Meine Liebe Zeit

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 22.05.2006, 16:09

Meine Liebe Zeit,

du weißes
Mädchen.

Wo bist du nun?

Ich sah dich
so sehr,
dass es schmerzte.

Du bist wirklich
ganz weiß

wie alle es
immer behaupten.

Auf welcher Fensterbank
ruhen nun deine Hände
sanft wie ein Bund?

Mein weißes
Mädchen,

mein Blick auf dich
ist so verstohlen

ein Schlüsselloch
ist die Welt
dagegen.

Wenn mein Blick
nicht ganz
so fern.

Oder meine Augen
nicht so
unsäglich weit*.

Oder du
bei mir.


*groß in weit geändert
Zuletzt geändert von Lisa am 13.08.2006, 21:27, insgesamt 3-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 22.05.2006, 17:30

Guten Nachmittag Lisa!

Gerade habe ich unendlich viel zu diesem Gedicht aufgeschrieben und wollte es abschicken, da erschien mir ein Weiß auf meinem Bildschirm (Körperteil des weißen Mädchens)?

Noch einmal das Wichtigste zusammengefasst:

Es ist ein sehr gutes Gedicht!

Eine Zurückbesinnung an die unschuldige Kinderzeit, nicht wahr?
Es versetzt einen in eine sehnsüchtige, traurige Stimmung. Sehr schön!

Besonders diese Stellen (und die Wiederholungen)haben mir gefallen:

Auf welcher Fensterbank
ruhen nun deine Hände
sanft wie ein Bund?


-Was meinst Du mit diesem Bund?

Wenn mein Blick
nicht ganz
so fern.


-Das ist im Zusammenhang auch sehr beeindruckend!

Nur die großen Augen bringen mich zum Lächeln, weil ich da an riesige Glubschaugen denken muss...

Sonst ist es eine Orangenperle O:) !

Grüße zwischen Nussbäumen, louislein

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.05.2006, 09:43

Liebe Louisa,

*lach* da haben wir wohl wieder das Glubschaugenproblem :razz: . Ich weiß allerdings nicht, ob man es nicht auch ohne Assoziation lesen kann...vielleicht wäre:

Code: Alles auswählen

Oder meine Augen
nicht so
unsäglich weit.


besser?

Der Bund bleibt ein halbes Geheimnis...ist es ein Bund wie einer zwischen ihnen beiden...ist es ein Schlüsselbund...das soll schweben...


Eine Zurückbesinnung an die unschuldige Kinderzeit, nicht wahr?
Es versetzt einen in eine sehnsüchtige, traurige Stimmung. Sehr schön!


es soll eine "unglückliche Liebe" beschreiben und dadurch das Verhältnis des Ichs zur Zeit...ob das ich die Frau schon als Kind kannte ist nicht gewiss...

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 23.05.2006, 10:19

Hallo Lisa und Louisa

Wenn ich Eure Kommentare lese, fürchte ich, dass ich mit meiner Interpretation völlig daneben gelegen hatte. Ich hatte den Tod eines Menschen heraus gelesen, weil betont wird, dass das Mädchen weiß, also blass oder leichenblass ist, und wegen der Stelle: "Auf welcher Fensterbank ruhen nun deine Hände sanft wie ein Bund?"

Die letzten drei Strophen (Blick - Augen - du bei mir) finde ich sehr gelungen, sehr intensiv.

Schönen Tag

Jürgen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.05.2006, 11:22

Lieber Gurke,

in diesem Gedicht wird "meine" Zeit personifiziert...sie ist so fern, dass der Gedanke daran, dass sie nicht mehr lebt durchaus assoziiert werden kann...(wie ein Grenzwert, dem sich die ferne annähert).

Das weiß steht hier allerdings nicht für leichenblass oder dergleichen, eher für "vornehm", "zart", auch "kühl und warm zugleich"...einen bestimmten Typ von Frau (Zeit), der abwesend ist (vielleicht einmal da war...es gab so eine zeit...)

Naja, meine Gedichte scheinen wohl insofern "problematisch" als dass sie fast nie allgemein (bebildert) sind ...

Lisa

steyk

Beitragvon steyk » 23.05.2006, 11:51

Liebe Lisa,
hab endlich mal wieder etwas von dir gelesen. Du weißt ja, die Zeit...
Ich muß zugeben, daß ich zuerst - ähnlich wie Gurke - etwas daneben lag mit meiner Interpretation :???: . Jetzt, wo du das weiß erklärt hast, lese ich das Gedicht natürlich mit anderen (verstehenden) Augen.
Sehr gelungen
Schöne Grüße
Stefan

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Beitragvon Lisa » 24.05.2006, 15:11

Hallo,

wenn man die in der Überschrift verwendete Groß- und Kleinschreibung beachtet, hilft es vielleicht, diese Personifizierung der Zeit zu verstehen. ich denke, das Unverständnis resultiert auch daraus, dass die Vorstellung meiner Zeit von der vieler anderer abweicht...

Trixie

Beitragvon Trixie » 24.05.2006, 18:56

Servus Lisa!

Also, dass das weiße Mädchen die zarte, reine Zeit sein soll, war mein Gedanke. Vielleicht auch das "Mädchen" als etwas, das vergänglich ist, denn wie schnell wird aus einem Mädchen eine Frau...
Dass es um eine Liebe an sich geht, hätte ich nun nicht vermutet. Es war für mich mehr ein allgemeiner Gedanke an die Zeit und ihre Vergänglichkeit...In der Überschrift erkennt man das zwar, aber vielleicht könntest du das noch iiiiirgendwie einbauen. Muss ich noch drüber nachdenken. Wie auch immer: Ein sehr sanftes Gedicht, das mich ganz ruhig und nachdenklich macht.

lg Trixie

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Beitragvon Lisa » 24.05.2006, 19:42

Liebe Trixi,
aber du hast es doch ganz richtig verstanden...es geht ja um die Zeit...nicht um die Liebe an sich..der Blickwinkel (auf die Zeit als Mädchen) ist nur ein zärtlich liebender ...

Lieben Dank,

Lisa

Trixie

Beitragvon Trixie » 24.05.2006, 19:55

Achso, achso...ich dachte wegen der unglücklichen Liebe natürlich gleich wieder, es ginge um einen Kerl :mrgreen: ! Dann ist es perfekt, so wie es ist!

momo

Beitragvon momo » 24.05.2006, 21:26

dieses weiss ist einfach faszinierend. ich frage mich immer wieder, wenn ich etwas aus speziellen gründen weiss genannt habe, was denn sonst noch alles in diesem weiss ist. gedichte sind ja nicht nur so, wie man sie gerade schreibt, sondern AUCH so, wie sie gelesen werden... ich liebe "weisse" gedichte. was mir hier sehrr gefällt ist die mischung von klaren sätzen und bildern, die einfach mal als bild daliegen und wirken. diese feinheit deiner gedichte ist vielleicht auch hierin begründet, jedenfalls aber will ich nicht theoretisch werden...

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Beitragvon Lisa » 24.05.2006, 21:38

Hallo momo,

meine Beziehung zu Farben ist ganz seltsam und eng...

Für mich lässt sich beinahe alles anhand der Farben und ihrer Systematiken, Bildungsgesetze etc. erklären...es ist einee chte Liebe. Und genau wie dir geht es mir auch so..bestimmte gegenstände teilen sich bestimmte Farben...

Weiß ist meine (zarte, traurige) Königin der Farben....vielleicht einmal ein Beitrag für die Philosophieecke...

Danke auch für deine lieben Worte zu meinem Text!

Schön, dass du (er? sie?) hierher gefunden hast! §blumen§

LAbendgrüße,
Lisa

Nihil

Beitragvon Nihil » 25.05.2006, 11:18

Hallo Lisa,

mir gefallen deine Zeilen! Ich bin erstaunt wie ähnlich die Thematik ist - es passt tatsächlich zu meinem "Lied der Jugendzeit", obwohl ich dein Gedicht eben erst gelesen habe und nicht hierduch inspiriert war. Ich finde es schön, dass wir das ähnlich sehen - wir hatten bisher ja wenig das Vergnügen der Entdeckung von Gemeinsamkeiten, ein seltener Moment! ;-)

mfg

Nihil

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Beitragvon Lisa » 25.05.2006, 11:25

Hallo nihil,
das stimmt. Liegt wohl aber auch daran, dass ich hier "aufpassen" muss :grin:

Liebe Grüße,
Lisa


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