Hagerose, Hundsrose, Heckenrose,
von den Wegelagerern bist du mir die Liebste;
du bestichst durch die Schlichtheit einer
Königin Mutter!
Während Flieder, Rotdorn und Heckenkirsche
früh schon ihre Blüten verschenken,
hangelst du noch heimlich höher in alte Eichen,
häkelst in Zäunen.
Hab dich selbst auf staubigem Bahndamm angetroffen,
über karge Viehweiden wachst du,
wenn die Junisonne sich wendet,
Ländlichschönste der Blumen.
Manchen Feldweg hältst du versperrt,
doch jeden Tropfen Blut, den du mir genommen,
gibst du zurück nach klirrendem Frost,
wenn weich dein Buttenmark zergeht.
Einmal fand ich in deinen Zweigen
wirre Knollen, herbe struppige Äpfel,
die ich unters Kissen legte -
da wuchs die Hecke riesengroß.
(Zeichensetzung nachträglich ergänzt)
An die Heckenrose
Wenn du von deinen Lesern das Erspüren eines sapphischen Rhythmus erwartest, fürchte ich, dass du zuviel von ihnen verlangst.
Da ist sicher was dran. Ich wollte aber eigentlich nur, dass sie einen gewissen ruhig schreitenden Rhythmus bemerken - im Gegensatz zur reinen Prosa, bei der die Metrik überhaupt keine Rolle spielt. Catrins Gedicht finde ich ausgesprochen gelungen. Auch ich wäre hier sicher nicht auf Ode gekommen, dennoch gefällt mir die ruhig dahinfließende Sprache darin.
Kann man deine Oden hier auch lesen? Gibts hier überhaupt eine Funktion wie "Topics des Users", oder haben das nur die, die sich selbst eine Werksliste erstellen?
Hallo, Lyrillies (interessanter Name!),
ich versteh, was du meinst, du möchtest mehr Leidenschaft, Inbrunst, Pathos. Ist sicher Geschmackssache oder hängt von der jeweiligen Gemütsverfassung ab. Ich bin mit sowas immer sehr vorsichtig, da es schnell in eine Parodie abgleiten kann. Die Heckenrose ist keine Edelrose, keine grellfarbige Blume. Ich fand daher die eher leisen Töne passend, um sie zu besingen. Freut mich, dass du die Motive darin magst.
Hallo, Fux,
das klingt sehr interessant, was du mir von dem Gedicht aus alten Pflanzennamen erzählst! Wo kann ich das nachlesen? Auch das Gedicht über die Hagebuttenlaterne interessiert mich (ist aber wahrscheinlich auf Englisch?).
Viele Grüße
fenestra
(Bin ab morgen ein paar Tage offline, nicht denken, dass ihr mich schon vergrault habt .... ganz im Gegenteil, freu mich sehr über die nette Aufnahme hier!)
Hallo fenestra,
unter jedem posting findest du den Button "Profil". Wenn du draufklickst, kannst du unten rechts die von dem Mitglied gestarteten Themen sehen und dich dann da durchlesen.
Saludos
Gabriella
Gibts hier überhaupt eine Funktion wie "Topics des Users", oder haben das nur die, die sich selbst eine Werksliste erstellen?
unter jedem posting findest du den Button "Profil". Wenn du draufklickst, kannst du unten rechts die von dem Mitglied gestarteten Themen sehen und dich dann da durchlesen.
Saludos
Gabriella
Hallo fenestra,
ich habe das buch herman de vries, chance and change, trotz dem titel deutsch, gebraucht bezogen.
seamus heaney, die hagebuttenlaterne gibt es vierzig cent bei amazon,
mein eigenes exemplar finde ich gerade nicht.
habe häufig das problem, weil ich einfach zu viele bücher habe...
de vries richtet seine ganze kunst an pflanzen aus,
viele grüße
fux
ich habe das buch herman de vries, chance and change, trotz dem titel deutsch, gebraucht bezogen.
seamus heaney, die hagebuttenlaterne gibt es vierzig cent bei amazon,
mein eigenes exemplar finde ich gerade nicht.
habe häufig das problem, weil ich einfach zu viele bücher habe...
de vries richtet seine ganze kunst an pflanzen aus,
viele grüße
fux
Hallo fenestra,
nunja, Pathos. So kann man es wohl nennen. Eigentlich mag ich davon auch nicht zu viel haben - ich glaube aber das es für diese ausformulierte Form besser wäre, das stimmt. Wenn du aber die zarten Töne behalten möchtest, die ja sehr schön sind, dann würde ich ebenfalls sagen, dass eine Verdichtung deinem Werk gut täte.
Kommt für mich also ganz darauf an wie du es formulierst.
Liebe Grüße,
Ellie
nunja, Pathos. So kann man es wohl nennen. Eigentlich mag ich davon auch nicht zu viel haben - ich glaube aber das es für diese ausformulierte Form besser wäre, das stimmt. Wenn du aber die zarten Töne behalten möchtest, die ja sehr schön sind, dann würde ich ebenfalls sagen, dass eine Verdichtung deinem Werk gut täte.
Kommt für mich also ganz darauf an wie du es formulierst.
Liebe Grüße,
Ellie
Hallo fenestra,
erst einmal herzlich Willkommen im Blauen!
Dieses Gedicht besticht für mich haupstächlich durch Rhythmus und Klang. (Zur Odenproblematik kann ich nichts sagen, davon habe ich keine Ahnung.
Ich kann nur nach meinem Hörgefühl gehen.) Es bleibt nicht bei der reinen Naturbetrachtung, sondern lässt auch eine zweite persönliche, übertragene Ebene durchscheinen, die im Verlaufe des Gedichtes immer stärker wird, bis man unterm Kissen lande. .gif)
Das gefällt mir sehr, vor allem auch die letzte Strophe.
Der Einstieg erzeugt einen „magischen“ Klang, wie ein alter Zauberspruch, es hat etwas Märchenhaftes, was sich dann in der letzten Zeile auch wieder findet.
Einzig diese Strophe scheint mir noch nicht ganz rund:
Klanglich würde ich eher lesen wollen:
Hab selbst zwischen staubigen Gleisen dich gesehen
angetroffen an kargen Viehweiden wachend
wenn die Junisonne sich wendet
...
Die letzte Zeile empfinde ich als Schwächung und Widerspruch zur „Königin Mutter“ und sie erzählt mir auch nichts Neues. Da würde ich mir etwas bildlicheres analog dem struppigen Apfel oder dem Buttenmark wünschen, vielleicht etwas Regenschwere, oder ein Nest darin...
auch hier würde ich umstellen wollen
gibst du nach klirrendem Frost zurück
Beim Titel könnte ich mir etwas Freieres vorstellen, so nimmt er aus meiner Sicht der ersten Zeile an Wirkungskraft und es klingt mir auch zu nüchtern, wie eine Adressierung. („Wo ich dich finde“ fiel mir spontan ein.)
Vielleicht ist etwas für dich dabei.
(:o) Und für mich braucht es auf keinen Fall mehr pathetischen Anstrich, ich mag diese leisen und natürlichen Töne, und finde sie hier auch sehr passen. Und ich würde auch nicht verdichten und keine Prosa daraus machen wollen.)
edit: Die Zeichensetzung am Ende der Zeilen empfinde ich, bis auf den Gedankenstrich und das Ausrufezeichen als optisch störend und würde daher lieber auf sie verzichten wollen.
liebe Grüße
Flora
erst einmal herzlich Willkommen im Blauen!
Dieses Gedicht besticht für mich haupstächlich durch Rhythmus und Klang. (Zur Odenproblematik kann ich nichts sagen, davon habe ich keine Ahnung.

.gif)
Das gefällt mir sehr, vor allem auch die letzte Strophe.
Der Einstieg erzeugt einen „magischen“ Klang, wie ein alter Zauberspruch, es hat etwas Märchenhaftes, was sich dann in der letzten Zeile auch wieder findet.
Einzig diese Strophe scheint mir noch nicht ganz rund:
Hab dich selbst auf staubigem Bahndamm angetroffen,
über karge Viehweiden wachst du,
wenn die Junisonne sich wendet,
Ländlichschönste der Blumen.
Klanglich würde ich eher lesen wollen:
Hab selbst zwischen staubigen Gleisen dich gesehen
angetroffen an kargen Viehweiden wachend
wenn die Junisonne sich wendet
...
Die letzte Zeile empfinde ich als Schwächung und Widerspruch zur „Königin Mutter“ und sie erzählt mir auch nichts Neues. Da würde ich mir etwas bildlicheres analog dem struppigen Apfel oder dem Buttenmark wünschen, vielleicht etwas Regenschwere, oder ein Nest darin...
gibst du zurück nach klirrendem Frost,
auch hier würde ich umstellen wollen
gibst du nach klirrendem Frost zurück
Beim Titel könnte ich mir etwas Freieres vorstellen, so nimmt er aus meiner Sicht der ersten Zeile an Wirkungskraft und es klingt mir auch zu nüchtern, wie eine Adressierung. („Wo ich dich finde“ fiel mir spontan ein.)
Vielleicht ist etwas für dich dabei.
(:o) Und für mich braucht es auf keinen Fall mehr pathetischen Anstrich, ich mag diese leisen und natürlichen Töne, und finde sie hier auch sehr passen. Und ich würde auch nicht verdichten und keine Prosa daraus machen wollen.)
edit: Die Zeichensetzung am Ende der Zeilen empfinde ich, bis auf den Gedankenstrich und das Ausrufezeichen als optisch störend und würde daher lieber auf sie verzichten wollen.
liebe Grüße
Flora
Liebe Flora - Nomen est Omen - daher freue ich mich besonders, dass du meine Rose näher angeschaut hast und dir das Märchenhafte daran gefällt!
Die Zeile "Ländlichschönste der Blumen" ist ein Verweis auf die Ode "Heidelberg" von Hölderlin. Die erste Strophe lautet:
"Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,
Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,
Du, der Vaterlandsstädte
Ländlichschönste, so viel ich sah."
Hölderlin verwendet aber eine etwas andere Metrik.
Deine anderen Vorschläge sind sicher bedenkenswert, da sie in den Text nicht zu sehr eingreifen. Über die Umstellung in der Frost-Zeile habe ich lange nachgedacht, möchte aber doch den Frost am Ende stehen lassen, wegen des Kontrastes zum Buttenmark in der nächsten Zeile (hart - weich).
Oden werden üblicherweise einfach mit "An die ... " benannt, aber es gibt eigentlich keinen Grund, sich an diese tatsächlich eher langweilig-vorwegnehmende Etikettierung zu halten. Höchstens den, dass es ein Fingerzeig an die Leser sein könnte: Achtung, Ode! Allerdings hat man hier ja gesehen, dass es nix genützt hat, weil Oden in der zeitgenössischen Lyrik kaum noch gebräuchlich sind (mir fällt nur Urs Allemann ein, der wirklich moderne Oden geschrieben hat).
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich werd mal über einen anderen Titel nachdenken!
Liebe Gabriella, danke für den Hinweis, es ist ja wirklich ganz einfach!
Viele Grüße
fenestra (wieder im Netz!)
Die Zeile "Ländlichschönste der Blumen" ist ein Verweis auf die Ode "Heidelberg" von Hölderlin. Die erste Strophe lautet:
"Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,
Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,
Du, der Vaterlandsstädte
Ländlichschönste, so viel ich sah."
Hölderlin verwendet aber eine etwas andere Metrik.
Deine anderen Vorschläge sind sicher bedenkenswert, da sie in den Text nicht zu sehr eingreifen. Über die Umstellung in der Frost-Zeile habe ich lange nachgedacht, möchte aber doch den Frost am Ende stehen lassen, wegen des Kontrastes zum Buttenmark in der nächsten Zeile (hart - weich).
Oden werden üblicherweise einfach mit "An die ... " benannt, aber es gibt eigentlich keinen Grund, sich an diese tatsächlich eher langweilig-vorwegnehmende Etikettierung zu halten. Höchstens den, dass es ein Fingerzeig an die Leser sein könnte: Achtung, Ode! Allerdings hat man hier ja gesehen, dass es nix genützt hat, weil Oden in der zeitgenössischen Lyrik kaum noch gebräuchlich sind (mir fällt nur Urs Allemann ein, der wirklich moderne Oden geschrieben hat).
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich werd mal über einen anderen Titel nachdenken!

Liebe Gabriella, danke für den Hinweis, es ist ja wirklich ganz einfach!
Viele Grüße
fenestra (wieder im Netz!)
Hallo Fenestra,
Deine Ode an die Heckenrose hat mich gleich zu Beginn als "ländlichschönste" bestochen. Das Gedicht ist in sich schlüssig und ich konnte es weitgehend nachvollziehen. Die Heckenrose, die du siehst und andichtest, also deine spezifische Heckenrose wird deutlich sichtbar. Das einzige Element, das mich befremdet hat, war die "Königin Mutter". Zu der fehlt mir der Bezug. Ich fand sehr schön, wie du Zitate und Anspielungen eingebaut hast.
Ich habe bei Flora gesehen, dass sie eine deiner Gedichtstrophen zentriert dargestellt hat und fand, dass es zu deinem Text passt. Er würde dann so aussehen : (nur zwei Verse, als Beispiel:) - habs nicht geschafft, zentriert darzustellen ... schade)
Hagerose, Hundsrose, Heckenrose,
von den Wegelagerern bist du mir die Liebste;
du bestichst durch die Schlichtheit einer
Königin Mutter!
Während Flieder, Rotdorn und Heckenkirsche
früh schon ihre Blüten verschenken,
hangelst du noch heimlich höher in alte Eichen,
häkelst in Zäunen.
Ein Zusatzgedanke kam mir während des Lesens: bei Heckenrose muss ich immer an das gleichzeitig rührende und schockierende Goethe-Gedicht denken. Seither ist die Heckenrose für mich ein Symbol zerstörten "Mädchentums" (sorry, finde kein besseres Wort) geworden. Wie ist das für dich?
Eine grundsätzliche Frage betrifft die Wortwahl : du verwendest eine besonders ausdrucksstarke Hochsprache. Schreibst du auch in anderen Sprachebenen? Was denkst du über den EInsatz anderer sprachlicher Mittel?
Es war aufschlussreich für mich, dein Gedicht etwas genauer zu betrachten. Nach den vielen anderen Kommentaren blieb nicht viel Neues zu sagen, ich hoffe noch im Rahmen deiner Thematik die eine oder andere Idee gefunden zu haben.
lG
Renée
Deine Ode an die Heckenrose hat mich gleich zu Beginn als "ländlichschönste" bestochen. Das Gedicht ist in sich schlüssig und ich konnte es weitgehend nachvollziehen. Die Heckenrose, die du siehst und andichtest, also deine spezifische Heckenrose wird deutlich sichtbar. Das einzige Element, das mich befremdet hat, war die "Königin Mutter". Zu der fehlt mir der Bezug. Ich fand sehr schön, wie du Zitate und Anspielungen eingebaut hast.
Ich habe bei Flora gesehen, dass sie eine deiner Gedichtstrophen zentriert dargestellt hat und fand, dass es zu deinem Text passt. Er würde dann so aussehen : (nur zwei Verse, als Beispiel:) - habs nicht geschafft, zentriert darzustellen ... schade)
Hagerose, Hundsrose, Heckenrose,
von den Wegelagerern bist du mir die Liebste;
du bestichst durch die Schlichtheit einer
Königin Mutter!
Während Flieder, Rotdorn und Heckenkirsche
früh schon ihre Blüten verschenken,
hangelst du noch heimlich höher in alte Eichen,
häkelst in Zäunen.
Ein Zusatzgedanke kam mir während des Lesens: bei Heckenrose muss ich immer an das gleichzeitig rührende und schockierende Goethe-Gedicht denken. Seither ist die Heckenrose für mich ein Symbol zerstörten "Mädchentums" (sorry, finde kein besseres Wort) geworden. Wie ist das für dich?
Eine grundsätzliche Frage betrifft die Wortwahl : du verwendest eine besonders ausdrucksstarke Hochsprache. Schreibst du auch in anderen Sprachebenen? Was denkst du über den EInsatz anderer sprachlicher Mittel?
Es war aufschlussreich für mich, dein Gedicht etwas genauer zu betrachten. Nach den vielen anderen Kommentaren blieb nicht viel Neues zu sagen, ich hoffe noch im Rahmen deiner Thematik die eine oder andere Idee gefunden zu haben.
lG
Renée
Liebe fenestra,
ich komme in diesem langen Thread nicht dazu, noch einen sinnvollen (das heißt anschließenden) Kommentar zu schreiben, aber ich wollte doch kurz hinterlassen, dass auch mir der Text sehr gut gefallen hat. So gut, dass ich ihn gewählt habe.
Wir treffen uns sicher einmal in Ausführlichkeit irgendwo .-)
liebe Grüße,
Lisa
ich komme in diesem langen Thread nicht dazu, noch einen sinnvollen (das heißt anschließenden) Kommentar zu schreiben, aber ich wollte doch kurz hinterlassen, dass auch mir der Text sehr gut gefallen hat. So gut, dass ich ihn gewählt habe.
Wir treffen uns sicher einmal in Ausführlichkeit irgendwo .-)
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Renée,
es freut mich, dich hier zwischen den Rosen und Dornen zu sehen! ;)
Erstmal zur Königin Mutter: Die Rose wird oft als Königin der Blumen bezeichnet, damit ist natürlich die Edelrose gemeint. Die ist aber als Züchtung aus der schlichteren wilden Heckenrose hervorgegangen. Letztere ist also die "Königin Mutter".
In Floras Beitrag sehe ich keine zentrierte Strophe, aber hier scheinen manchmal die Ansichten je nach Computer zu variieren. Mit dem Zentrieren ist das so eine Sache. Ich mache das eigentlich nicht so gern, weil es mich beim Lesen stört, immer an einen anderen Ausgangspunkt zurück springen zu müssen. Höchstens bei kurzen, relativ gleich langen Zeilen oder wenn sich ein symmetrisches Muster ergibt, das den Inhalt unterstreicht, zentriere ich mal einen Text. Hier kommt noch dazu, dass es eine Ode ist. Wie ferdi andernorts bemerkt hat, wäre es eher üblich, die letzten beiden Zeilen pro Strophe einzurücken.
Welches Gedicht von Goethe meinst du denn? Das Heideröslein ("Sah ein Knab ...")? Du hast recht, auch das wird die Heckenrose gewesen sein.
Die eher gehobene Sprachebene habe ich gewählt, weil ich fand, dass sie hier zum Inhalt passt. Ich versuche, bei jedem Gedicht die Sprache passend zum Gesamtkonzept zu wählen, auch mal experimentell, mal mit Wortneuschöpfungen, oft aufgrund von Klang und Rhythmus. Eine Hochsprache, die altmodisch klingen könnte, versuche ich eher zu vermeiden.
Liebe Laura, liebe ELsa,
mir ging es bei einigen Texten, die ich spät entdeckte, ähnlich: Viele Diskussionen sind so umfassend, dass man nicht mehr weiß, wie man sich sinnvoll einbringen könnte (spricht eindeutig für dieses Forum!). Danke, dass ihr trotzdem noch in der Rosenhecke vorbeigeschaut habt!
Liebe Grüße
fenestra
es freut mich, dich hier zwischen den Rosen und Dornen zu sehen! ;)
Erstmal zur Königin Mutter: Die Rose wird oft als Königin der Blumen bezeichnet, damit ist natürlich die Edelrose gemeint. Die ist aber als Züchtung aus der schlichteren wilden Heckenrose hervorgegangen. Letztere ist also die "Königin Mutter".
In Floras Beitrag sehe ich keine zentrierte Strophe, aber hier scheinen manchmal die Ansichten je nach Computer zu variieren. Mit dem Zentrieren ist das so eine Sache. Ich mache das eigentlich nicht so gern, weil es mich beim Lesen stört, immer an einen anderen Ausgangspunkt zurück springen zu müssen. Höchstens bei kurzen, relativ gleich langen Zeilen oder wenn sich ein symmetrisches Muster ergibt, das den Inhalt unterstreicht, zentriere ich mal einen Text. Hier kommt noch dazu, dass es eine Ode ist. Wie ferdi andernorts bemerkt hat, wäre es eher üblich, die letzten beiden Zeilen pro Strophe einzurücken.
Welches Gedicht von Goethe meinst du denn? Das Heideröslein ("Sah ein Knab ...")? Du hast recht, auch das wird die Heckenrose gewesen sein.
Die eher gehobene Sprachebene habe ich gewählt, weil ich fand, dass sie hier zum Inhalt passt. Ich versuche, bei jedem Gedicht die Sprache passend zum Gesamtkonzept zu wählen, auch mal experimentell, mal mit Wortneuschöpfungen, oft aufgrund von Klang und Rhythmus. Eine Hochsprache, die altmodisch klingen könnte, versuche ich eher zu vermeiden.
Liebe Laura, liebe ELsa,
mir ging es bei einigen Texten, die ich spät entdeckte, ähnlich: Viele Diskussionen sind so umfassend, dass man nicht mehr weiß, wie man sich sinnvoll einbringen könnte (spricht eindeutig für dieses Forum!). Danke, dass ihr trotzdem noch in der Rosenhecke vorbeigeschaut habt!
Liebe Grüße
fenestra
hallo Fenestra!
ich möchte etwas allgemeineres zu deiner dichtung sagen, beziehe mich hier also auf mehrere texte, und stelle es als kommentar bei diesem unter, weil er mir am besten gefällt!
die form von Ode an die Heckenrose finde ich gelungen. ich sehe keine notwendigkeit, das versmaß in allen details durchzuführen, wenn es im einzelnen vers gründe gibt, von ihm abzuweichen. es ist erkennbar und in vielleicht ein/zwei strophen perfekt durchgeführt. als hommage an das zugrunde liegende muster.
im idealfall sollte sich das maß beim lauten lesen von selbst durchsetzen. das ist de facto unerreichbar. deswegen kann man ein bisschen nachhelfen (aber nur ein bisschen!)
diese eher formalen kriterien erfüllt deine Ode (für meine bedürfnisse, ich bin da kein perfektionist).
deine erste lesung gefällt mir.
die 2. zeigt ein missverständnis. aber erst das inhaltliche.
zum inhaltlichen ist von den andern kommentatoren schon alles gesagt worden. eher als die hommage an hölderlin fällt die märchenhafte 2. bedeutung der bilder auf. besonders das dornröschenmotiv (rose, stich, schlaf, überwuchert-werden).
damit hält diese Ode die balance zwischen der liebevollen schilderung der lebensumstände von rosa canina bzw. rugosa und meiner forderung, das lyrische ich solle das äußere schicksal persönlich nehmen.
aber nur in der wahrnehmung des lesers!
Anmerkung: das "nur" ist hier sachlich nicht richtig: ich wusste nicht, dass die letzte zeile des kinderliedes sich ausdrücklich auf dornröschen bezieht!
denn beim vorlesen wird deutlich, dass du im traum nicht an den doppelten boden deines gedichtes denkst. es geht tatsächlich "nur" um rosa canina.
na, das ist wohl eher zweifelhaft. bleibt zwar die tatsache, dass mehrere leser die lesung selbst als entmytifizierung erlebt haben. aber auf die berechtigte frage von Fenestra, wie man das besser machen kann, habe ich auch keine antwort.
deshalb bringt die 2. lesung nix. mit "alte eiche" ist eine alte eiche gemeint, also kein anlass zu geheimnisvollem raunen bei "heimlich".
Flora ist das besonders stark aufgefallen, aber nicht nur ihr.
trozdem. ein dichter sagt manchmal mehr, als er glaubt.
deshalb gefällt mir diese Ode.
aber deutlich wird das problem in Insel Odem: hier tritt gleich gar kein lyrisches ich auf.
sehr schön beobachtet und beschrieben, aber wozu alkäisch? würde ein wissenschaftler fragen.
so spannend, wie einer düne beim wandern zuzuschauen, aber sehr schön alkäisch. würde ich sagen.
natürlich darf man das. wer sollte verbieten, küchenrezepte oder interessante naturphänomene in versmaße zu bringen?
die frage ist umgekehrt: wozu sollte man?
wenn die Ode für alles gleich gültig ist, zeigt sich darin (für mich jedenfalls) unwiederruflich ihr ende.
eigentlich sollte ich jetzt und hier enden. aber da du mich a.a.o gefragt hast, was ich denn von dir wüsste oder zu wissen glaubte, will ich das nicht unbeantwortet lassen.
ein dichter sagt mehr, als er denkt. auch von sich.
dazu möchte ich andere gedichte von dir zu rate ziehen. auch solche, die nicht hier im salon veröffentlicht sind.
ich meine jetzt ein gedicht, wo es um die schlaflosigkeit geht und das vom vergleich mit Durchwachte Nacht von der Droste-Hülshoff lebt, und das ich hier Durchwacht nenne.
die frage der Droste O wunderliches Schlummerwachen, bist/ Der zarten Nerve Fluch du oder Segen? greift das Lyr-ich in Durchwacht auf als schlusssatz: Auf deine Frage: Fluch... / und nicht Segen.
dabei übersieht dieses lyr-ich völlig, dass die Droste der frage nachgeht, woher die inspiration des dichters kommt.
dass im gegensatz zu Durchwacht, wo im linearen zeitablauf die probleme ... im kreise gehen, hier eine dramatische entwicklung stattfindet, die im erscheinen des kindes gipfelt.
beide gedichte beginnen mit der beschreibung der äußeren begleitumstände, den nächtlichen geräuschen, der stimmung, etc.
die Droste flicht nicht nur selbstbeobachtungen in den ablauf (geisterstunde, mondaufgang) ein:
O Nachtigall, das ist kein wacher Sang,/ Ist nur im Traum gelöster Seele Drang.
sie überspielt den äußeren in einen inneren prozess:
der aufgehende mond (abnehmend, der nachen über den Styx) projiziert das fenster mit dem schwanken Laubgewimmel und den Fünkchen der Glühwürmer auf das bett des lyr-ichs!
ab jetzt geht es innen weiter:
Jetzt möcht ich schlafen, schlafen gleich,/ Entschlafen unterm Mondeshauch,/ Umspielt von flüsterndem Gezweig,/ Im Blute Funken, Funk' im Strauch,
Entschlafen unterm Mondeshauch bedeutet hier eben den zustand, in dem die imagination der dichterin anspringt!
und dann taucht es auf, das innere kind:
Gleich Feuerwürmchen seh ich Augen glühen,/ Dann werden feucht sie, werden blau und lind,/ Und mir zu Füßen sitzt ein schönes Kind.
ich will das kind jetzt nicht deuten. Und selig kämpft verschämter Liebe ringen bzw. Die Seele strömend aus dem Blick könnten auf der Drostes große liebe weisen, den 17 jahre jüngeren Levin Schücking. ihn spricht sie z.b. in einem brief von 1844 mit "Hör' Kind" an.
jedenfalls sind die großen themen der himmel, die liebe und das grab reichlich vertreten. und die frage, in welchem bereich ein dichter fischen muss um in kontakt mit ihnen zu kommen.
das tagesbewusstsein von Durchwacht ist es jedenfalls nicht.
diese themen fehlen in Durchwacht völlig. die tragödie bleibt draußen, beim kleinen volk: der paarungsruf des einsamen frosches verhallt ungehört, weil ein bagger seine artgenossen während des winterschlafs alle umgebracht hat. das lyr-ich hat ein verpasstes date (einladung zur disco) zu beklagen und erspart uns den rest.
damit ist Durchwacht sicherlich auf der höhe der zeit.
aber es ist schon krass, wie in der vorletzten strophe die innere lage der droste so völlig verfehlt wird.
aber immerhin bezieht sich das gedicht in jovialer manier darauf!
ob das systematisch ist oder ein lapsus, der uns allemal passiert, sei dahingestellt.
auffällig bleibt, dass das das kleine volk in flora & fauna mit kenntnisreichtum, liebe, genauigkeit, bildhaftigkeit und originalität beschrieben wird.
ich bin hell auf begeistert!!!
solange das eigene selbst nicht involviert ist.
aber der dichter sagt mehr, als er weiß. in einem fall, zu dem das lyr-ich wahrscheinlich sagen würde: wieso? das ist doch nur die alljährliche frühjahrsüberschwemmung?, wird das naturstück perfekt.
und gibt einen hinweis für die evtl. nötige innere arbeit, zugunsten des werkes.
das liest sich dann so:
Rücklings im Boot
der Fluss umschmeichelt
mit seidigem Faltenwurf meine Hand
aus dem Schilf steigt ein Libellentandem auf
.....
vergessen der letzte sturm
unter den teppich gekehrt alles Umhertreibende
unter den wurzelteppich der weiden
dicke Moosbandagen umhüllen
die geborstenen Stämme
stell den Motor aus - hörst du
sie leise ächzen?
ich finde das wunderbar!
ich möchte etwas allgemeineres zu deiner dichtung sagen, beziehe mich hier also auf mehrere texte, und stelle es als kommentar bei diesem unter, weil er mir am besten gefällt!
die form von Ode an die Heckenrose finde ich gelungen. ich sehe keine notwendigkeit, das versmaß in allen details durchzuführen, wenn es im einzelnen vers gründe gibt, von ihm abzuweichen. es ist erkennbar und in vielleicht ein/zwei strophen perfekt durchgeführt. als hommage an das zugrunde liegende muster.
im idealfall sollte sich das maß beim lauten lesen von selbst durchsetzen. das ist de facto unerreichbar. deswegen kann man ein bisschen nachhelfen (aber nur ein bisschen!)
diese eher formalen kriterien erfüllt deine Ode (für meine bedürfnisse, ich bin da kein perfektionist).
deine erste lesung gefällt mir.
die 2. zeigt ein missverständnis. aber erst das inhaltliche.
zum inhaltlichen ist von den andern kommentatoren schon alles gesagt worden. eher als die hommage an hölderlin fällt die märchenhafte 2. bedeutung der bilder auf. besonders das dornröschenmotiv (rose, stich, schlaf, überwuchert-werden).
damit hält diese Ode die balance zwischen der liebevollen schilderung der lebensumstände von rosa canina bzw. rugosa und meiner forderung, das lyrische ich solle das äußere schicksal persönlich nehmen.
aber nur in der wahrnehmung des lesers!
Anmerkung: das "nur" ist hier sachlich nicht richtig: ich wusste nicht, dass die letzte zeile des kinderliedes sich ausdrücklich auf dornröschen bezieht!
denn beim vorlesen wird deutlich, dass du im traum nicht an den doppelten boden deines gedichtes denkst. es geht tatsächlich "nur" um rosa canina.
na, das ist wohl eher zweifelhaft. bleibt zwar die tatsache, dass mehrere leser die lesung selbst als entmytifizierung erlebt haben. aber auf die berechtigte frage von Fenestra, wie man das besser machen kann, habe ich auch keine antwort.
deshalb bringt die 2. lesung nix. mit "alte eiche" ist eine alte eiche gemeint, also kein anlass zu geheimnisvollem raunen bei "heimlich".
Flora ist das besonders stark aufgefallen, aber nicht nur ihr.
trozdem. ein dichter sagt manchmal mehr, als er glaubt.
deshalb gefällt mir diese Ode.
aber deutlich wird das problem in Insel Odem: hier tritt gleich gar kein lyrisches ich auf.
sehr schön beobachtet und beschrieben, aber wozu alkäisch? würde ein wissenschaftler fragen.
so spannend, wie einer düne beim wandern zuzuschauen, aber sehr schön alkäisch. würde ich sagen.
natürlich darf man das. wer sollte verbieten, küchenrezepte oder interessante naturphänomene in versmaße zu bringen?
die frage ist umgekehrt: wozu sollte man?
wenn die Ode für alles gleich gültig ist, zeigt sich darin (für mich jedenfalls) unwiederruflich ihr ende.
eigentlich sollte ich jetzt und hier enden. aber da du mich a.a.o gefragt hast, was ich denn von dir wüsste oder zu wissen glaubte, will ich das nicht unbeantwortet lassen.
ein dichter sagt mehr, als er denkt. auch von sich.
dazu möchte ich andere gedichte von dir zu rate ziehen. auch solche, die nicht hier im salon veröffentlicht sind.
ich meine jetzt ein gedicht, wo es um die schlaflosigkeit geht und das vom vergleich mit Durchwachte Nacht von der Droste-Hülshoff lebt, und das ich hier Durchwacht nenne.
die frage der Droste O wunderliches Schlummerwachen, bist/ Der zarten Nerve Fluch du oder Segen? greift das Lyr-ich in Durchwacht auf als schlusssatz: Auf deine Frage: Fluch... / und nicht Segen.
dabei übersieht dieses lyr-ich völlig, dass die Droste der frage nachgeht, woher die inspiration des dichters kommt.
dass im gegensatz zu Durchwacht, wo im linearen zeitablauf die probleme ... im kreise gehen, hier eine dramatische entwicklung stattfindet, die im erscheinen des kindes gipfelt.
beide gedichte beginnen mit der beschreibung der äußeren begleitumstände, den nächtlichen geräuschen, der stimmung, etc.
die Droste flicht nicht nur selbstbeobachtungen in den ablauf (geisterstunde, mondaufgang) ein:
O Nachtigall, das ist kein wacher Sang,/ Ist nur im Traum gelöster Seele Drang.
sie überspielt den äußeren in einen inneren prozess:
der aufgehende mond (abnehmend, der nachen über den Styx) projiziert das fenster mit dem schwanken Laubgewimmel und den Fünkchen der Glühwürmer auf das bett des lyr-ichs!
ab jetzt geht es innen weiter:
Jetzt möcht ich schlafen, schlafen gleich,/ Entschlafen unterm Mondeshauch,/ Umspielt von flüsterndem Gezweig,/ Im Blute Funken, Funk' im Strauch,
Entschlafen unterm Mondeshauch bedeutet hier eben den zustand, in dem die imagination der dichterin anspringt!
und dann taucht es auf, das innere kind:
Gleich Feuerwürmchen seh ich Augen glühen,/ Dann werden feucht sie, werden blau und lind,/ Und mir zu Füßen sitzt ein schönes Kind.
ich will das kind jetzt nicht deuten. Und selig kämpft verschämter Liebe ringen bzw. Die Seele strömend aus dem Blick könnten auf der Drostes große liebe weisen, den 17 jahre jüngeren Levin Schücking. ihn spricht sie z.b. in einem brief von 1844 mit "Hör' Kind" an.
jedenfalls sind die großen themen der himmel, die liebe und das grab reichlich vertreten. und die frage, in welchem bereich ein dichter fischen muss um in kontakt mit ihnen zu kommen.
das tagesbewusstsein von Durchwacht ist es jedenfalls nicht.
diese themen fehlen in Durchwacht völlig. die tragödie bleibt draußen, beim kleinen volk: der paarungsruf des einsamen frosches verhallt ungehört, weil ein bagger seine artgenossen während des winterschlafs alle umgebracht hat. das lyr-ich hat ein verpasstes date (einladung zur disco) zu beklagen und erspart uns den rest.
damit ist Durchwacht sicherlich auf der höhe der zeit.
aber es ist schon krass, wie in der vorletzten strophe die innere lage der droste so völlig verfehlt wird.
aber immerhin bezieht sich das gedicht in jovialer manier darauf!
ob das systematisch ist oder ein lapsus, der uns allemal passiert, sei dahingestellt.
auffällig bleibt, dass das das kleine volk in flora & fauna mit kenntnisreichtum, liebe, genauigkeit, bildhaftigkeit und originalität beschrieben wird.
ich bin hell auf begeistert!!!
solange das eigene selbst nicht involviert ist.
aber der dichter sagt mehr, als er weiß. in einem fall, zu dem das lyr-ich wahrscheinlich sagen würde: wieso? das ist doch nur die alljährliche frühjahrsüberschwemmung?, wird das naturstück perfekt.
und gibt einen hinweis für die evtl. nötige innere arbeit, zugunsten des werkes.
das liest sich dann so:
Rücklings im Boot
der Fluss umschmeichelt
mit seidigem Faltenwurf meine Hand
aus dem Schilf steigt ein Libellentandem auf
.....
vergessen der letzte sturm
unter den teppich gekehrt alles Umhertreibende
unter den wurzelteppich der weiden
dicke Moosbandagen umhüllen
die geborstenen Stämme
stell den Motor aus - hörst du
sie leise ächzen?
ich finde das wunderbar!
Zuletzt geändert von carl am 25.09.2009, 16:03, insgesamt 3-mal geändert.
Nun, also, lieber carl …. ich bin hin- und hergerissen. Hingerissen, weil du nach so viel theoretischer Diskussion über die Ode nun doch noch dein Augenmerk auf meine bescheidenen Odendichtungsversuche lenkst. Hingerissen sicherlich auch, weil du dich für einige meiner übrigen Texte interessierst - und sie überhaupt aufgespürt hast. Hergerissen wiederum in dem Verdacht, dass es dir vor allem darum geht, zu „beweisen“, dass meine Texte deinen „Forderungen“ (an den deiner Meinung nach unabdingbaren Gehalt an „Drama, Liebe, Tod“) nicht genügen. Hergerissen ebenfalls, dass du einen Text verlinkst und hier ausführlich diskutierst, der unter meinem Realnamen im Netz steht. Wenn ich ihn im Blauen Salon besprechen wollte, hätte ich ihn sicherlich hier eingestellt.
In dieser ambivalenten Stimmung zunächst also zur Heckenrose: Du unterstellst, dass mir das Märchenhafte am Text selbst nicht bewusst war. Du glaubst also allen Ernstes, dass ich – ein Zitat aus einem Dornröschenlied einfügend – nicht bemerkt habe, dass sich auch der Stich und der Schlafapfel in dieses Bild fügen? Es ist richtig, dass ich diese Ebene bei der Vertonung und der darauf folgenden Diskussion nicht mehr berücksichtigt habe. Wie will man einen Text lesen und dabei so betonen, dass alle Bedeutungsebenen zum Tragen kommen? Ich fühle mich unwohl, wenn ich beim Lesen bedeutungsschwer und hintergründig klingen soll. Eine Attitüde ist das, wie sie Burckhard Garbe sehr treffend polemisiert:
In meinen mitnichten!
Die Heckenrose war übrigens eine Art Schreibaufgabe. Ein Radiosender rief dazu auf, Rosengedichte einzureichen. Ich nahm mir vor, meinen Text der wilden Rose zu widmen, möglichst weit jenseits des üblichen Edelrose/Liebe-Klischees und schrieb meine erste Ode.
Mit übertriebener Symbolik ist es übrigens nicht anders, als mit naturwissenschaftlichen Bedeutungsebenen in Gedichten: Kaum einer versteht es. Ich habs ausprobiert.
Naturlyrik, sagst du sinngemäß, soll immer eine Spiegelung der eigenen Befindlichkeit sein. Warum? Ich muss sagen, dieses reflexartig Doppelbödige in den meisten Naturgedichten nervt und enttäuscht mich immer wieder. Sind Nachtigall und Weidengeäst, Eiche und Schmetterling denn nur Mittel zum Zweck unserer Selbsttherapie? Ist es denn nichts wert, „nur“ über die Pflanze selbst, das Tier, die Landschaft zu schreiben? Wieso überhaupt „nur“? Ist die Betrachtung eines anderen LebeWESENs in seiner Eigenart, das Sehenlernen, das Wahrnehmen jenseits von Wissenschaft denn so uninteressant und abwegig? Für mich ist dies viel spannender, als die ewig gleiche Selbstbespiegelung, das ewige ich, du, sie und er. Und hat ein Schriftsteller nicht sogar die Pflicht, sich von sich selbst zu lösen und in andere Welten zu versetzen? Bei Romanen mit mehreren Personen ist das natürlich krasser, als in einem Gedicht, aber die Problematik ist prinzipiell dieselbe.
Insel Odem: Warum habe ich hier die Odenform gewählt, obwohl (und dies stellt für dich offenbar ein Problem dar) „gleich gar kein lyrisches ich auftritt“. Die Antwort gibt dir ferdi. Er schrieb mir nämlich:
Danke, ferdi! War eine gute Anregung!
Selbstverständlich. Ganze Armeen von Rezensenten, Interpreten und Lesern lesen in einen Text hinein und wieder heraus (je nach ihrer Vorbildung, ihrem soziokulturellen Hintergrund und ihrem Profilierungswillen), wovon der Autor selbst niemals träumte (auch nicht im Schlummerwachen).
Bei „Durchwachen mit Annette“ („Durchwachen“ bitte, wie Durchmachen … und nicht „Durchwacht“) vermisst du wiederum deine dramatischen Lieblingszutaten „Himmel, Liebe und Grab“ (obwohl es ja gar keine Ode ist. Wirst du diese „Forderung“ jetzt an alle Gedichtformen stellen?). Allerdings hatte ich niemals die Absicht, diese Zutaten hineinzutun. Die Dichterin, das lyrische Ich, ist schlaflos, weil sie von ihren Alltagsproblemen nicht loskommt. Irgendwann meldet sich dann der Körper, die verspannte Schulter, der leere Magen. Das wars. Hier findet eben kein Übergleiten in eine Zwischenwelt statt, weil ich diese Form der „Inspiration“ gar nicht darstellen wollte. Die Rolle der Inspiration beim Schreiben wird gemeinhin überschätzt. Die Arbeit am Material Sprache wird dagegen vernachlässigt. Und Dichterinnen wachen heute anders durch, als früher. Ich möchte hier ganz bewusst entromantisieren, entmystifizieren.
Soll denn jeder lyrische Text eine Tragödie sein, in die Abgründe der menschlichen Seele führen? Die armen Leser – kein Wunder, dass sich Lyrik kaum verkauft! Wie ist es mit spielerischen Texten? Mit absurden? Mit Texten, die die Wahrnehmung des Alltags schulen? Mit zärtlichen Texten? Mit Klangpoesie und Visueller Poesie?
Apropos – es ist kein Zufall, dass du diesen eigentlichen Arbeitsschwerpunkt meiner Lyrik hier nicht erwähnst (sondern nur meine Beschreibungen des „kleinen Volkes“). Zwar können sich auch in einem Wortbild, in einem Lautgedicht unversehens Abgründe auftun. Aber sie entziehen sich einer klischeehaften Etikettierung von „Drama, Liebe und Tod“. Und das ist gut so.
Viele Grüße
fenestra
P.S.: Ich habe die "Ode an die Heckenrose" dann leider nicht an den Radiosender geschickt. Da man nur ein Gedicht einsenden durfte, entschied ich mich für die experimentelle ROSE, die ich origineller fand (und finde). Auf dieses Werk dürften die Juroren dann aber wohl genauso befremdet reagiert haben, wie ihr hier im Blauen Salon es zunächst getan habt, bevor ihr die Hörversion kanntet ... ;)
In dieser ambivalenten Stimmung zunächst also zur Heckenrose: Du unterstellst, dass mir das Märchenhafte am Text selbst nicht bewusst war. Du glaubst also allen Ernstes, dass ich – ein Zitat aus einem Dornröschenlied einfügend – nicht bemerkt habe, dass sich auch der Stich und der Schlafapfel in dieses Bild fügen? Es ist richtig, dass ich diese Ebene bei der Vertonung und der darauf folgenden Diskussion nicht mehr berücksichtigt habe. Wie will man einen Text lesen und dabei so betonen, dass alle Bedeutungsebenen zum Tragen kommen? Ich fühle mich unwohl, wenn ich beim Lesen bedeutungsschwer und hintergründig klingen soll. Eine Attitüde ist das, wie sie Burckhard Garbe sehr treffend polemisiert:
„…
ich liebe die lyrikerinnen
wie sie da sitzen
vor publikum
einzeln
den düsteren blick
zielgerichtet ins ziellose gerichtet
in schwarzer robe
richterinnen der zeit
unter schwarzer mähne versteckt
gesichtversteckt leibversteckt
schwarz in schwarz in schwarz
pegasos war ein rappe scheints
und erst ihr ernst ihr ernsternsternst
licht aus! welt
ihr gedicht ist ihr löffel
über den sie die welt balbieren
sie leiden sie sterben
mehrfach an jedem tag
so steht es in ihren gedichten
…“
In meinen mitnichten!
Die Heckenrose war übrigens eine Art Schreibaufgabe. Ein Radiosender rief dazu auf, Rosengedichte einzureichen. Ich nahm mir vor, meinen Text der wilden Rose zu widmen, möglichst weit jenseits des üblichen Edelrose/Liebe-Klischees und schrieb meine erste Ode.
Mit übertriebener Symbolik ist es übrigens nicht anders, als mit naturwissenschaftlichen Bedeutungsebenen in Gedichten: Kaum einer versteht es. Ich habs ausprobiert.
Naturlyrik, sagst du sinngemäß, soll immer eine Spiegelung der eigenen Befindlichkeit sein. Warum? Ich muss sagen, dieses reflexartig Doppelbödige in den meisten Naturgedichten nervt und enttäuscht mich immer wieder. Sind Nachtigall und Weidengeäst, Eiche und Schmetterling denn nur Mittel zum Zweck unserer Selbsttherapie? Ist es denn nichts wert, „nur“ über die Pflanze selbst, das Tier, die Landschaft zu schreiben? Wieso überhaupt „nur“? Ist die Betrachtung eines anderen LebeWESENs in seiner Eigenart, das Sehenlernen, das Wahrnehmen jenseits von Wissenschaft denn so uninteressant und abwegig? Für mich ist dies viel spannender, als die ewig gleiche Selbstbespiegelung, das ewige ich, du, sie und er. Und hat ein Schriftsteller nicht sogar die Pflicht, sich von sich selbst zu lösen und in andere Welten zu versetzen? Bei Romanen mit mehreren Personen ist das natürlich krasser, als in einem Gedicht, aber die Problematik ist prinzipiell dieselbe.
Insel Odem: Warum habe ich hier die Odenform gewählt, obwohl (und dies stellt für dich offenbar ein Problem dar) „gleich gar kein lyrisches ich auftritt“. Die Antwort gibt dir ferdi. Er schrieb mir nämlich:
Versuch doch mal, die Form als Teil des Inhalts zu sehen - ich glaube, das würde wirklich helfen, oder? Praktisch gesehen könntest du doch statt einer drei oder vier Strophen schreiben und dabei versuchen, im Rhythmus der Verse das Kommen und Gehen des Sandes zu gestalten - ich könnte mir vorstellen, dass die weiche, schwingende alkäische Strophe da geradezu ideal geeignet ist...
Danke, ferdi! War eine gute Anregung!
„ein dichter sagt mehr, als er denkt“
Selbstverständlich. Ganze Armeen von Rezensenten, Interpreten und Lesern lesen in einen Text hinein und wieder heraus (je nach ihrer Vorbildung, ihrem soziokulturellen Hintergrund und ihrem Profilierungswillen), wovon der Autor selbst niemals träumte (auch nicht im Schlummerwachen).
Bei „Durchwachen mit Annette“ („Durchwachen“ bitte, wie Durchmachen … und nicht „Durchwacht“) vermisst du wiederum deine dramatischen Lieblingszutaten „Himmel, Liebe und Grab“ (obwohl es ja gar keine Ode ist. Wirst du diese „Forderung“ jetzt an alle Gedichtformen stellen?). Allerdings hatte ich niemals die Absicht, diese Zutaten hineinzutun. Die Dichterin, das lyrische Ich, ist schlaflos, weil sie von ihren Alltagsproblemen nicht loskommt. Irgendwann meldet sich dann der Körper, die verspannte Schulter, der leere Magen. Das wars. Hier findet eben kein Übergleiten in eine Zwischenwelt statt, weil ich diese Form der „Inspiration“ gar nicht darstellen wollte. Die Rolle der Inspiration beim Schreiben wird gemeinhin überschätzt. Die Arbeit am Material Sprache wird dagegen vernachlässigt. Und Dichterinnen wachen heute anders durch, als früher. Ich möchte hier ganz bewusst entromantisieren, entmystifizieren.
„Die Tragödie bleibt draußen.“
Soll denn jeder lyrische Text eine Tragödie sein, in die Abgründe der menschlichen Seele führen? Die armen Leser – kein Wunder, dass sich Lyrik kaum verkauft! Wie ist es mit spielerischen Texten? Mit absurden? Mit Texten, die die Wahrnehmung des Alltags schulen? Mit zärtlichen Texten? Mit Klangpoesie und Visueller Poesie?
Apropos – es ist kein Zufall, dass du diesen eigentlichen Arbeitsschwerpunkt meiner Lyrik hier nicht erwähnst (sondern nur meine Beschreibungen des „kleinen Volkes“). Zwar können sich auch in einem Wortbild, in einem Lautgedicht unversehens Abgründe auftun. Aber sie entziehen sich einer klischeehaften Etikettierung von „Drama, Liebe und Tod“. Und das ist gut so.
Viele Grüße
fenestra
P.S.: Ich habe die "Ode an die Heckenrose" dann leider nicht an den Radiosender geschickt. Da man nur ein Gedicht einsenden durfte, entschied ich mich für die experimentelle ROSE, die ich origineller fand (und finde). Auf dieses Werk dürften die Juroren dann aber wohl genauso befremdet reagiert haben, wie ihr hier im Blauen Salon es zunächst getan habt, bevor ihr die Hörversion kanntet ... ;)
Hallo fenestra,
Das finde ich spannend, denn im Grunde möchte ich dir zustimmen, die reine Betrachtung und Konzentration auf die Natur, andere Lebewesen sollte interessant genug sein. Ist sie auch für mich, allerdings in Sachtexten. Im lyrischen Bereich, ist es für mich wichtig, dass diese Ebene stimmig und sachlich richtig dargestellt ist, oder die Abweichung thematisiert ist und bewusst eingesetzt, da konnte ich bei einigen deiner Kommentare hier im Forum nur nicken. Bleibt es jedoch bei dieser einen Ebene, bei der reinen Betrachtung, fehlt mir persönlich etwas, und dann bleibe ich ein wenig enttäuscht zurück. Es fehlt mir dann das Menschliche darin, der Zugang, die Ansprache, auch wenn es sich ja über die Art der Beschreibung, den Fokus, die Zusammenstellung und die Sprache schon auch zeigt. Ich glaube für mich ist die Spiegelung (nicht der eigenen aber einer „Befindlichkeit“), das Doppelbödige interessanter, weil es mir ermöglicht etwas zu erfahren, kennenzulernen, nachzufühlen oder zu sehen, was mir anders nicht möglich gewesen wäre. Und ich finde es gerade spannend Wege, Metaphern, Naturbilder zu finden, in denen wir uns wiederentdecken können, die für uns etwas aus- und ansprechen können, aber auch dadurch einen neuen, ganz anderen Bezug zur Natur zu finden, sie in einem neuen Licht sehen zu können. Einem sehr persönlichen.
Ja! Aber müssen diese anderen Welten menschenleer und emotionslos sein?
Danke für die neuen Denkanstöße!
liebe Grüße
Flora
Naturlyrik, sagst du sinngemäß, soll immer eine Spiegelung der eigenen Befindlichkeit sein. Warum? Ich muss sagen, dieses reflexartig Doppelbödige in den meisten Naturgedichten nervt und enttäuscht mich immer wieder. Sind Nachtigall und Weidengeäst, Eiche und Schmetterling denn nur Mittel zum Zweck unserer Selbsttherapie? Ist es denn nichts wert, „nur“ über die Pflanze selbst, das Tier, die Landschaft zu schreiben? Wieso überhaupt „nur“? Ist die Betrachtung eines anderen LebeWESENs in seiner Eigenart, das Sehenlernen, das Wahrnehmen jenseits von Wissenschaft denn so uninteressant und abwegig? Für mich ist dies viel spannender, als die ewig gleiche Selbstbespiegelung, das ewige ich, du, sie und er.
Das finde ich spannend, denn im Grunde möchte ich dir zustimmen, die reine Betrachtung und Konzentration auf die Natur, andere Lebewesen sollte interessant genug sein. Ist sie auch für mich, allerdings in Sachtexten. Im lyrischen Bereich, ist es für mich wichtig, dass diese Ebene stimmig und sachlich richtig dargestellt ist, oder die Abweichung thematisiert ist und bewusst eingesetzt, da konnte ich bei einigen deiner Kommentare hier im Forum nur nicken. Bleibt es jedoch bei dieser einen Ebene, bei der reinen Betrachtung, fehlt mir persönlich etwas, und dann bleibe ich ein wenig enttäuscht zurück. Es fehlt mir dann das Menschliche darin, der Zugang, die Ansprache, auch wenn es sich ja über die Art der Beschreibung, den Fokus, die Zusammenstellung und die Sprache schon auch zeigt. Ich glaube für mich ist die Spiegelung (nicht der eigenen aber einer „Befindlichkeit“), das Doppelbödige interessanter, weil es mir ermöglicht etwas zu erfahren, kennenzulernen, nachzufühlen oder zu sehen, was mir anders nicht möglich gewesen wäre. Und ich finde es gerade spannend Wege, Metaphern, Naturbilder zu finden, in denen wir uns wiederentdecken können, die für uns etwas aus- und ansprechen können, aber auch dadurch einen neuen, ganz anderen Bezug zur Natur zu finden, sie in einem neuen Licht sehen zu können. Einem sehr persönlichen.
Und hat ein Schriftsteller nicht sogar die Pflicht, sich von sich selbst zu lösen und in andere Welten zu versetzen?
Ja! Aber müssen diese anderen Welten menschenleer und emotionslos sein?
Danke für die neuen Denkanstöße!
liebe Grüße
Flora
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