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gedicht vom schweigen
Verfasst: 25.01.2016, 22:05
von birke
ich meide das wort wort
obwohl mein denken darum kreist
hey, schreib vom mond, sagst du
und ich schreibe von dir
und deinem nicht-wort
du findest nie die richtigen, sagst du
(doch!)
und deshalb guckst du zum himmel,
zu mir und schweigst
genau richtig
weil ich ein gedicht (vom schweigen)
schreiben will
ich widme es dir
Verfasst: 26.01.2016, 14:29
von Mucki
Hallo Diana,
ein Gedicht zu schreiben, das nicht vom Wort handelt, ist offensichtlich schief gegangen, denn alles kreist genau darum. ,-) Deine 'ironische' Selbstbetrachtung genau darüber, ist dir gelungen.
Ja, es fällt schwer, nicht von dem zu schreiben, was in uns seine Runden zieht. Also schreiben wir darüber. So muss es sein. Anders geht es gar nicht.
Liebe Grüße
Mucki
Verfasst: 26.01.2016, 19:25
von Nifl
Ihre Rede kam dem Stillschweigen sehr nahe, denn sie sprach nur das Allernotwendigste, und ihre Worte klangen so weich und lieblich, dass sie nicht nur im Beichtstuhl, sondern auch in einem Salon das Wohlgefallen ihrer Zuhörer hätte erregen können.
(les Miserables)
Das habe ich gerade gelesen und passt so schön *hihi
Verfasst: 26.01.2016, 20:28
von Mucki
Was für ein feiner Satz. Ich glaube, ich sollte das Buch von Hugo mal lesen, statt das Musical oder Verfilmungen anzuschauen. ;)
Verfasst: 26.01.2016, 21:38
von Kurt
Ja, Scharfsinn im Sprachgebrauch ist wohl nicht mehr gefragt, so dass dem im Sprachlichen durchschnittlich Intelligenten Tür und Tor offen stehen, wenn er Stillschweigen mit der allernotwendigsten Rede gleichstellt.
Kurt
Verfasst: 27.01.2016, 08:39
von birke
danke, mucki! letztlich kommt eben auch ein gedicht übers schweigen nicht ohne wort aus ;)
oh, das ist aber wirklich ein feines zitat, nifl!
(kurt, stellt sich die frage, was das "allernotwendigste" ist...)
danke euch,
birke
Verfasst: 27.01.2016, 14:38
von Kurt
Worte sind hinter der Zunge
Pjotr Igorowitsch, gestresster Vater von sieben Mädchen, schnitt seiner Jüngsten, der zehnjährigen Swetlana, als die gesamte Familie an den Esstisch sich begeben hatte, kurzerhand mit dem Brotmesser die Zunge heraus. Pjotr war selbstverständlich nicht mehr nüchtern gewesen. Das Kind hatte ihn mit seiner unentwegten Erzählerei zur Weißglut und zu jener Tat herausgefordert.
Bei der polzeilichen Vorladung gegenüber dem einzigen Gendarm ihrer kleinen Provinzgemeinde bewahrten alle Familienmitglieder Verschwiegenheit über den grausamen Vorfall aus Angst vor Pjotrs Rache. Nur die Geschädigte, welche er zum Schweigen hatte bringen wollen, stand stumm am Kinderpult in der Polizeibehörde und war keineswegs verschwiegen. Sie schrieb alles bis ins Detail auf.
Kurt
Verfasst: 27.01.2016, 15:56
von Zefira
@ Mucki: solltest Du unbedingt!
Es sind unglaublich kraftvolle Szenen darin und auch so rührende und bewegende Szenen, die in den Filmen (das Musical kenn ich nicht) keinen Platz gefunden haben. Schon die Eingangskapitel über den Bischof, dem Valjean das Silber klaut, sind herrlich.