Etwas Rosenöl

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 29.12.2015, 10:03

Etwas Rosenöl
Deine entspannte Schulter
liegt gut in der Hand
Zuletzt geändert von ZaunköniG am 29.12.2015, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Nifl
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Beitragvon Nifl » 29.12.2015, 15:58

Habe tatsächlich gegoogelt, ob es Rösenöl gibt.
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie viel ein gut zeigender Text mit wenig transportiert.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 29.12.2015, 16:22

Hihi,

Das ist so ein Klassiker unter den Tippfehlern bei mir, o und ö zu verwechseln.

Freut mich, wenn da was rüberkommt.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.12.2015, 12:27

Weil im anderen Faden das Stichwort Gefallen aufkam. Das hier sagt mir nichts, da kommt nichts an oder rüber. Das Bild ist da, ist klar, aber hm, mehr eben nicht. Ohne Nifls Kommentar hätte ich sicher auch nicht weiter darüber nachgedacht. Ist aber interessant näher hinzusehen, was mir hier wohl fehlt und ob z.B. das Rösenöl etwas geändert hätte.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 30.12.2015, 13:20


Etwas Rosenöl
Deine entspannte Schulter
liegt gut in der Hand

In erster Linie ist es für mich eine Massageszene. Ich rieche das Öl, fühle die entspannte Schulterpartie. Aber da ist noch mehr, "entspannt" zeigt mir Vertrauen, Wärme auf mehreren Ebenen, "liegt gut in der Hand" einen schönen Rücken ... und überdies "passen sie gut zusammen" und bei einer guten Massage, da fließt Energie. Dass es nicht nur Öl ist, sondern Rosenöl, lädt das Stimmungsbild für mich noch zusätzlich auf, macht es vielschichtig durch die Rosenmetaphern. Und das alles aus drei einfachen Zeilen, das finde ich schon beachtlich.
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.12.2015, 14:12

Ja, diese Leseweise liegt sicher nah und trotzdem passiert nichts. Ich vermute, es ist der Klang, der für mich die Energie und Stimmung nicht aufnimmt, bzw. aufkommen lässt. Das "etwas" zum Beispiel klingt hart und recht nüchtern, wie die Zutat eines Rezeptes. "Entspannt" ist auch so ein Wort, das klanglich eigentlich gar nicht zu seinem Inhalt passt. Und auch die letzte Zeile klingt für mich eher nach Stimmungskiller, nach Lenkrad oder Tennisschläger. :o) Von daher weiß ich auch gar nicht, ob der Text nicht eher genau dieses stimmungsvoll Aufgeladene aufs Korn nimmt, bzw. erdet, wie die Gans im anderen Text ... hm, das würde mir eigentlich gefallen, vielleicht könnte das dann mein Zugang zum Text sein.
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 30.12.2015, 14:17

Mir gefällt das auch, das heißt, mir gefällt die Stimmung. Aber nicht nur das.

An der Ursachenkette des Gefallens kann ich noch ein Stück zurückgehen:

Ich mag Harmonie. Nicht nur das Stimmungsbild an sich ist harmonisch. Das Bild steht auch in harmonischer Ordnung zum Schreibstil. Es ist ein kurzer, lapidarer Dreizeiler. Der Text ist wortkarg. Die Stimmung ist wortkarg. Resultat: Text und Bild sind im Einklang. Das verstärkt die beabsichtigten Farben im Bild.

Dann ist da die gute Schlusszeile, die eine weitere Bildschicht aufmacht, ähnlich wie in dem anderen Faden mit der Flötendose. Ähnlich luftig, ähnlich entspannt, ähnlich doppeltdeutend in Bezug auf eine bekannte, leicht-freche Phrase; hier die Phrase "gut in der Hand liegen". In diesem Fall scheint es für Nifl nicht wie ein Kalauer zu klingen :-) -- "Das liegt gut in der Hand" sagt jemand üblicherweise beim Ausprobieren eines Werkzeugs oder ähnlichem; das ist dann ein Moment der Zufriedenheit, eine zufriedene Mensch-Objekt-Schnittstelle. Die Phrase allein ist noch nicht leicht-frech. Hier ist das Objekt ein würdevoller Menschenkörper, kein Sachobjekt, er wird aber wie eine Sache besprochen, daher wirkt der Bezug leicht frech. Was aber nicht stört, weil die Einleitung edel genug ist. -- Bei der Flötendose folgt das leicht-freche aus dem "darauf pfeifen". Also nicht ganz identisch. Aber ähnlich in der Dramaturgie, im Rhythmus, im Farbenwechsel, in der Fantasiekraft.


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