efeu
du schneidest es ab
schmeißt es weg
und es wächst
überall wieder
während ziegel fallen
und glas bricht
im sturm
efeu
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Tom!
Ich finde, die gewählte Struktur legt eine Lesung nahe, die offensichtlich nicht in deinem Sinn ist, denn: die Überschrift Efeu lässt natürlich vermuten, dass dieser Begriff im Text "ausgebreitet" wird. Nun willst du aber (so habe ich es verstanden), dass der Leser sich von der wörtlichen Bedeutung sofort, nachdem du sie ihm vermittelt hast, wieder löst - nicht einfach!
Nur mal so als Vergleich:
du schneidest den Efeu ab
schmeißt ihn weg
es wächst
überall wieder
während ziegel fallen
und glas bricht
im sturm
Verzeih die unfreundliche Behandlung deines Textes, es soll zu mehr nicht dienen als der Verdeutlichung der Aussage, dass ich in einer Srtuktur wie dieser weit weniger Probleme hätte, vom realen Efeu aufs "es" zu wechseln - was auch immer das nun genau sein mag

Ferdigruß!
Ich finde, die gewählte Struktur legt eine Lesung nahe, die offensichtlich nicht in deinem Sinn ist, denn: die Überschrift Efeu lässt natürlich vermuten, dass dieser Begriff im Text "ausgebreitet" wird. Nun willst du aber (so habe ich es verstanden), dass der Leser sich von der wörtlichen Bedeutung sofort, nachdem du sie ihm vermittelt hast, wieder löst - nicht einfach!
Nur mal so als Vergleich:
du schneidest den Efeu ab
schmeißt ihn weg
es wächst
überall wieder
während ziegel fallen
und glas bricht
im sturm
Verzeih die unfreundliche Behandlung deines Textes, es soll zu mehr nicht dienen als der Verdeutlichung der Aussage, dass ich in einer Srtuktur wie dieser weit weniger Probleme hätte, vom realen Efeu aufs "es" zu wechseln - was auch immer das nun genau sein mag
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Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)
Hallo Tom,
jetzt trau ich mich doch :o) Also ich beziehe das "es" schon aufs Efeu, allerdings eben nicht nur real, sondern auch als Metapher, wobei ich zugebe, dass ich nicht wusste, dass es "der Efeu" heißt (wahrscheinlich als männliches Gegenstück zur Klette
). Und ich fände es Schade wenn das "es" benannt, festgemacht, für den Leser entschlüsselt wäre. So vieles wuchert doch in uns und von außen auf uns ein, bedrängt uns, saugt sich an uns fest, um uns herum, schnürt uns die Luft ein. Und für jeden sind das ganz individuell unterschiedliche Dinge, die man versucht unter Kontrolle zu bekommen, oder zu halten, einzudämmen, und manchmal auch die eigentlich schönen und lebendigen, manchmal grünt es uns auch aus jeder Gedankenritze...und manche "es" sollte man vielleicht auch bis zur eigentlichen Wurzel zurückverfolgen, packen und rausreißen, damit sie nicht immer wieder auftauchen?
Efeu zu schneiden ist jedenfalls für mich ein sehr treffendes Bild. Und während wir auf dieses Kontrollieren und unsere kleine "Macht" konzentriert sind, kommt etwas viel größeres und stärkeres daher und schmeißt uns die Ziegel vom Dach und die Fenster ein. Wenn man das Haus nun wie das Efeu sinnbildlich versteht, ergeben sich viele feine Interpretationsmöglichkeiten. Mir gefällt sehr, dass es sowohl als reine Situationsbeschreibung, als auch im übertragenen Sinn funktioniert und sich nicht aufdrängt mit einer "Botschaft".
liebe Grüße
smile
jetzt trau ich mich doch :o) Also ich beziehe das "es" schon aufs Efeu, allerdings eben nicht nur real, sondern auch als Metapher, wobei ich zugebe, dass ich nicht wusste, dass es "der Efeu" heißt (wahrscheinlich als männliches Gegenstück zur Klette

Efeu zu schneiden ist jedenfalls für mich ein sehr treffendes Bild. Und während wir auf dieses Kontrollieren und unsere kleine "Macht" konzentriert sind, kommt etwas viel größeres und stärkeres daher und schmeißt uns die Ziegel vom Dach und die Fenster ein. Wenn man das Haus nun wie das Efeu sinnbildlich versteht, ergeben sich viele feine Interpretationsmöglichkeiten. Mir gefällt sehr, dass es sowohl als reine Situationsbeschreibung, als auch im übertragenen Sinn funktioniert und sich nicht aufdrängt mit einer "Botschaft".
liebe Grüße
smile
Hallo Tom,
mich stört eigentlich nur das "immer wieder" - ich finde das sprachlich noch nicht optimal - und seit Tagen liegt mir immer auf der Zunge, dass es da doch was anderes gibt!, ich komm nur nicht drauf- ich finde diese zwei Worte brechen noch die Kraft des Textes - ansonsten finde ich das gelungen reduziert.
Grammatisch kann sich "es" also nicht auf Efeu beziehen, da es nur maskulin ist - das finde ich schade - ich las es nämlich wie smile ~"real" und als Metapher. Klar letzterer Bezug ist immer noch gegeben, aber fast finde ich es schade, dass der Doppelbezug nicht geht, denn er scheint doch so angelegt.
Für mich liegt das Geheimnis des Textes in der Spanne, die sich zwischen Efeu und den steinen und dem glas auf der anderen seite auftut - das ganze im sturm - für mich ergänzen, öffnen und kehren sich diese Bilder alle mehrfach untereinander, da muss man schon sehr genau lesen - und kann eben nicht das, was das Gedicht fassen will, als Satz herausfiltern - die Aussage bleibt in der Verschränkung der Bilder bewahrt und nur dort. Weshalb ich den Text auch sehr notwendig finde bezüglich der Konzeption, so wie er da steht.
liebe Grüße,
Lisa
mich stört eigentlich nur das "immer wieder" - ich finde das sprachlich noch nicht optimal - und seit Tagen liegt mir immer auf der Zunge, dass es da doch was anderes gibt!, ich komm nur nicht drauf- ich finde diese zwei Worte brechen noch die Kraft des Textes - ansonsten finde ich das gelungen reduziert.
Grammatisch kann sich "es" also nicht auf Efeu beziehen, da es nur maskulin ist - das finde ich schade - ich las es nämlich wie smile ~"real" und als Metapher. Klar letzterer Bezug ist immer noch gegeben, aber fast finde ich es schade, dass der Doppelbezug nicht geht, denn er scheint doch so angelegt.
Für mich liegt das Geheimnis des Textes in der Spanne, die sich zwischen Efeu und den steinen und dem glas auf der anderen seite auftut - das ganze im sturm - für mich ergänzen, öffnen und kehren sich diese Bilder alle mehrfach untereinander, da muss man schon sehr genau lesen - und kann eben nicht das, was das Gedicht fassen will, als Satz herausfiltern - die Aussage bleibt in der Verschränkung der Bilder bewahrt und nur dort. Weshalb ich den Text auch sehr notwendig finde bezüglich der Konzeption, so wie er da steht.
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
@ ferdi:
Zuwendung kann gar nicht unfreundlich sein :o)
Dass sich der Leser 'sofort' von der ersten durch die Überschrift implizierten Bedeutungsebene löst, erwarte ich in der Tat nicht. Es genügte, wenn er dies am Ende mittels Reflexion täte. In deiner Version hingegen finde ich - mit Verlaub - diese erweiterte Ebene gar nicht mehr, den Sprung zum 'es' mitten im Text kann ich nur schwer nachvollziehen, das 'es' bleibt irgendwie beim Bild des Efeus als solchem, ohne ein weiteres Türchen aufzustoßen. In Anbetracht der Adzventzkalenderzeit kann ich dem nicht sonderlich viel abgewinnen. Ich hoffe, dass du dies nicht als unfreundlich empfindest :o)
@ smile:
Wie immer fällt es mir schwer, deinen Äußerungen etwas hinzuzufügen. Außer eben, dass ich diese deine Gedanken so oder ähnlich wahrscheinlich im Unterbewusstsein vollzogen haben, als mir diese Skizze entglitt. Nachgedacht habe ich derweil - ebenfalls wie immer - nicht :o)
Freut mich sehr, dass du diesem Textlein das von dir Genannte abgewinnen kannst.
Und so mag ich auch ein kleines Geheimnis preisgeben (aber es bleibt unter uns, ja?):
Ich wusste vorher auch nicht, das Efeu maskulin ist. Der Sprung auf die andere Bedeutungsebene(n) ist zwar gewollt, aber textlich hat sich das durch diese Unkenntnis eingestellt. Ist das nicht herrlich? :o)
@ liesel:
Du meinst das 'überall wieder'? Sprachlich oder doch inhaltlich? Käme da 'überall weiter' oder 'andernorts weiter' in Frage? Ist nicht so einfach. Zum Einen wächst Efeu genau dort weiter, wo man es hinwirft, indem es anwurzelt, zum Anderen natürlich rankt es überall weiter, wo du es abschneidest. Und so isses ja auch in der zweiten Ebene.
Ich freue mich, dass sich bei dir auch mehrere Lesarten einstellen. Irgendwas wohnt dem Text inne, was ich selbst nichtmal richtig begriffen habe. Also kann ichs auch nicht erklären. Aber das könnt Ihr eh viel besser :o)
Lieben Dank für die interessanten Besprechungen. Verzeiht, dass ich im Moment etwas träge reagiere, aber ich bin beruflich eingespannt wie Hulle, und das wird sich auch in den kommenden Wochen kaum ändern. Schreib- wie lesetechnisch liegt bei mir alles darnieder; dieser Text hier ist nur ein Ausrutscher in einer gänzlich unliterarischen Phase.
Gehabt Euch wohl,
Tom.
Zuwendung kann gar nicht unfreundlich sein :o)
Dass sich der Leser 'sofort' von der ersten durch die Überschrift implizierten Bedeutungsebene löst, erwarte ich in der Tat nicht. Es genügte, wenn er dies am Ende mittels Reflexion täte. In deiner Version hingegen finde ich - mit Verlaub - diese erweiterte Ebene gar nicht mehr, den Sprung zum 'es' mitten im Text kann ich nur schwer nachvollziehen, das 'es' bleibt irgendwie beim Bild des Efeus als solchem, ohne ein weiteres Türchen aufzustoßen. In Anbetracht der Adzventzkalenderzeit kann ich dem nicht sonderlich viel abgewinnen. Ich hoffe, dass du dies nicht als unfreundlich empfindest :o)
@ smile:
Wie immer fällt es mir schwer, deinen Äußerungen etwas hinzuzufügen. Außer eben, dass ich diese deine Gedanken so oder ähnlich wahrscheinlich im Unterbewusstsein vollzogen haben, als mir diese Skizze entglitt. Nachgedacht habe ich derweil - ebenfalls wie immer - nicht :o)
Freut mich sehr, dass du diesem Textlein das von dir Genannte abgewinnen kannst.
Und so mag ich auch ein kleines Geheimnis preisgeben (aber es bleibt unter uns, ja?):
Ich wusste vorher auch nicht, das Efeu maskulin ist. Der Sprung auf die andere Bedeutungsebene(n) ist zwar gewollt, aber textlich hat sich das durch diese Unkenntnis eingestellt. Ist das nicht herrlich? :o)
@ liesel:
Du meinst das 'überall wieder'? Sprachlich oder doch inhaltlich? Käme da 'überall weiter' oder 'andernorts weiter' in Frage? Ist nicht so einfach. Zum Einen wächst Efeu genau dort weiter, wo man es hinwirft, indem es anwurzelt, zum Anderen natürlich rankt es überall weiter, wo du es abschneidest. Und so isses ja auch in der zweiten Ebene.
Ich freue mich, dass sich bei dir auch mehrere Lesarten einstellen. Irgendwas wohnt dem Text inne, was ich selbst nichtmal richtig begriffen habe. Also kann ichs auch nicht erklären. Aber das könnt Ihr eh viel besser :o)
Lieben Dank für die interessanten Besprechungen. Verzeiht, dass ich im Moment etwas träge reagiere, aber ich bin beruflich eingespannt wie Hulle, und das wird sich auch in den kommenden Wochen kaum ändern. Schreib- wie lesetechnisch liegt bei mir alles darnieder; dieser Text hier ist nur ein Ausrutscher in einer gänzlich unliterarischen Phase.
Gehabt Euch wohl,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
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