Wer kennt sie nicht, nervöse, feine Herren
von jenem Stamm, der stolz sich Dichter nennt?
Wenn sie von ihren Seelenschmerzen plärren,
dann spürt man gleich: Das ist ihr Element.
Der rollt die Augen, rudert mit den Händen -
dass Hörern kalt es übern Rücken kriecht,
das Dichterwort verkrallt sich in den Wänden …
Verpönt ist bloß, was sehr nach unfein riecht.
Vom Himmel holt der Mann die güldnen Sterne,
die Liebe ist's, die ihn zum Schmelzen bringt.
Beschwört sehr eindrucksvoll dann die Moderne,
das Publikum begreift gebannt: Er ringt!
Um jedes Wort, es brennt ihm auf der Seele!
Er girrt, er flüstert, sehr geheimnisvoll,
ein spitzer Schrei entfleucht gar seiner Kehle.
Er gleicht beinahe nun dem Gott Apoll.
Noch sind die letzten Verse am Verhallen,
berauscht saugt er der Seelenklänge Duft.
Erschöpft lässt er sich in den Sessel fallen,
er ringt mit sich und schwer nach Atemluft.
Nun ja, den Herrenwitz am guten Ende,
den kleinen Spaß, den hat er immer drauf.
Dann kommt die Bitte um die Eintrittsspende,
ein Bücherstapel wartet auf Verkauf.
Grandios der Abend, wieder mal gelungen!
Der Beifall tost. O welch ein Publikum!
Der Dichter dankt gerührt mit Engelszungen.
Die Welt der Dichtung – sein Elysium!
Dichterlesung
Rita hat geschrieben: Alles, was es an wirklicher Kultur in Brandenburg gab, ist ja seit 1990 beseitigt worden.
Ach, daher weht der Wind!

Und passt der Ausdruck "von Apoll Auserwählte" nicht eher auf Figuren wie Peter Hacks und Stephan Hermlin, die vor der Wende sicherlich auch mal die brandenburgische Dorfkultur bereicherten? Uwe Tellkamp hat sie in seinem "Turm" zur Figur des Eduard Eschschloraque, "König der Zierfische", verschmolzen - eine Satire, die mir zu treffen scheint und die auch überprüfbar ist - weil beider Werke öffentlich zugänglich sind.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
Ach, wir sind jetzt in der Schule. Ich kann mich noch erinnern an die Satire, die wir dort gelesen haben. Das war „Candide“ von Voltaire. Davor wurde mir gesagt, Voltaire wäre ein Scharfsinniger mit Esprit. Fand den Text auch okay, bis ich dann erfuhr, dass er Leibniz fehlverstanden hatte, und Voltaire quasi sich über seine eigene Dummheit ausließ. Den Text finde ich trotzdem noch okay, allerdings nun mit etwas bitterem Beigeschmack. Nunja, wer nimmt die Dichtung schon todernst, vielleicht der Dichter selbst. Joor mei.
LG Kurt
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so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)
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