betrachtung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 02.01.2015, 14:55

.


der große li jiao wei
betrachtete das bild
legte es in die blüten
der xi xian cao pflanze
und sprach
wie wasser über den stein
fließt der augen blick
dann schloss er die augen

ich fühlte mich
durchdrungen


.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 03.01.2015, 11:03

Hallo Niko,

"li jiao wei" sagt mir nichts und Google weiß auch nicht recht, warum also die konkrete irreführende Benennung? Das lenkt mich eher in humoristische Gefilde, auch das in meinem Ohr ironisch klingende "große" und das ganze Blütenszenario albern weißhaarigweise-klischeehaft. Humoristisch satirisch ironisch könnte ich mir den Text gut vorstellen.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 03.01.2015, 11:07

Na, nifl...immerhin kannst du etwas für dich daraus gewinnen. Freut mich!
Beste grüße-niko

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.01.2015, 11:15

satirisch habe ich's gar nicht gelesen ... aber jetzt, doch, ja. Dann müsste man auch den Schluss nicht streichen (was ich überlegt hatte, weil er mir viiiel zu dick aufgetragen ist). Den Rest hatte ich als Stillleben gesehen, durchaus distanziert.

pjesma

Beitragvon pjesma » 03.01.2015, 12:57

hi niko, ich weiß in etwa was mir dies gedicht transportieren will...sehe es nicht satirisch, sondern denke du wolltest das erhabene an dem "überlappendem"moment fangen...aber irgendwie ist es verrutscht, ein bisschen...mich stören zwei kleinigkeiten: blüten pflanzen (bekomm ich- als floristin ;-) - ein schiefes, umgekehrtes bild, blütenblätter in der erde) und plötzliche auftauchen des ichs...ich meine du solltest dies moment mehr ausarbeiten wenn das bild neben den blumen gelegt wird...das ist der schlüßelmoment.
lg

Niko

Beitragvon Niko » 04.01.2015, 16:53

hallo
und danke für eure kommentare!
satirisch ist der text nicht gedacht. dann mag er eher überzogen sein, was dann dem ein oder anderen schon satirisch vorkommt...

1)der große li jiao wei - das ist nichts als die erwähnung von attributen. jeder einzelne name hat eine bedeutung. li = kraft, stärke jiao = bezaubernd, liebenswert; wei = groß, wichtig
2) ein bild in blüten legen.....warum sollte das nicht funktionieren, pjesma? das verstehe ich nicht. denke hier zb. an frohnleichnahm oder in china und japan an blütenfeste, wo blüten auf die erde gestreut werden, oft in form von bildern und symbolen. ein bild in blüten legen funktioniert (sage ich als gelernter gärtner ;-) )
3) die xi xian cao pflanze ist eine heilpflanze und nicht meiner fantasie entsprungen. http://www.therapeutika.ch/Xi+Xian+Cao
sind die ersten est drei punkte noch (für einige zu überzogen) symbolträchtig, so ist der rest für mich absolut klar in sprache und botschaft.

beste grüße - niko

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 04.01.2015, 20:30

Hallo Niko,

1)der große li jiao wei - das ist nichts als die erwähnung von attributen. jeder einzelne name hat eine bedeutung. li = kraft, stärke jiao = bezaubernd, liebenswert; wei = groß, wichtig
Wenn die Bedeutung der einzelnen Namensbestandteile mitgelesen (ergoogelt oder gewusst) werden soll, dann ist das „der große“ doch überflüssig? Das wäre vielleicht auch der erste Schritt, um das Überzogene, das das Gedicht leicht ins Satirische kippen lässt, zurückzunehmen.

2) ein bild in blüten legen.....warum sollte das nicht funktionieren, pjesma? das verstehe ich nicht. denke hier zb. an frohnleichnahm oder in china und japan an blütenfeste, wo blüten auf die erde gestreut werden, oft in form von bildern und symbolen. ein bild in blüten legen funktioniert (sage ich als gelernter gärtner )
3) die xi xian cao pflanze ist eine heilpflanze und nicht meiner fantasie entsprungen. http://www.therapeutika.ch/Xi+Xian+Cao
Ein Bild in die Blüten zu legen ist für mich etwas anderes, als ein Bild mit (in) Blüten zu legen? Ich mag aber hier gerade das Eigenwillige, Besondere daran. Nur eignen sich für mich die Blüten der xi xian cao Pflanze nicht für dieses Bild und auch nach dem Nachlesen, weiß ich nicht, warum es genau diese Pflanze sein soll? Daher wirkt es auf mich, als würde hier einfach mit dem Klang und den fremden Worte gespielt, was dann aber die gewollte (?) Ernsthaftigkeit und Sinnhaftigkeit der Zeilen untergräbt? Eine Möglichkeit auch das Fließen, das Wasser aufzugreifen und so eine Verbindung zwischen dem Gesprochenen und dem Bild zu schaffen, wäre z.B. die Blüte des Tees zu nehmen und das Wasser über ein Blatt fließen zu lassen.

Die letzten beiden Zeilen geben mir nichts dazu, sondern verlagern den Fokus nur weg vom Erzählten, Betrachteten aufs LIch, was ich schade finde.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 05.01.2015, 13:09

wie wasser über den stein
fließt der augen blick
dann schloss er die augen

ich fühlte mich
durchdrungen


Ich male mir ein Bild: Der Augapfel -- wie ein runder, glatter Stein. Ein grauer vielleicht sogar. Das Augenlid -- wie eine Wasserschicht. Das Wasser fließt über den Stein. Also das Augenlid fließt über den Augapfel. Ganz hinunter. Dann ist der Augapfel geschlossen. Diese Entspannung kann wahrlich durchdringen.

pjesma

Beitragvon pjesma » 05.01.2015, 19:30

ach, dann hab ich es falsch verstanden, niko...dann muss ich mir gedicht nochmal vorlesen...ein bild in blüten zu legen habe ich buchstäblich verstanden...ich meinte ein bild als gemälde...jemand legte das bild neben dem "original" blume...so hab ich es verstanden. daher kam auch dies "überlappende" für mich...ich dachte es geht um um moment und vergänglichkeit und versuch die vergänglichkeit zu fangen in dem moment...oje. na dann. ist anders ;-). les ich noch mal, anders
lg

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 14.03.2016, 18:34

Ein feines Gedicht.

pjesma

Beitragvon pjesma » 15.03.2016, 13:33

ich weiß jetzt was ich als schief empfand: ein bild in blüten legen. hab es echt floristisch gesehen, ein bild in die blüten zu legen, tut den blütenblätter nicht gut...aber wenn man sich für kunst entscheidet, da würde ich sagen darf man sie auch abmachen, die blütenblätter, streuen, ein bild MIT blüten legen...ja sogar konfitüre daraus machen...je nach dem welche ;-)
lg, pjesma

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birke
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Beitragvon birke » 15.03.2016, 15:42

ich mag das sehr, niko.
... bis auf die letzten beiden zeilen, sie sind mir zu "durchdringend". weißt du, alles andere ist so still und sanft, so dass mir dieses wort "durchdrungen" hier überhaupt nicht dazu passen will. ich denke, ich weiß, was du meinst, aber für mich drückst du das zu "gewaltig" aus.
an sich könnten die letzten zeilen sogar wegfallen.
aus meiner sicht. :)
lg
birke

ps - und das "bild in die blüten legen" finde ich auch ganz besonders, lese es sehr metaphorisch. und ganz anders, als ein bild mit blüten zu legen! falls du das meinen solltest, müsstest du es wohl anders formulieren, aber ich mag es genau so, wie es jetzt ist.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.03.2016, 16:58

Für mich ist das ein sehr meditatives Bild in Richtung des Zen-Buddhismus. Ich würde jedoch kürzen, damit der Fokus auf dem Moment liegt:


li jiao wei
betrachtete das bild
legte es in die blüten
der xi xian cao pflanze
und sprach
wie wasser über den stein
fließt der augen blick
dann schloss er die augen


Wobei meiner Meinung nach auch noch die letzte Zeile "dann schloss er die augen" entfallen könnte.


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