Liebe Lisa,
dieser Text fasziniert mich wirklich. Ich lese hier von einer Suche des LIs. Es möchte eine große Leere auffüllen und aus dem Dunkel, dass es so stark in sich trägt, dass es sich selbst oft wie ein Schatten fühlt, herauskommen, es negiert sein Dunkel, es fehlt ihm das Licht, die Versöhnung mit sich selbst.
Du hast es so unglaublich bildhaft beschrieben, dass man ob dieser Mächtigkeit und Schrägheit dieser Bilder diese Leere, die genau konträr dazusteht, diese aber gerade ausdrückt nach meiner Ansicht, fast übersieht. Es ist so, als ob LI ganz bewusst diese fetten Bilder verwendet, um seinen Wunsch dahinter zu verstecken. Doch gerade dadurch wird dieser Wunsch umso präsenter für mich.
Lisa hat geschrieben:einen fetthahn wünsch ich mir, so fett,
dass er platt bis zur schattenlosigkeit am boden klebt
Dieses Bild wirkt auf den ersten Blick total komisch, weil man sich das bildlich vorstellt. Doch dahinter verbirgt sich für mich der 1. Hinweis der Suche. Das "Fette", das "so fette" lese ich hier für die Fülle, das Licht, das LI für sich wünscht. Die Fülle soll so stark sein, dass sie dem LI nie wieder verlorengehen kann, nicht verschwinden kann ("am boden klebt") und das Licht im LI wieder erscheint ("bis zur schattenlosigkeit").
Lisa hat geschrieben:ich würde ihm sämtliche flüssigkeit aus dem kamm streicheln
sodann die essenz des krähens gewinnen
diese Fülle wird hier jetzt genauer definiert. LI beschreibt, was es mit dieser Fülle machen möchte. Ganz sanft ("streicheln") geht es vor, denn diese Fülle ist etwas sehr Wertvolles, das höchste Gut, und geht dennoch systematisch vor. Erst die Flüssigkeit gewinnen, das Fließende, dann schließlich möchte es das eigentliche Wesen, das Konzentrierte dieser Fülle für sich herausziehen. (essenz)
Diese Essenz wird weiter definiert. Es ist die Essenz des Krähens, die Möglichkeit, sich zu offenbaren, zu sprechen, zu sagen, herauszuschreien, was es wirklich will. ("die essens des krähens")
Lisa hat geschrieben:und sie mir an die stelle meines hinterkopfes träufeln,
die meinem mund genau gegenüberliegt
Bisher ging es um das "Was". Nun geht es um das "Wohin".
LI hat die Essenz gewonnen aus der Fülle, doch legt es sich diese nicht in den Mund, was man vermuten würde, sondern an die untere Stelle des Hinterkopfes. Dies ist die Stelle, die dem Mund gegenüberliegt. Es ist ein sehr weicher und geschützter Ort, da dort diese Wölbung ist. Wie eine Höhle, ein Schlupfwinkel. Der Mund selbst wäre kein geschützter Ort, weil er offen ist. Deshalb der viel sichere Ort am unteren Hinterkopf. LI will diese Essenz hüten wie einen Schatz.
Daher kommt für mich jetzt ganz folgerichtig:
Lisa hat geschrieben:und nichts mehr sagen |. streichele die schatten
denn LI braucht nun nichts mehr zu sagen, da es diese Essenz, das Konzentrierte der Fülle bei sich hat.
Und es streichelt - nun mit sich selbst im Reinen, glücklich, seine Schatten. Es geht zärtlich, liebevoll mit sich um. Es akzeptiert nun sich selbst, auch sein Schattensein.
Ich finde dies einen sehr schönen, versöhnlichen Schluss.
Ja, so lese ich deine Zeilen und finde sie genial.
Saludos
Mucki