Blauer Salon

Sterbehilfe gewährt
meiner Mutter Erde

entkräftet
ist ihr Mark

von versiegenden
Lebensadern klagen
die Geschichtenerzähler
und Wissenschaftler

für den Ernstfall
ein Future probehalber

vorbereiten müssen
wir uns welchen
Schlauch abziehen
welchen Schalter
umlegen so
wir uns selbst
umlegen

beim Entnabeln

Hallo Kurt,

nur mal so ein paar Gedanken, ich habe den Text jetzt ein paar mal durchgelesen: Interessant finde ich das Schreiben über unser rigoroses Eingreifen auf Mutter Erde in jedem Fall.. Aber durch die letzte Zeile "beim Entnabeln" kippt für mich etwas. Das liegt daran, das ich Emanzipation, und so interpretiere ich dein "Entnabeln", eher mit Autoritäten in Zusammenhang bringe, als mit einer "Mutter Erde". Es ist für mich ein positiv besetzter Begriff. Entnabeln von der Natur, von der Schöpfung oder so etwas in der Art ist für mich nachvollziehbar, Mutter Erde wird ausgeraubt und getötet, ja das verstehe ich, aber dann fehlt meiner Ansicht nach etwas Gedankliches um dem Entnabeln Berechtigung bzw. Wahrhaftigkeit oder Zusammenhang zu geben.

Ich kenne nur den Begriff Abnabeln. Entnabeln ist evtl. eine Wortschöpfung von dir? Grundsätzlich finde ich Wortschöpfungen o.k. Aber hier?

Du siehst, der Text packt mich, ich glaube auch zu wissen was du sagen willst, aber ich komme nicht mit ihm ins Reine

Liebe Grüße
Hetti

Liebe Hetti,

zunächst mal vielen Dank für die Befasse. Klar ist, dass es sich um einen provozierenden Text handelt. Hier wird nicht versucht, die Welt zu retten, sondern im Gegenteil, ihr Sterbehilfe zu gewähren. Wir kennen ja alle das Bild von einem an Schläuchen „hängenden“ Patienten und dass man irgendwann die Maschinerie abstellt.

Wenn wir nun dies Bild auf Mutter Erde übertragen, hieße es natürlich für jeden einzelnen von uns, wir wären gleichzeitig mit vom Leben abgenabelt. Denn anders als mit unserer leiblichen Mutter sind wir mit der Erde quasi ein Leben lang verbunden.

Ich spreche von Entnabeln, weil einmal die Schläuche, die Mutter Erde am Leben halten, abgetrennt werden und damit auch unsere Lebendverbindung zu ihr, unsere Nabelschnur, die ja auch einem Schlauch gleicht.

Was denn die lebenserhaltenden Schalter/Schläuche sind, wird offen gelassen im Gedicht. Kann sich jeder Leser etwas erahnen.

Aber, Hetti, vielleicht sollte ich das Gedicht anders formulieren. Es gibt ja immer zu viele Möglichkeiten.

LG Kurt