Eigentlich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 03.01.2021, 15:25

Eigentlich hatte ich Glück gehabt
im Leben
,

als meine Frau mich verließ
und Mutter mich tröstete:
Es hätte auch schlimmer
kommen können und
deine Geliebte wäre dir
ebenfalls durchgebrannt.

Als meine Geliebte ihr
Raucherbein verlor, tröstete
ich mich damit:
Es hätte auch schlimmer
kommen können, und
was ist schlimmer als
ein Bein zu verlieren?
Zwei lahme Beine zu haben.

Als Vater starb,
tröstete ich mich und sagte mir:
Es hätte auch schlimmer
kommen können und Mutter wäre
gleichzeitig ums Leben gekommen.

Man soll der Vergänglichkeit
ein Schnippchen schlagen, sich
an die erfüllten Stunden oder
Jahre erinnern mit Gewinn.

Ich schaue gerade in den Spiegel,
kneife meine lose Haut am Hals,
raffe Falten, dass sich das Gesicht strafft.
Ja, ich war früher mal schön und glatt.
Die Weisen empfehlen zudem, genieße
den zufriedenen Augenblick aber dass
man auch loslassen können muss.
Ich ließ los und da hingen sie wieder durch,
die Früchte des Alterns, diese schlaffen Lefzen.
Ich tröstete mich: Es hätte auch schlimmer
kommen können, und beim Loslassen wäre
mir mein Kopf abgefallen, zum Beispiel.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 04.01.2021, 11:38

Hallo Kurt,


Eigentlich hatte ich Glück gehabt
im Leben,

als meine Frau mich verließ
und Mutter mich tröstete:
Es hätte auch schlimmer
kommen können und
deine Geliebte wäre dir
ebenfalls durchgebrannt.

Als meine Geliebte ihr
Raucherbein verlor, tröstete
ich mich damit:
Es hätte auch schlimmer
kommen können, und
was ist schlimmer als
ein Bein zu verlieren?
Zwei lahme Beine zu haben.

Als Vater starb,
tröstete ich mich und sagte mir:
Es hätte auch schlimmer
kommen können und Mutter wäre
gleichzeitig ums Leben gekommen.

Man soll der Vergänglichkeit
ein Schnippchen schlagen, sich
an die erfüllten Stunden oder
Jahre erinnern mit Gewinn.

Ich schaue gerade in den Spiegel,
kneife meine lose Haut am Hals,
raffe Falten, dass sich das Gesicht strafft.
Ja, ich war früher mal schön und glatt.
Die Weisen empfehlen zudem, genieße
den zufriedenen Augenblick aber dass
man auch loslassen können muss.
Ich ließ los und da hingen sie wieder durch,
die Früchte des Alterns, diese schlaffen Lefzen.
Ich tröstete mich: Es hätte auch schlimmer
kommen können, und beim Loslassen wäre
mir mein Kopf abgefallen, zum Beispiel.


du greifst in satirischer Manier zwei Themenkreise auf und verknüpfst diese am Ende. Zum einen die vermeintlich tröstende Maxime: Schlimmer geht's immer und zum anderen die Vergänglichkeit.

Quintessenz: Die Vergänglichkeit könnte immer noch schlimmer sein, als sie ist.

Weiß nicht, finde das weder originell, noch besonders lustig, noch irgendwie erkenntnisgewinnend?

Würde vielleicht den schwarzen Humor vom Anfang "Geliebte mit Raucherbein" ein bisschen stringenter und intelligenter einflechten.

Viele Grüße
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 05.01.2021, 22:44

Am schlimmsten wäre der Tod. Aber selbst er kann auch Trost sein.

LG Epikkurt


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