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februarsonntag

Verfasst: 08.04.2010, 10:13
von Herby
februarsonntag*


wir schauten uns an

durch fragende münder

stille

ahnung auf zitternden zungen

wie würgten wir

am einander


*Danke, Lisa!







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Verfasst: 08.04.2010, 20:18
von Niko
hallo herby!
kleine schönheitskorrekturbemerkung am anfangsrande: den titel würde ich auch klein schreiben. wie den rest...

mir gefällt das gedicht sehr. du hast eine situation sehr eindringlich zusammengefasst. so eindringlich, dass es mir, dem leser, beklemmend wird.
ich finde: nix dran auszusetzen.........

liebe grüße: Niko

Verfasst: 10.04.2010, 13:30
von Herby
Danke, Niko, fürs Gefallen und den Korrekturvorschlag. Werd ihn gleich umsetzen.

Lieben Gruß und ein schönes Wochenende
Herby

Verfasst: 10.04.2010, 13:41
von leonie
Lieber herby,

Der beklemmenden Eindruck, den der Text auch bei mir erzeugt (man fängt förmiich an zu frieren...), wird an dieser Stelle für mich gestört:

Herby hat geschrieben:wir schauten uns an
durch fragende münder


Sie erzeugt für mich ein komisches Bild, weil ich mich frage, wie Augen durch Münder schauen können. Ich weiß nicht, verstehst Du, was ich meine?

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 10.04.2010, 16:13
von Niko
ja, leonie, diese stelle war mir auch aufgefallen. aber gerade sie gefällt mir spontan beim lesen. die komische note, die du ansprichst, hat sie einerseits. aber auf der anderen seite zeigt sie gerade das fragile, das herantasten und ausloten auf eine (wieder zur situation passenden) diffuse art. man kann sich ja schon was drunter vorstellen, find ich.
nur mal so als einwurf.....

Verfasst: 11.04.2010, 13:10
von Herby
Liebe leonie, lieber Niko,

mir war bewusst, dass diese Stelle für Irritation sorgen würde. Ich kann (und mag) jetzt dazu nicht viel sagen, vielleicht nur das: Wenn zwei Menschen gegen ihre eigene Sprachlosigkeit und die des anderen kämpfen, können Münder zu Augen werden.

Danke für euer Interesse am Text und einen schönen Sonntag noch.
Lieben Gruß
Herby

Verfasst: 13.04.2010, 20:15
von Max
Lieber Herby,

ein sehr dichter Text für mich, auch ein sehr offener, dem ich noch eine Version zur Seite stellen würde, die mir auch möglich scheint. So würde ich die schon angesprchene 1. Strophe leicht variieren wollen und die "stille" mit an die folgende Strophe ziehen, weil sich dadurch eine mögliche nette Doppelbedeutung leichter ergibt - denke ich.

Ich könnte mir also auch vorstellen:


februarsonntag

fragende münder
wir schauten uns an

stille
ahnung auf zitternden zungen
wir würgten
am einander



Liebe Grüße
Max

Verfasst: 14.04.2010, 23:55
von Herby
Lieber Max,

auch wenn ich dir nicht in allem folgen kann (meine Schlussverse möchte ich schon beibehalten), hat mich dein Kommentar zu dem Versuch einer anderen Setzung gebracht, der zumindest deinen Vorschlag bezüglich der "stille" berücksichtigen würde.
Diese neue Variante betrifft (abgesehen von den letzten beiden Versen) zwar nur die Setzung, ich poste sie aber zum Vergleich dennoch mal unter den Originaltext oben.

Herzlichen Dank für deine Beschäftigung mit dem Text und deinen Gedankenanstoß!
Lieben Gruß
Herby

Verfasst: 15.04.2010, 18:23
von Lisa
Lieber Herby,

ist das der von meinem letzten Kommentar beeinflusste Text? Mir gefällt er gut, überhaupt ist das Thema der Reihe mir sehr nahe und ich mag die Reduzierung auf bedeutungsbekannte Schlagwörter (sonntag) gemischt mit abstrahierten, surrealisierten Bildern (die augen, münder, zungen) - dadurch wird auch der Zusammen(zer-)fall für mich spürbar.
Ich habe übrigens keine komische Lesart der ersten beiden Zeilen gehabt (obwohl mir das schnell passiert). Das einzige, was ich vielleicht überlegenswert fände, ist die zentrierte "stille" in der Mitte - nicht nur wegen der Setzung (so zentral kommt sie mir doppelt erklärend vor), sondern auch, weil ich denke, dass der Rest eigentlich viel deutlicher zeigt, dass stille (gar Stummheit) herrscht und dass das Wort dann nochmal so direkt auftaucht, das Gedicht für mich eigentlich in eine nicht notwendige Deutlichkeitsebene hebt. Aber das ist auch oft wieder eine Geschmacksfrage.

Ich hoffe, die Reihe wird noch lang, damit ich vieles dazu von dir lesen kann.

liebe Grüße,
Lisa


PS: Beim Titel hat mich übrigens wieder mal mein Spieltrieb überfallen: Ich fände auch Sonntagsfebruar würde anvisieren, was der Februarsonntag ausdrücken soll - nur würde er sozusagen eine gößere Summe ziehen - aber das ist wieder mehr meins .-) (loswerden wollte ich es aber)

Verfasst: 15.04.2010, 21:13
von Max
Lieber Herby,

natürlich ist gar nicht gemeint, dass Du mir in allem folgst. Meine Fassung hat sicher einfach den Vor- und Nachteil, einfacher zu sein als die Deine. Ich merke, dass es mich derzeit zum Einfachen zieht, da muss es ja meine Freunde nicht gleich mitziehen ;-).

Dass Du die Setzung aber geändert hast, kann ich (egozentrisch wie ich bin) als Vorteil sehen.
Ein guter text in meinen Augen
Mäx

Verfasst: 16.04.2010, 23:08
von Herby
Liebe Lisa,

ja, das ist der Text, bei dem du mir mit deinem Kommentar zu einem ganz anderen Gedicht sehr geholfen hast. Doch das lässt sich bei der jetzigen Gestalt des Textes nicht erkennen. Dafür müsstest du gesehen haben, wie der Text vorher aussah. ;-)
Was die "stille" angeht - meinst du, ich sollte sie ganz streichen? Das fiele mir, wie ich zugeben muss, recht schwer wegen der doppelten Lesbarkeit an dieser Stelle, auf die ich nicht verzichten möchte. Mit der veränderten Setzung dagegen kann ich gut leben.
Ja, das Thema der kleinen Reihe beschäftigt mich seit einiger Zeit immer wieder, mal sehen, wie lange das anhält.
Danke für dein Interesse und deine Rückmeldung!

Lieber Max,

es ist so eine Sache mit einfach und schwer. Mitunter ist das einfache verflixt schwer und das Schwere so leicht...oder zumindest scheint es so.

Auch dir Dank für das feedback und eine gute Reise.

Herzliche Grüße
Herby

reflexiv oder reziprok?

Verfasst: 17.04.2010, 08:32
von Quoth
Hallo, Herby,
mit "wir schauten uns an" ist ja eigentlich gemeint "wir schauten einander an", oder? "wir schauten uns an" lässt auch die Deutung zu, dass beide nur sich selbst anschauten. Würde hier das "einander" schon auftauchen, dann wäre der Schluss "wie würgten wir/am einander" weniger merkwürdig, denn das "einander" wäre ein Echo des bereits oben stehenden "einander".
Herzlich
Quoth

Verfasst: 17.04.2010, 10:56
von Max
Lieber Quoth,

da bin ich anderer Meinung. Gerade die Offenheit des "uns" bringt ja erst die Möglichkeit von der reinen Beschreibung der ersten Zeilen zu der Schlusszeile, die ja Intepretation der Beobachtung ist, zu gelangen. (Ganz davon abgesehen bin icch der Meinung, dass ein kurzer Text zwei "einander"s hintereinander (sic!) ästhetisch nur schwer verkraften würde ;-) )

Ein interessanter Aspekt ist es aber allemal, den Du da aufwirfst.

Liebe Grüße
Max

Verfasst: 17.04.2010, 11:13
von Ylvi
Hallo Herby,

das habe ich schon oft gelesen und die Stimmung fängt mich jedes Mal wieder ein. Ich mag die ursprüngliche Setzung, ich glaube, es braucht diese verlorene Einzelstellung, ich sehe es als in der Luft hängen und da geht ja auch nichts einfach weiter. Wobei es dann vielleicht auch eine Möglichkeit wäre, das Befremden noch zu verstärken, indem du das "friedliche" und zart-hell klingende Wort "stille" durch das dunkle "stumme" ersetzt.
Was ich mich auch fragte, ob man das "einander" und das "uns" nicht umkehren könnte. Ich würde jedoch diese doppelte Lesbarkeit des "uns" auf jeden Fall drin lassen, weil es dadurch auch diesen Aspekt der Reflektion und Sicht auf das Eigene zulässt.
(Lisas "Sonntagsfebruar" würde mich auch gefallen, weil es für mich nicht nur einen Moment erfassen würde, sondern etwas, das sich ausdehnt, ohne, dass man es fassen könnte.)
Zum Anschauen: :-)

sonntagsfebruar

wir schauten einander an
durch fragende münder

stumme

ahnung auf zitternden zungen
wie würgten wir
an uns


Liebe Grüße
Flora