jede insel sucht ihre schatten

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.04.2009, 02:38

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jede insel sucht ihre schatten

sie herbergt kiesel
rund und kantig
wiegt in den händen
das murmeln im lied der insel

sie muss es tun
ob licht ob fessel
echte tode stirbt man nicht

nicht jenseits der nacht

kein verrat kein zittern fühlen
sie will die hände weiten
die freien winde
im schatten fangen




2. Zeile, 2 Strophe vorher: mal licht mal fessel



© Gabriella Marten Cortes 2009
Zuletzt geändert von Mucki am 11.04.2009, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.04.2009, 12:08

Upps, Hannes,

hat sich gerade mit meinem posting an Ferdi überschnitten.
Ach so, du meintest die Setzung, ok, denn inhaltlich liegen Welten dazwischen.
Ich freu mich, dass dir der Text gefällt. ;-)

Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 11.04.2009, 15:41

ferdi hat geschrieben:Hallo Mucki.

mir gefällt der Text wie er ist - nichts ändern bitte :-) In meinem Ohr zumindest klingt "mal" besser als "ob", und "herbergen" ist gutes Deutsch... Goethe hat's benutzt, Luther auch, das geht bis in altdeutsche Zeit ;-)

Ferdigruß!


mal ist scheußlich, Ferdi! Dass gerade du das bevorzugst?

Wundergrüße
ELsa
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.04.2009, 15:51

Hi Ihr,

das "mal" ändere ich in "ob", da ich mir überlegt habe, das "mal" zu locker klingt. "ob" passt besser, da es anschaulicher aufzeigt, dass die Situationen sich aufzwängen. Es hat für mich also weniger mit dem Klang, sondern mit dem Inhalt zu tun.
Bei "herbergt" bleibe ich wohl dabei. Das finde ich ok.

Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 11.04.2009, 15:53

Liebe Mucki,

das meine ich. Zu leger, lässig, umgangssprachlich :-)

"herbergt" ist doch erste Sahne!

LG
ELsie aus dem Wald
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.04.2009, 15:59

Liebe Elsie,

ja. Gestern dachte ich noch, dass es vom Inhalt her auch gleich sei, dem ist aber nicht so. Manchmal muss man eben doch eine Nacht drüber schlafen.
So kann es m.E. jetzt bleiben.

Liebe Grüße ins Waldhaus!
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 11.04.2009, 16:05

Liebe Mucki,

nein, gleich ist es nicht, es ist mit "ob" nicht so ungefähr oder zufällig, sondern trägt eine Entscheidung in sich. Das macht es für mich spannend, denn da steckt mehr Kampf dahinter, der wahrscheinlich verloren wird. Oft und oft.

Nach meiner Lesart.

Lieben Gruß (ist wunderschön hier!)
ELsie
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.04.2009, 16:37

Liebe Elsie,

ja genau, du hast es gut formuliert.

Hab eine schöne Zeit dort! :-)

Saludos
Mucki

jondoy
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Beitragvon jondoy » 13.04.2009, 23:44

Gabriella hat geschrieben:Dieser Text erschließt sich nur intuitiv. Erklären werde ich ihn nicht. Dass sich durch die Art und Weise, wie ich ihn geschrieben habe, sehr unterschiedliche Interpretationen ergeben, ist ok für mich und wohl auch ganz normal, wenn man nicht 1:1 schreibt.


Liebe Mucki,

Ein Versuch zu lesen....

x
y
z

....also bin ich total auf dem holzweg,
nein, es muss etwas anderes bedeuten,
also ein zweiter Versuch,

jede insel sucht ihre schatten
jede insel sucht ihre schattenseiten,
genau, dass passt,

sie beherbergt in sich kiesel,
rund und kantig,

jede insel beherbergt in sich kieselsteine,
schönes und schmerzhaftes,

jede insel wiegt in den händen
das murmeln im lied der insel,

also das, wovon ihre worte singen,
wiegt jede insel zuvor in den händen,
bevor sie es in worte fasst...

sie muss es tun,
(„ich sehe es eher als intuitivien „Überlebensakt“ „)
ob es Licht in die Sache bringt oder
einen wieder fesselt,
echte tode stirbt man dabei nicht, jedenfalls nicht j.,
nur diesseits der nacht, wenn man sich auseinanderschreibt,

kein verrat kein zittern fühlen

wenn sie es tut, will sie es konsequent durchziehen,
ohne zittern oder einen verrat dabei zu fühlen,

sie will die hände weiten,
nicht nur das, mein ich daraus zu lesen,

die freien winde
im schatten fangen

sie will im schatten, in dem sie sich sucht,
das befreit sein fangen.


Gruß,
Stefan

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.04.2009, 01:25

Hallo Stefan,

ich freue mich, dass du dich mit den Zeilen so beschäftigst hast. Du bist meiner Intention auch sehr nahe gekommen, vor allem, was die letzte Passage betrifft.

Saludos
Mucki

jondoy
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Beitragvon jondoy » 14.04.2009, 07:33

Darüber freu ich mich auch. Für mich haben am Ende die Worte zusammengepasst. Es war für mich stimmig. Das Ergebnis ist nicht wichtig. Ich will gar nicht verraten, wie falsch ich am Anfang gedacht habe. Es war nichts mit Intension einfach so vom Himmel fallen. Erst nachdem ich aufgegeben hatte, sind mir auf einmal diese Bilder in den Kopf gekommen. Quasie wie ein Nachhall auf meinen ersten Versuch.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.04.2009, 23:22

Liebe Mucki,

hierzu wollte ich noch unbedingt etwas schreiben!

ich lese diesen Text sehr ähnlich wie Stefan - und ich glaube, es ist der Text, der mir von allen deinen Texten bisher am besten gefällt. Er strahlt Ruhe aus, obwohl er traurig ist, er spricht vom Alleinsein, hält aber das einsam nicht hoch wie ein Schild - er ist sanft und das heißt, obwohl er Schmerzen hat, kann er gut sein, auch zu anderem.

eventuell würde ich das "rund und kantig" streichen, da mir das zu einfach ist (eine zu starke lesehilfe), aber letztlich fällt das auch nicht negativ auf und im Grunde passt es zu deiner sprache.

es klingt wie melancholie in chilenisch (frag mich nicht, wieso mir das jetzt einfällt .-)) - sinnlich, aber bescheiden.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.04.2009, 23:47

Hallo Lisa,

ich freu mich sehr über deinen so positiven Kommentar! Beim "rund und kantig" habe ich lange überlegt, ob ich andere Worte verwende. Weglassen geht für mich nicht, da müssen m.E. die beiden Arten von "kiesel" beschrieben werden. Da ich in diesem Text einige Metaphern verwendet habe, dachte ich mir, dass da ruhig auch mal etwas "einfaches" stehen kann, wobei rund und kantig ja auch nicht 1:1 zu lesen ist.
"melancholie in chilenisch", das gefällt mir. ,-)

Saludos
Mucki

african queen

Beitragvon african queen » 26.04.2009, 15:36

hallo mucki,
ein wundervoller, geheimnisvoller text, den schlüssel dazu finde ich in deinen bildern.
schatteninseln, windschatten, inseln im Wind, gefangen und doch frei, kiesel die zu Sand
und staub sich schleifen, zarte schatten der nacht.........
wunderschön....
lg
gertraud

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.04.2009, 16:01

Hallo Gertraud,

schön, wie du den Text für dich interpretierst. Danke für dein Lob, das erfreut meine Schreiberseele :-)

Saludos
Mucki


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