Hallo fenestra,
die archaischen Rauhnächte sitzen hier auf der Blauen Couch direkt neben Frank Sinatra und wissen nicht, wie sie sich vor der Kamera benehmen sollen, und das Lyrische Ich zwischen Ihnen benimmt sich wie Thomas Gottschalk.
Die meisten LeserInnen sind beindruckt von diesem Folklorewortspiel...
mmh, alles rauh und recht, nur bleibt der Text für mich irgendwie an der Oberfläche.
Er versucht nicht mal ansatzweise, das was er da schildert, zu hinterfragen.
Ein wissbegieriges Kind würde mich nach diesen zwölf ´phantastischen`
rauhnachtsschilderungen fragen, warum und wieso. Diese Neugierde, zu versuchen, hinter die Kulissen zu blicken, besitzt der Text nicht.
Südlich des 48. Breitengrades gibt es ein ganzes Netz(-werk) von kleineren Zentren, Menschen, die sich ernsthaft mit dem Mondjahr (und die Rauhnächte sind da nur ein Anhängsel davon) beschäftigen. Ich nenne schubladenjargonig bloß zwei Stömungen, die ´tradtioniellen´Abergläubischen, die sich z.B. sehr gut mit Heilkräuter auskennen, und die ´matriarchischen´ Abergläubischen, die mehr gesellschaftliche Tabus, patriarchische Strukturen brechen wollen. Die letzteren beispielsweise glauben daran, dass es so viele Wirklichkeiten wie Menschen gibt und sind überzeugt davon, dass unsere Zeit versucht, die Wirklichkeiten der Menschen gleichzuschalten, überschaubar und kontrollierbar zu machen. Einige von ihnen sehen beispielsweise
das Internet als besondere effektive Form von Gleichmacherei an. Sie stellen gesellschaftliche Verbote und Eingrenzungen in Frage und zumindest einige von ihnen sind auch bereit, sie zu übertreten. Die wilde Percht, in ihren Augen die wilde Göttin des Abendlandes, kommt beispielsweise einmal im Jahr herunter und verordnet allen domestizierten Frauen eine Denkpause, in dem sie ihnen übel mitspielt, beispielsweise so, wie in dem Text beschrieben. Nur den Frauen, die sich entschlossen haben, in Freiheit zu leben und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, ist sie Freundin und Beschützerin. Angeblich.
Aus diesem eben beschriebenen Blickwinkel heraus wirkt der Text allerdings auf mich jetzt schon wesentlich sympathischer...
"in der raunnacht
kommen die vogelperchten
fesseln mich an den fernsehsessel
werfen mir glühende backsteine in den schoß & schalten einen horrorkanal ein"...ich könnte jetzt auf einmal richtig gut Kindern erklären, was (und warum) die Percht (das) macht..
das Augenzwinkern, das les ich auch in dem Text, das allerdings schon von Anfang an.
Namaste,
jondoy