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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Estragon

Beitragvon Estragon » 17.03.2017, 16:14

gleich kauf ich mir ein brot
dann ein rasiermesser
mit dem brot
und dem rasiermesser gehe
ich nachhause
ich schliesse die türe auf
ich setze mich auf den boden
ich lege das brot auf das rasiermesser
ich stehe auf
renne zum wasserhahn
ich sehe dass er tropft
ich gehe wieder
zum brot& zum rasiermesser
ich öffne die türe
ich lege das rasiermesser
vor die türe
ich schau das brot lange an
dann frag ich es
na fehlt es dir?

Kurt
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Beitragvon Kurt » 17.03.2017, 17:05

Gefällt mir. Und da steckt mehr dahinter als man vielleicht auf den ersten Blick meinen könnte.

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.03.2017, 17:51

Das ist so ein Text, den man mehrfach liest. Einmal dieser schemenhafte Ablauf, der wiederum skurrile Elemente enthält und mit einer ebenso skurrilen Frage endet. Faszinierend finde ich das.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 17.03.2017, 19:14

Ja, nach dem wiederholten Lesen, war für mich klar, mit einem Brotmesser wäre es anders verlaufen. Ich würde auch nicht gerne mit einem Menschenfresser zusammen sein. Aber mit einem gefährlichen Wesen, das keine Menschen frisst schon. Könnte mich bei dem sicher fühlen. Mit einem Rasiermesser schneidet man ja auch kein Brot. Kam mir bei dem Text spontan in den Sinn. Anderes wäre vielleicht denkbar. Aber ich hatte eine Lösung gefunden und gab mich zufrieden.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 18.03.2017, 08:23

Gut, aber warum legt man ein Rasiermesser vor die Tür?

Ich finde dieses Gedicht (und andere) zwar eindrücklich, aber doch manchmal auch etwas beliebig. Oder: Wenn es eine Metapher ist (z. B. mit dem Rasiermesser vor der Tür), dann kann ich sie nicht deuten.
Was mir allerdings gefällt, ist die Atmosphäre. Verhuscht? Verquer? Irgendsowas ...

Kurt
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Beitragvon Kurt » 18.03.2017, 12:13

Amanita, das hat mich nicht gestört bei meiner „Entschlüsselung“, im Gegenteil, passt gut zu einem, der länger ein Brot anschaut und es fragt. So ein Mensch is ja schon ansich ne sonderbare Type, irgendwie ein bisserl skurril in seinem Verhalten. Außerdem muss sich das LyrIch ja nichts dabei gedacht haben. Nur ich als Leser lege es hinein. Und wenn alles zu nachvollziehbar und übertragbar dargestellt wäre, hätten wir sicher nicht diese Atmosphäre. Zudem hatte ich nach meinem Lesen noch den Nachgeschmack, es könnten noch andere Möglichkeiten drinstecken. Aber mich würde mal interessieren, Amanita, was du aus dem Text gelesen hast.

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