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in diesen herbst (erweitert)
Verfasst: 18.11.2009, 16:53
von leonie
I.
in diesen herbst
legt der wind ein leuchten
knospen als schattenriss
an den himmel gehängt
es gilt
sich aufzulehnen
diesseits des frostes
kristalle flüssig zu atmen
leben zu nähren
in wechselndes licht
II.
in diesen herbst
legt der wind ein schweigen
hülsen blassen im geäst
blättern worte zu boden
es gilt
sich abzufinden
diesseits der stille
wege aufs weiß
zu wandern
im sinkenden licht
Musentext von scarlett (vielen Dank!):
in diesen herbst
legt der wind ein requiem
messingtöne im blätterfall
über offener erde*
es gilt
sich einzurichten
diesseits der glaswand
und das splittern der luft
bunt zu atmen
gegen fallendes licht
Verfasst: 23.11.2009, 13:12
von Mucki
Liebe leonie,
ich verstehe gar nicht, warum deine Zeilen bisher unkommentiert blieben.
Ich mag dein "Gegengedicht", in dem die Molltöne aus scarletts Gedicht in deinem zu Dur-Tönen werden. Vor allem diesen Passus finde ich ganz wunderbar:
knospen als schattenriss
an den himmel gehängt
Ein tolles Bild, das ich mir sehr schön vorstellen kann, einmal wirklich als Bild und auch als Metapher für das Ziel, das Bevorstehende, das Wunschdenken, sich auf etwas freuen, das kommen wird.
Dazu passt dann auch das nachfolgende
es gilt
sich aufzulehnen
sehr gut. Es liest sich so, als ob man sich ganz aktiv auflehnt, aufrichtet, um nach den Knospen zu greifen.
Sehr schön finde ich das.
Saludos
Mucki
Verfasst: 23.11.2009, 17:04
von noel
gebe mucki rEcht, eine famose ewiederung der bilder
Verfasst: 24.11.2009, 10:50
von leonie
Liebe Mucki, liebe Noel,
ich freue mich, dass der text Euch erreicht. Ich bin ja sehr nah an scarletts Formulierungen und es ging auch nicht um den großen Widerspruch, sondern darum, für mich die Akzente anders zu setzen.
Ich kann mir fast eine "Reihe" vorstellen, in der die Bilder und Nuancen verändert werden und unterschiedliche Momente eines Trauerprozesses ausdrücken.
Danke Euch beiden.
Liebe Grüße
leonie
Und noch einer ...
Verfasst: 24.11.2009, 21:24
von DonKju
... der eigentlich auch nur sagen möchte, daß die beiden Texte wie die berühmten zwei Seiten einer Medaille wirken; Vielleicht sollte man das mal im Hinterkopf behalten. sozusagen als Idee für ein Monatsthema a la "Rede und Wiederrede - ein literarischer Dialog in zwei Sätzen pardon Gedichten"
Und liebe Grüße an leonie dazu von Hannes
Verfasst: 24.11.2009, 22:24
von Mucki
Hallo Hannes,
Bilbo hat geschrieben:Vielleicht sollte man das mal im Hinterkopf behalten. sozusagen als Idee für ein Monatsthema a la "Rede und Wiederrede - ein literarischer Dialog in zwei Sätzen pardon Gedichten"
aber das ist doch im laufenden Monatsthema "Intertextuelles" mit enthalten. Man kann "Gegengedichte" schreiben oder aber die Idee aufnehmen und in Form eines Dialoges antworten, was ja auch bereits in anderen Beiträgen zum Monatsthema gemacht wurde.
Saludos
Mucki
Verfasst: 25.11.2009, 09:16
von scarlett
Liebe leonie,
das halte ich für sehr gelungen!
Und zwar sowohl als eigenständiges Gedicht als auch als "Antwortgedicht" auf meines.
Du setzt zwar die Akzente anders, aber im Grunde genommen, wohnt beiden Gedichten etwas Gemeinsames inne: das Positive zu sehen.
Nur das Erreichen, das Hinkommen, um dieses zu sehen, ist in den beiden Texten unterschiedlich:
sich auflehnen - bzw. - sich einrichten.
Wunderbar finde ich die Knospen, die als Schattenriss an den Himmel gehängt werden ...
Sehr schön!
LG
scarlett
Verfasst: 25.11.2009, 11:41
von leonie
Lieber Hannes,
dankeschön!
Liebe scarlett,
ich freue mich besonders, dass Du das schreibst, weil Du den Text ja inspiriert hast. Inzwischen habe ich versucht, einen weiteren Aspekt hinzuzufügen. Für mich hat Dein Text wirklich das Potential, zu einer Art "Reihe" erweitert zu werden, Du hast einfach Formulierungen gefunden, die sich dafür gut eignen. Ich kann mir gut vorstellen, dass mich das zu Weiterem inspiriert.
Liebe Grüße
leonie
Verfasst: 25.11.2009, 12:58
von Mucki
Liebe leonie,
Ich kann mir fast eine "Reihe" vorstellen, in der die Bilder und Nuancen verändert werden und unterschiedliche Momente eines Trauerprozesses ausdrücken.
dies ist dir mit der Fortsetzung sehr schön gelungen, finde ich.
Eine kleine Anmerkung:
wege aufs weiß
zu wandern
Würde hier nicht evtl. auch "auf" statt "aufs" genügen?
Saludos
Mucki
Verfasst: 25.11.2009, 21:06
von leonie
Liebe Mucki,
danke. Monikas Gedicht ist sehr inspirierend, finde ich...
Hm, ich finde, "aufs" klingt besser.
Liebe Grüße
leonie
Verfasst: 27.11.2009, 17:04
von Max
Liebe Leonie,
ich sehe wieder einmal (shame on me), dass ich viel zu wenig beim Monatsthema bin.
Ich finde, dass Dein text mit dem Scarletts ganz wunderbar harmoniert. Beide Texte finde ich ganz stark und zusammen gewinnen sie erst recht.
Gern gelesen
max
Verfasst: 27.11.2009, 21:24
von Lisa
Liebe leonie,
hier komme ich gerade vorbei und mag kurz etwas hinterlassen...
ich finde scarletts Kommentar trifft es sehr - mir gefällt das auch sehr gut! Einzig das "kristalle flüssig zu atmen / leben zu nähren " ist mir etwas zu viel, würde ich streichen, aber ich verstehe, dass das aufgrund der kohärenten strukturellen Anlehnung an scarletts text nicht möglich ist (vielleicht ersetzen .-)), na ja, das ist ja auch nicht so wichtig...
Dieses Monatsthema finde ich wirklich ganz fein...was da alles bei entsteht!
liebe Grüße,
Lisa
Verfasst: 28.11.2009, 15:10
von leonie
Lieber Max,
danke, das freut mich (und hoffentlich scarlett auch!).
Liebe Lisa,
ja, genau, die kohärente Struktur war mir wichtig. Deshalb möchte ich ungern ersatzlos streichen. Vielleicht fällt mir noch was anderes, besseres ein...
Danke, ich freu mich, dass es Dir gefällt!
Liebe Grüße
leonie
Verfasst: 28.11.2009, 19:24
von Ylvi
Hallo Leo,
ich muss sagen, dass für mich durch den gleichen Aufbau, den reinen Austausch der Bilder und Worte in einem Gerüst der Eindruck der Beliebigkeit entsteht und ich daher die einzelnen Gedichte nicht mehr richtig „wahr“ nehmen kann, mich nicht darauf einlassen. Als Reihe würde es daher für mich nicht funktionieren.
Gegen das „requiem“ erscheint mir sowohl das „schweigen“ als auch das „leuchten“ zu blass. Wenn ich es dann so nebeneinander lese, würde ich mir da etwas eigeneres wünschen.
Einzeln betrachte, gefallen mir diese Zeilen sehr:
knospen als schattenriss
an den himmel gehängt
hülsen blassen im geäst
blättern worte zu boden
wege aufs weiß
zu wandern
liebe Grüße
Flora