echolot

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Hetti
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Beitragvon Hetti » 06.01.2016, 18:19

Arbeitstitel: "echolot" (veränderter Titel)

Variation 2 (vorläufig)

in diesem zimmer
-keine türen, die wände aus licht-
hallt deine suche nach worten

bricht sich
wie in sanften wellen
am ufer eines leisen sees

du bist das zimmer, umgrenzt von licht
suche nicht nach worten:
sprich

----------------------------------------------------

Variation 1

in diesem zimmer
-keine türen, die wände aus licht-
hallt deine suche nach worten

bricht sich
wie in sanften wellen
am ufer eines leisen sees

du bist das zimmer, umgrenzt von licht
suche nicht worte
sprich
Zuletzt geändert von Hetti am 17.01.2016, 15:22, insgesamt 2-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 07.01.2016, 00:01

das mag ich sehr!
das "wie" in der zweiten strophe könnte für mich noch wegfallen, wäre noch intensiver. (sanfter gedankenanstoß ;))
lg
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nifl
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Beitragvon Nifl » 07.01.2016, 11:27

Hallo Hetti,


in diesem zimmer
-keine türen, die wände aus licht-
hallt deine suche nach worten

bricht sich
wie in sanften wellen
am ufer eines leisen sees

du bist das zimmer, umgrenzt von licht
suche nicht worte
sprich

Ich mag "Raumtexte" sehr. An einigen Punkten stolpere ich ein bisschen in deinem Text.


-keine türen, die wände aus licht-

ich lese das als "Freiraum" und das gefällt mir, auch wenn es fast brachial formuliert ist.


hallt deine suche nach worten

also es hallt die Suche und nicht das Wort? Oder Suchworte?

Bei mir ist das Hallen eher was Dissonantes, was Lautes und somit bringe ich das nicht überein mit den sanften Wellen und dem leisen See?

Überdies würde ich mir wünschen, dass sich das "sanft" und das "leise" erschließt und nicht benannt werden muss.


du bist das zimmer, umgrenzt von licht
suche nicht worte
sprich

dieses "umgrenzt von Licht" ist ja eine Wiederholung von "die wände aus licht" und trägt nichts mehr bei?

"suche nicht worte
sprich" ist mir irgendwie auch zu phrasenhaft konkludierend.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

aram
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Beitragvon aram » 07.01.2016, 17:10

liebe hetti,

die vorstellung von wänden aus licht, die so hart sind, dass etwas in diesem raum hallen kann, kriege ich beim lesen des textes nicht hin - die vorstellung von 'wänden aus licht' geht bei mir mit der von etwas immateriellem bzw. akustisch weichem hand in hand. (offenbar so stark, dass es mich hindert, in die davon abweichend dargebotene bildwelt einzusteigen)
- durch deinen text wurde mir das erst bewusst.

der anschließende wechsel der bildsprache zu see und sich brechenden wellen ist mir zu viel - es wird so vieles/ uneinheitliches auf einmal beschrieben: explizit sanft und leise, implizit hart; lichtraumbilder, wasserbilder (in einem anderen raum) - mir bleibt nichts kohärentes.

liebe grüße.
Zuletzt geändert von aram am 07.01.2016, 17:25, insgesamt 1-mal geändert.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 07.01.2016, 17:25

Eine harte Lichtwand kann ich mir durchaus vorstellen. Licht per se bestimmt in meinem Kopf nicht den Härtegrad. Bestimmen tut das die Farbe. Je bläulicher und heller, desto härter. Zufällig las ich in dieser Zeile ein grelles Licht heraus. Warum? Vermutlich weil mir beim Fehlen der Türen zunächst ein Schwarz in den Sinn kam, dann, überrascht durch die mitgeteilte Lichtwand, das Gegenteil sah: helles Weiß. Das ist hart.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 07.01.2016, 17:41

Liebe Birke,

es freut mich, wenn dir mein Gedicht gefällt. Wahrscheinlich verstehst du gut, was ich ausdrücken will :smile: .
Ich kann nachvollziehen, was du mit dem „wie auf sanften Wellen“ meinst. Ich hatte auch darüber nachgedacht. Ohne „wie“ klingt das Ganze auch rhythmischer finde ich. Jedoch stellt sich dann die Frage, wie der See in das Zimmer kommt :-) . Und du siehst ja an den folgenden Kommentaren, dass solche Überlegungen durchaus wichtig sind. Deshalb „wie auf sanften Wellen“. Heute Morgen, als ich deinen Post gelesen hatte, kam mir eine Idee, wie ich das Problem lösen könnte. Ist mir jetzt entfallen. Hoffentlich finde ich den Gedanken wieder. Nifl hat ja mit der gleichen Zeile auch ein Problem.

Liebe Grüße
Hetti

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 07.01.2016, 18:14

Hallo Nifl,

vielen Dank, dass du dich mit meinem Text befasst hast. Das bringt mich weiter.

Du liest „keine türen, die wände aus licht“ als Freiraum. Ja, so denke ich mir das auch. Aber es kommt erst zum Ende des Textes zur Sprache. Zunächst stelle ich mir dieses Zimmer durchaus als geschlossenes Konstrukt vor, in dem jemand sich eingesperrt fühlt. Die „Wände aus Licht“ sind als Symbol für Freiheit gedacht. Freiheit erfordert kompetentes Handeln. Und Freiheit ist immer auch Grenze. Deshalb ist „Wand aus Licht“ für mich zwar transparent, aber nicht körperlos, sondern fest.

Die Zeile „hallt deine Suche nach Worten“. Du musst den Text auch in Verbindung mit dem Buchtitel lesen: „elf arten der einsamkeit“ (erscheint an dieser Stelle im Forum gar nicht, ein Manko, wie mir gerade klar wird). Ich habe „hallen“ gewählt, weil ich damit Einsamkeit verbinde, ein leerer Raum, vielleicht unbewohnt oder unbelebt. Schritte hallen, oder Stimmen. Kann ich in einem Gedicht nicht auch die Suche nach Worten hallen lassen? Ich dacht mir das als Metapher für die Einsamkeit.

Wir sind verschieden. Für dich ist „hallen“ dissonant und laut. Ich sah eher sanfte leise Wellen. Keine stark ausschlagenden Wellen (Hall als physikalisches Phänomen ist doch auch wellenförmig? – nur mal so als Nebenaspekt. Hall kann bestimmt laut oder leise sein).

„Überdies würde ich mir wünschen, dass sich das "sanft" und das "leise" erschließt und nicht benannt werden muss.“ Der schwerste Part an deinem Kommentar für mich. Ich weiß aber was du meinst, und das du recht hast. Ich will so etwas für die Zukunft mehr beachten, weiß aber nicht, ob ich das kann.

Die letzten drei Zeilen gefallen mir selber nicht. Ich habe sie immer wieder umgestellt, Neues ausprobiert. Sie klingen ein bisschen wie eine Verfahrensanweisung nach DIN 9000f oder so etwas in der Richtung. Nicht wie ein Gedicht. Aber egal was ich ausprobiert hatte, es wurde immer wieder ein guter Ratschlag.

Nochmals Danke für die Anregungen, hoffentlich habe ich nichts übersehen.
LG Dede

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 07.01.2016, 18:31

Lieber Aram,

vielen Dank für deine Kritik. Ich habe es oben schon geschrieben: Für mich sind die Wände aus Licht durchaus transparent, aber auch fest, körperlich. In keinem Fall wie ein Vorhang, durch den man beliebig hinein oder heraus spazieren kann. Darum geht es eigentlich in dem Gedicht. In einer gewissen Weise ist man gefangen in sich selber. Thema ist ja die Einsamkeit (siehe Buchtitel). Aber man kann heraus, durch die eigene, aktiv angewandte Sprache.

Dieser Wechsel vom Hall und dann zu den Wellen: Vielleicht hast du Recht und es ist inkohärent. Aber: Der Hall steht für die Einsamkeit, die Wellen, die sich am Ufer eines leisen Sees brechen hingegen stehen für die Unergiebigkeit des Handelns, also des Suchens nach Worten. Es ist damit als ein ganz neuer Aspekt von mir gedacht.

Ich sehe schon: Ich muss lernen, mehr zu auszusprechen, mehr Gedanken im Text abzubilden um klar wie ein Gebirgsbach zu sein. Eben lesbar zu sein.

Liebe Grüße
Dede

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 07.01.2016, 18:38

Hallo Pjotr,
das ist interessant: je bläulicher und heller, desto härter? Dann hat mich mein inneres Auge nicht getrügt.
Liebe Grüße
Dede

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.01.2016, 20:22

Liebe Hetti,

ich finde - ähnlich wie aram-, dass der Text so viele verschiedene Bilder/Bereiche hat, dass sich keine Lesart ergibt (besonders den Titel finde ich hier unwirksam).

Die Wände aus Licht wiederum finde ich gerade ein besonders gelungenes Bild, wobei ich mir tatsächlich auch noch warmes Licht vorstelle, mit kaltem geht das nicht. Genau dieses gelblich/orange Licht sich als Wand vorzustellen, durch die jemand nicht hindurchgehen kann, treffen für mich das, was du mit Einsamkeit beschreibst, eben aber als Abgeschnittenheit durch sich selbst.
Ein Text, der um dieses Bild kreist, sich vielleicht auf darauf beschränkt wäre vielleicht einen Versuch wert :-)

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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birke
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Beitragvon birke » 07.01.2016, 23:39

oh, wie interessant, diese kommentare.

für mich sind die "wände aus licht" ganz ganz stark - weil fast unbeschreibbar. hell und warm.
und unbedingt: durchlässig!! einsamkeit, ja, und fühlbar. und dennoch ... ist da diese weite.
und somit fügt sich für mich auch die zweite strophe nahtlos an, stimmig.
die dritte somit auch, die wieder zurückführt bzw beides vereint.

dort könnte man (weil du schreibst, dass du damit selbst nach mehreren versuchen nicht glücklich bist, liebe dede) eventuell ändern in:

du bist das zimmer, umgrenzt von licht
suche nicht nach worten:
sprich

ich mag es - nach wie vor sehr!

liebe grüße
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 17.01.2016, 15:09

Liebe Lisa,

vielen Dank für deine Kritik. Ich war verhindert (etwas krank und dann am Rödeln), so dass ich erst heute antworte. Aber ich habe von meinem Text und von deiner Kritik geträumt! Und arbeite noch daran. Eine Variation, die sich auf ein Bild beschränkt, wie du es vorschlägst. Der Titel ist so schlecht nicht, finde ich, aber ich berücksichtige deinen Einwand :-). Erstes sichtbares Ergebnis meines Versuchs ist zunächst: Arbeitstitel "Echolot"
Liebe Grüße
Dede

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 17.01.2016, 15:20

Liebe Birke,

vielen Dank! Ich fühle mich verstanden :-) . Du schreibst ja auch in einigen Texten davon: Das was drinnen ist, muss fließen (Gerade hatte ich einen Post formuliert, der ist verschwunden. Der war viel besser, als das, was ich jetzt schreibe. Mist). Deine Variation jedenfalls übernehme ich gerne. Ich bin aber noch im Arbeitsmodus, was dieses Gedicht betrifft.

Liebe Grüße
Dede


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