Glück (Verben)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 02.07.2016, 15:25

Glück (Verben)

Einschlafen, während
friedliche Fans
friedlichen Fußball begleiten

Lachen dürfen weil jemand
ungerecht schimpft

Um eigene Mängel betrübt
doch aus tiefster Seele ins Leben verliebt sein

Jemandem den Vortritt lassen (lächelnd), nicht
weil es höflich oder nötig –
weil es richtig ist

Einen Kuss auf Nasenspitze und Wange und Kinn
Schlaf gut, Mama

Der Duft von Heckenrosen und die unfassliche
Güte, die darin liegt, dass sie nicht duften wollen

Das Wunder spüren, wie eine Wunde heilt
ein Leben lang und

nicht lange suchen müssen
nach Versen zum Glück

Dankbar aufwachen

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 02.07.2016, 17:38

Was soll ich sagen?

Wenn ich nicht irre, ist das hier eines der besten Gedichte, die je in diesem Forum veröffentlicht wurden.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 02.07.2016, 17:58

Hallo Klara,
mich würde interessieren, warum Du dieses Gedicht (das mir sehr gefällt) "Verben" übertitelst.
Mich erinnert es an Brechts Vergnügungen, und die darin aufgezählten Vergnügungen bestehen zu etwas mehr als der Hälfte aus Hauptwörtern. Steckt dahinter eine bestimmte Sichtweise? Kennst Du das Gedicht?

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Klara
Beiträge: 4530
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 03.07.2016, 13:23

Hallo,

freue mich :)
Klimperer, du übertreibst! Ich bin mir selbst gar nicth sicher, ob es kitschig ist und habe bang auf den ersten Kommentar gewartet, der dieses Etikett verwendet - na, kommt bestimmt noch ;)

Könnte man übrigens der Glücksliste noch hinzufügen: Kommentare, die zum Ausdruck bringen, das etwas ehrlich gefällt :)

Wieder mal Nähkästchen: Verben ist lautlich auch Werben, Glückswerben, um Glück werben etc. soll mitklingen, aber vor allem - ohne jene Meta-Ebene - sind es ja Tu-Wörter, die da ein "Ich" glücklich sein, tun und lassen...

Und, ja, die Vergnügungen, die kenne ich. Großartig. Brecht vergnügt sich derweil nicht nur mit Verben, sondern auch mit gewichtigen Substantiven.
http://www.sonoma.edu/users/g/grobbel/Vergnuegungen.htm
Dass du den Großmeister der genial schlichten zarten Verse assoziierst - jetzt mal abseits seiner politischen Arbeit -, ehrt mich natürlich.

herzliche Grüße in euren Sonntag
klara


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