akzeptiert und die Option, "ins Wasser zu gehen" wird als eine Lösung angesehen, die sich vor einem auftut.

hm, lieber niko, wie kommst du darauf, dass der sachverhalt klar wird/ akzeptiert wird? für mich ist es hier eher so, dass sich der „sachverhalt“, die situation (von außen her) ändert: „es wird heller“ – und der titel: „der schwere regen lässt nach“ und deshalb „fällt etwas ab von mir“.
und: "ins wasser zu gehen" - das lese ich hieraus tatsächlich eher nicht. das meer erwartet das lyr. ich, ja, aber das kann ja auch vieles andere mehr heißen. und der schluss... zugegebenermaßen recht offen gehalten, kann aber auch heißen, wie du mich einst erwartet hast und bald (erwarten wirst).

ich erkenne aber an, dass deine lesart offenbar durchaus möglich ist (was ja auch für das gedicht sprechen kann). :)

lg
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nikolaus
Beiträge: 249
Registriert: 25.07.2019

Beitragvon Nikolaus » 17.08.2021, 23:10

Weißt du, Diana, Gedichte leben davon dass man sie lesen kann und jeder Leser sie unterschiedlich interpretieren kann.
Vermutlich ist deine intention für dieses Gedicht eine völlig andere. Aber letztlich empfinde ich es für meine Texte zumindestens als Aufwertung, wenn sie auch anders und schlüssig anders gelesen werden.
Es freut mich, dass du das schlussendlich ebenfalls so sehen kannst!

Herzliche Grüße - Niko
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 05.10.2021, 10:46

interessant, habe gerade dieses gedicht wieder gelesen und sehe nun auch deine lesweise, lieber niko, kann deinen gedankengang hier nachvollziehen (auch fühlen, von der ratio her war mir ja schon klar, dass man es auch so lesen kann). interessant.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6747
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 05.10.2021, 11:44

Ich sehe keinen totalen Widerspruch zwischen Nikos Bild und meinem. Egal ob da der Tod lauert oder nicht; für mich war das Meer an sich schon immer eine Erlösung, Befreiung, Grenzenlosigkeit -- also in all der aus schönem und unschönem komponierten Tragik ist das Meer der schöne Teil, und somit endet das Szenario in der Schönheit. Zumal im Text von zunehmender Helligkeit die Rede ist. Niko sieht wahrscheinlich eher die Vorgeschichte, die ja dunkel gewesen sein muss, damit es jetzt heller werden kann, während ich die Jetztgeschichte lese, in der es tatsächlich heller wird.

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 05.10.2021, 14:38

nein, einen widerspruch sehe ich tatsächlich auch nicht. dieses "heller werden" ist ja so oder so interpretierbar ... das, was du da sagst, pjotr:

für mich war das Meer an sich schon immer eine Erlösung, Befreiung, Grenzenlosigkeit -- also in all der aus schönem und unschönem komponierten Tragik ist das Meer der schöne Teil, und somit endet das Szenario in der Schönheit. Zumal im Text von zunehmender Helligkeit die Rede ist

ist so schön und genau so habe ich es beim schreiben empfunden.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 28 Gäste