unheimliche Heimat

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 26.04.2016, 09:51

unheimliche Heimat

wir fanden unser Zuhause
nicht mehr
(anheimelnd)
für unsere finsteren Gedanken
machten wir die Nacht verantwortlich
und bogen ab
bogen ab
erkannten nicht
dass es die Zeit war
die unser Haus
mit Efeu umschlang
umgarnte
mit panaschierten Goldblättern
die nach allen Seiten
wuchsen und würgten
bis wir darin verschwanden
einander verloren
uns bei der falschen Hand nahmen

Kurt
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Beitragvon Kurt » 26.04.2016, 12:35

Super Gedicht!

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.04.2016, 14:02

Gefällt mir auch, Amanita,

warum setzt du das "anheimelnd" in Klammern? Ich würde die Klammern entfernen und das Wort noch hinter "nicht mehr" setzen.

Niko

Beitragvon Niko » 26.04.2016, 17:05

Ich finde gerade das verklammerte anheimelnd sehr reizvoll. Mit dem Efeu hab ich da eher sorge. Aber das hat damit zu tun, dass ich gelernter Gärtner bin. Das panaschierte gefällt mir sehr. Aber würgen tut ein Efeu nicht. Das ist der baumwürger. Sozusagen andere Pflanze, dem Efeu ähnlich.

Aber nun.... Feinheiten..........
Im Grunde jedoch ist der Text recht spannend!

Liebe grüße - niko

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 26.04.2016, 17:51

Schön, in meiner Abwesenheit hat sich ja was getan.

Das anheimelnd deswegen in Klammern, weil ich auch den Gedanken des (Nicht-mehr-) Wiederfindens drin haben möchte.

Hallo Gärtner Niko! Botanisch wirst Du Recht haben, aber wenn Du mal ein Gebäude gesehen hast, in das das Efeu hineinwächst, weil es auch die kleinste Spalte dafür findet, kannst Du das Würgen vielleicht nachempfinden. Hier geht es ja um deutliche Veränderungen, vielleicht Verfall ...

pjesma

Beitragvon pjesma » 27.04.2016, 10:46

gefällt mir auch, vor allem panaschierte blätter. aber mit falscher hand ist so eine sache :-)
lg, pjesma

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 27.04.2016, 11:44

Vielleicht. Aber es gibt so viele Möglichkeiten, etwas "mit falscher Hand" zu tun ... das finde ich reizvoll.

pjesma

Beitragvon pjesma » 27.04.2016, 11:56

es gibt auch möglichkeit es auch anders zu machen :-), falsche hand ist in floristik zbsp. keine. ansonstem hirnhälften besser nicht mischen.......ach je.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 27.04.2016, 12:08

"etwas falsch anfassen" ... und für den Linkshänder ist die rechte Hand "falsch", für den Konservativen die linke ...

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.04.2016, 12:41

Ich verstehe "die falsche Hand" hier als die schwächere Hand. Für den Rechtshänder ist die rechte Hand die kräftigere, für den Linkshänder ist es die linke Hand. Das bedeutet, dass sich in den beiden Schlusszeilen die beiden an der 'schwächeren' Hand nahmen und deshalb einander verloren, die Hände auseinanderglitten.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 27.04.2016, 12:55

So gehts auch, Mucki, ich sag ja, es gibt einige Möglichkeiten.


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