Dämmerung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 29.01.2007, 22:13

Version 6 (auch meine neue Lieblingsversion)


Dämmerung


Himmel schlüpfen ins sternlöchrige Nachtgewand
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Strandhafer wispert Schlaflieder
Farben verebben

Der Tag atmet aus


Version 5 (meine neue Lieblingsversion mit Vorschlägen von Carl)


Dämmerung


Himmel schlüpfen ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farben verebben

Der Tag atmet
aus



Version 4

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Farben ebben ab

Der Tag atmet aus



Version 3

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farben ziehen sich ebbend zurück

Der Tag atmet aus



Version 2:

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternbestickte Nachtgewand
Der Strandhafer wispert Schlaflieder
Die Wellen setzen die Lichtkronen ab
Die Farben ziehen sich ebbig zurück

Der Tag atmet aus




Version 1:

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Der Strandhafer wispert Schlaflieder
Die Wellen setzen die lichtgischtigen Kronen ab
Die Farben ziehen sich ebbig zurück

Der Tag atmet aus
Zuletzt geändert von Max am 01.02.2007, 19:28, insgesamt 8-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 31.01.2007, 11:08

Hallo,

probier nur mal ein bisschen an der ebben-Zeile:

Farben schwappen zurück
...
Farben entkleiden sich
...
Farben fleißen ins Grau
...
Farben zerfließen ins Grau
...
Farben verlieren ihr Licht
...
Farben versickern
...
Farben fließen ab
...
...
...

Mein Favorit wäre Farben fließen ab, weil das so schön mit dem letzten Vers und dem Meer-Strand-Bild zuvor zusammenklänge.

lg
klara

Max

Beitragvon Max » 31.01.2007, 20:13

Liebe Klara,

die Ebbe ist mir wichtig, "fließen zurück" könnte ich noch mögen, das mit dem Licht beißt sich mit den Lichtkronen, vielleicht versickern .. mein Vorschlag (Nummer 4) wird das Opfer einer Zeile sein :-)

Liebe Grüße und danke fürs Herumprobieren
Max

Max

Beitragvon Max » 31.01.2007, 20:16

Liebe alle,

obwohl Version 3 schon langsam zustimmungsffähig wurde, gibt es nun Version 4 - sie ist nun eine Zeile kürzer, noch 12 Versionen und steht also gar nix mehr da ;-).
Ich lasse vom 1. - 7.2 den Max des Monats unter den 4 Versionen wählen :-).

Liebe Grüße
max

Klara
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Beitragvon Klara » 31.01.2007, 21:35

Hallo Max,

so find ichs schön!
Das mit dem Absetzen der Lichtkronen hab ich ehrlich gesagt erst jetzt kapiert - mir kam dabei aus irgendwelchen Gründen immer eine unanständige Assoziation, die ich mich nicht traute zu erwähnen, weil sie ja nur an mir lag - aber so, wie jetzt Version 4 da steht, find ich das ein sehr schönes Ding!

LG
KLara

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Beitragvon leonie » 31.01.2007, 21:42

Oh, Klara, das ist ja köstlich. Ich war so sehr am Meer, dass mir die Idee nicht in den Sinn kam. Hm, wenn ich die verschiedenen Versionen lese, dann möchte ich mir gerne selber eine kombinieren. Geht das auch, Max?

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 31.01.2007, 21:46

Leonie, bring mich nicht in Versuchung ,-)

Eigentlich wollte ich sagen: So wie jetzt ist es auch optisch schöner, welliger, abebbender. Vielleicht könnte man sogar den Schlussvers zweiteilen, also so:

Der Tag atmet
aus


damit alles zum Ende kleiner wird, aber ich bin mir nicht sicher, ob man den Schlussvers so stark integrieren sollte - erklärt er doch das Bild, spricht perpektivisch und bildlich auf einer anderen Ebene.

lg
klara

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Beitragvon leonie » 31.01.2007, 21:48

Nein, nein, Klara, ich schweige wie ein Grab,

kichernde Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 01.02.2007, 10:56

Liebe Leonie,

na, ich wäre auf Deine Version gespannt.

das scheint mir überhaupt ein spannendes Projekt. Ich gebe ein paar Wörter vor und jeder macht daraus sein Lieblingsgedicht :-).

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon carl » 01.02.2007, 11:25

Lieber Max,

ich würde nicht auf die Lichtkronen verzichten (vielleicht verrät mir Klara ja ihre Assoziationen per PN? ;-)).
Dass sie Dir besser gefallen, als die Gischtkronen ist kein Thema.
Allerdings ist Deine Argumentation falsch (sorry, Dir als Mathematiker muss ich das zumuten):
Es kommt nicht darauf an, wass ich weiß, sondern, was ich sehe/empfinde.
Da ist das Meeres am Abend, dunkler als der Himmel, zuletzt sind nur noch die blendend weißen Gischtkronen zu sehen, dann nichts mehr.
Soweit stimmen wir hoffentlich überein?
Dass die Gischt immer noch da ist, weiß ich, nur, ich sehe sie nicht mehr.
Das wäre jetzt spitzfindig, wenn ich nicht vermuten würde, dass Du eine Möglichkeit der Wahrnehmung noch gar nicht bedacht hast. Deine Gedichtswahrnehmung ist mit dem Strandhafer nicht nur optisch, und in der phonetischen Verwandschaft von Licht und Gischt stört der Zischlaut:
Das Meer ebbt auch akustisch ab.
Willst Du auf diese Synästhesie verzichten?
In der 1. Version hattest Du sie noch drin...
Dann bliebe die Frage, ob Du dem Leser zutraust, dass er mit Gischt Weiße und Licht assoziiert, oder ob Du lieber auf Nummer Sicher gehen willst...
Ich entnehem Deiner 4. Version, dass Du mit ebbig und ebbend nicht zufrieden bist.
Kann ich verstehen.
Auch dass Du nicht zweimal mit ab enden willst, aber die Beziehung zum Meer behalten:
Die Farben verebben
Der Tag atmet aus.

Noch was zu den Artikeln:
Der bestimmte Artikel macht aus dem Subjekt des Satzes auch das Subjekte des Handelns, hier und jetzt. Ohne Artikel kommt m.E. eine größere Distanz zum Geschehen rein, die Subjekte der Sätze werden zu Objekten des Betrachters. So etwa in dem Sinne:
"Was nimmst du wahr?" "Die Farben verebben langsam."
"Was waren deine wichtigsten Erlebnisse?" "Zu sehen, wie Farben verebben."
Die vielen "der-die-das" Satzanfänge kann man natürlich als statisch empfinden, sie bringen aber auch die Ruhe im Blick auf den Schlussatz.
Wenn Du Dich für eine Seite entscheidest, dann überlege, ob du auch dem Himmel seinen Artikel nehmen willst (Dämmrung will die Flügel spreiten, wird uns alsobald verlassen..., geht doch!) und lass nur dem einzigen Akteur seinen, dem Tag.

LG, Carl

Max

Beitragvon Max » 01.02.2007, 14:01

Lieber Carl,

für diese sensible Analyse danke ich Dir sehr. Sie macht mein Gedicht tiefer als ich es hätte hoffen dürfen. "verebben" ist ein genialer Vorschlag - den werde ich annehmen. Auch dem Himmel den Artikel klauen. Das wird Version 5 und ich denke meine Endfasung.

Herzlichen Dank
Max

Max

Beitragvon Max » 01.02.2007, 14:04

PS: Das lichtgischte macht mich noch unsicher ... ich kann mit Licht Gischt assoziieren, aber ich habe es eben auch geschrieben ... hmmmmm

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Beitragvon Lisa » 01.02.2007, 14:22

Lieber Max,
ich habe dann noch einen Vorschlag, da ich es schon ungewöhnlich finde, dem Himmel seinen Artikel zu nehmen, nämlich: Setz ihn doch einfach in den Plural?

Den Umbruch am Ende finde ich nicht so schön, wie in deiner Erstfassung, zu stockend, gerade entgegen dem Atmen.

(carl, deine Analyse ist trotzdem toll und recht hast du die kronen zurückzufordern!)

Himmel schlüpfen ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farben verebben

Der Tag atmet aus
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 01.02.2007, 14:26

Liebe Lisa,

danke, habe ich gleich gemacht ... wenn man euch nur 10 Wöter gibt, macht ihr gleich 100 gedichte draus, toll :-)

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 01.02.2007, 15:44

Lieber max,

ist es nicht das, was Du an uns schätzt? :-)

Also, meine Version käme Deiner dritten sehr nah, würde aber möglicherweise das "sternlöchrig" durch ein anderes Wort ersetzen.

Liebe Grüße

leonie


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