das lächeln

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 07.05.2008, 14:54

vom Autor gelöscht
Zuletzt geändert von Niko am 07.06.2009, 16:36, insgesamt 1-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 18.05.2008, 21:54

Im Zusammenhang, aber ohne weiteren Kommentar:

Aus: Hugo Friedrich: Die Struktur der modernen Lyrik, 1956:


Moderne Merkmale:

- Starke Subjektivität der Aussage (ein lyrisches ICH spricht sich aus)
- Eigentümlichkeit der Aussageweise (sprachliche Originalität)
- Verdichtete Sprache (kühne Metaphern, Chiffren, Oxymoron, Sinn-Aufladung von Wörtern)
- Klangqualität von Sprache (Assonanz, Alliteration, Anaphern, Vokalmotive)
- andere Strukturmerkmale (Parallelismus)
- Rhythmus statt Metrum
- Sprache der Lyrik als Gegensprache zur Informations- und Alltagssprache
- lyrisches Sprechen verweigert sich absichtsvoll dem raschen Konsum, d.h. dem schnellen Verstehen ('Hermetik') - Typographisches Erscheinungsbild (bedeutungshaltiger Zeilenbruch)

Befreiung von Formzwang und poetischer Norm:

1. freier Umgang mit den Regeln der Grammatik (= agrammatisches Spechen):
- d.h. Wortgruppen und Ausdrücke statt Sätzen und Nebensätzen
- Nichtverwendung von Satzzeichen und anderen Ordnungselementen
- Zeilenbrüche nicht entlang der Satzgrammatik, sondern nach gewolltem Sinn

2. freier Umgang mit dem Wortschatz: eigene Wortbildungen (Neologismen)
Zusammenfügen des nicht Zusammengehörenden

3. freier Umgang mit Wortbedeutung: Schaffung von Mehrdeutigkeit statt Eindeutigkeit ('kühne' Metaphern, hermetische Chiffren)

Mit bestem Gruß

Moshe

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.05.2008, 22:35

Lieber moshe,

mich ärgert (allerdings nur ein bisschenmittelmäßig, weil es ja auch wieder gut ist, dass jemand die Position so vorherrschend vertritt, dass sie nicht verloren gehen kann, innerhalb des Forums ist das dann freakig, aber ist eben auch im guten Sinne überhaupt da), dass du solche wertvollen und die Kunst autark machenden Argumente oft (ich merkte das schon in anderen Fällen an), so präsentierst (ohne "Kommentar", ohne spürbares Abwägen, ob das, was du da Wertvolles!) ins Feld führst, gerade für den Fall angemessen ist anzubringen - meines Erachtens wird es dadurch polemisch und somit dein eigentlich feinstes Anliegen seiner Bedeutung beraubt, es klingt fast satirisch.
Die Freiheit von Kunst und des künstlerischen Schaffens wird nicht nur dadurch bewahrt, dass man sie gegen falsche Forderungen, die andere Diskurse/Wertesysteme ihr absprechen wollen, verteidigt, sondern auch dadurch, dass man diese Freiheit würdigt, indem man ihr nicht willkürlichen Charakter verleiht, sie generalisierend in Anspruch nimmt oder für andere geltend macht, wenn man für sich geschaut hat, ob man genug Einsatz gebracht hat, sie in Anspruch nehmen zu dürfen. In Nikos Fall hier haben lediglich einige Leute ihre Bedenken bezüglich des grammatisch nicht motivierten Plusquamperfekts geäußert und auch nach Nikos Erklärung angemerkt, dass die grammatische Irritation so groß ist, dass es eben bei ihnen nicht funktioniert. Solch eine Rückmeldung, die ja nicht sagt, "Niko, jetzt mach es endlich anders", sondern nur auf die explizite Rückfrage des Autors eingeht, hilft in meinen Augen dem Autor mehr (der ja immer noch Entscheidungsgewalt hat), als dem Text einfach - wie du selbst anmerkst- kommentarlos den Stempel "modern" aufzudrücken. Wird das deinen Zitaten gerecht?

Natürlich kann Niko das so machen wie deine Zitate es gottseidank für alle Kunst verbürgen und er scheint - wenn ich auch dasGefühl hatte, dass Niko tendentiell bezüglich der Stelle zunächst keine vollständige Entscheidungsgewalt (weil unvollständiges Wissen) hatte, - das ja auch für sich entschieden zu haben und das mit einer Begründung, die für ihn stimmig ist, aber trotzdem kann es sein, dass eine sprachliche Komposition (wahl zeitform hier) nicht wirkt, auch wenn die Freiheit zu ihr besteht.

Versteh mich nicht falsch: Ich schreibe diese Antwort, weil mir die von dir zitierten Freiheiten der Kunst ebenso wichtig sind wie dir. Aber nicht der würdigt sie automatisch am meisten, der sie am häufigsten oder prinzipiellsten einfordert.

Ein Hoch auf die Berücksichtigung des Einzelfalls :daumen:

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 18.05.2008, 22:59

Lieber Moshe,

da ich auch ziemlich gerunzelt habe, als ich das gelesen habe, möchte ich mich Lisa explizit anschließen (die kann das viel besser sagen als ich) und noch dazu zu bedenken geben, dass gerade so etwas wie "moderne Lyrik" ein sehr dehnbarer Begriff ist (insbesondere, dass die moderne Lyrik von 1956 vielleicht nicht mehr die von 2008 ist).
Schlussendlich gehört das Durchbrechen von Regeln sicher zu einer Fortentwicklung - wobei nicht jede Regeldurchbrechung eine solche Weiterentwicklung ist (ich denke es ist eher wie bei neuen Ideen, vielleicht eine von hundert taugt etwas). Meist sind solche Entwicklungen aber auch dadurch gekennzeichnet, dass man bewusst Regeln mit einem gewissen Zeil durchbricht und nicht unbewusst, weil man es nicht besser weiß.

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.05.2008, 18:56

Liebe Lisa!

Ich hatte nicht die Absicht dich zu ärgern. Sicher ist mein einleitender Satz da nicht gerade gelungen, denn ich war gestern schon recht müde. (Wir sind hier immer schon eine Stunde weiter.)
Mir kam gestern zufällig diese Position aus den Fünfzigern unter, die ich für ganz gelungen in ihrer Knappheit hielt.
Sicher vertrete ich diese Position, aber nicht als eine vorherrschende oder gar bestimmende, wie man ja auch an meinen eigenen Texten erkennen kann, und natürlich auch an meinen Kommentaren, sondern als eine bereichernde, die es aber manchmal schwer hat sich Gehör und Verständnis zu schaffen, ja an sich verteidigt werden muß, besonders wenn es um die Grammatik geht, oder gar um Neologismen, sodaß ich Texte damit garnicht mehr hier eingestellt habe, und es ja auch sonst nichts mehr dazu gibt hier.
Niko schreibt aus dem Bauch, wie er sagt, und das ist doch die Freiheit, die sich abseits von den strengen Regelwerken gebildet hat, (Gegen die ich nichts und wirklich nichts habe, weil auch sie heute sehr gute Texte produzieren können, was mir immer wieder im Bereich des Sonetts aufffällt, aber auch an anderen Formen.) also eine wesentlich freiere Gestaltung, die mehr Raum schafft für einen breiterern Ausdruck, aber eben dennoch Lyrik schafft durch den Rhytmus. Ich denke, daß hier ein Kern der Frage und Fragen steckt.
Die Rhytmusfrage fand übrigens auch im Bereich der Musik statt, fällt mir gerade spontan ein.

Soweit denn

mit bestem Gruß

Moshe

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.05.2008, 19:02

Lieber Max!

Sicherlich gibt es viele Auffassungen von Lyrik und man ist da halt immer an seinen eigenen Geschmack gebunden, was einem zusagt oder nicht.
Dennoch würde ich mich interssieren, ob du eine neuere, bessere Beschreibung zu moderner Lyrik hast, als diese aus den Fünfzigern.

Mit bestem Gruß

Moshe

african queen

Beitragvon african queen » 20.05.2008, 18:39

hallo niko,
ein Lächeln, das Lächeln, überhaupt lächeln, ein spannendes Thema.
wie ein geheimnisvolle Lächeln. woher, wohin wandert es, wie entsteht es,
wohlfühllächeln, breites Lächeln usw. ich wüßte gar nicht, wo ich beginnen
sollte. Mir gefällt Dein Text über dieses Lächeln, ohne es grammatikalisch zu bewerten, finde ich, vermittelt es eine Stimmung, zum Nachdenken-
Spannend, habe es gerne gelesen.
lg
gertraud

Max

Beitragvon Max » 22.05.2008, 10:18

Lieber Moshe,

zum einen interessiert mich eigentlich wenig, wie man Lyrik oder sonstige Kunst definiert, weil ich Kunstphilosophie für weniger spannend und wenig ergiebig halte.

Mein Hauptimpuls richtet sich vor allem gegen eine apodiktische Art hier "Wahrheiten" zu verkünden, insbesondere wenn sie so etwas wie Literatur betreffen und auf dem Stand dessen sind, was ich mal vor vielen 100 Jahren in der Schule gelernt habe.

Liebe Grüße
Max

Niko

Beitragvon Niko » 22.05.2008, 12:39

hallo africa queen!
danke für deinen kommentar! schön, dass du auch findest, dass das lächeln ein spannendes thema ist!
in die laufende diskussion / schlagabtausch mag ich weniger eingreifen. aber so ganz die klappe halten kann ich ja eh nicht...
ich finde schon auch, moshe, dass du mit dem versuch einer definition moderner lyrik einen brocken hinschmeißt, der an sich nichts wertendes, bewertendes hat, aber durch die art und weise des postens nicht neutral gelesen werden kann. denn es fehlt jegliche art der einlassung von dir dazu.
auf der anderen seite verstehe ich euch, max und lisa, nicht, warum ihr euch daran so festhaltet. die definition ist soweit ok. alter und wahrheitsgehalt hin und her. ich glaube, sie ist so abgefasst, dass sie durchaus in dieser allgemeinheit auch heute noch gültigkeit hat.
dass dich die definition wenig interessiert, max, kauf ich dir nicht ab. da du dich zumindest daran erinnerst, soetwas vor mehreren 100 jahren schonmal gelesen zu haben.
wie dem auch sei... zumindest in puncto grammatik will ich mich den regeln der "modernen lyrik" (stand 1956) nicht zwingend beugen.
obwohl ich mich immer noch nicht trennen kann von der formulierung. dabei ist doch schon ein bischen zeit um. muss wahrscheinlich noch länger ruhen...

zu freunden legte ich es
unter polierte steine
und schon vorher war´s dort noch verschwiegen gewesen

Wenn Du Dich mit diesem Sinn anfreunden kannst, ist es okay, ansonsten würde ich es nicht verwenden.

mit diesem sinn könnte ich mich gut anfreunden, annette! abwarten, setzen lassen.....

mein denken war eigentlich, im imperfekt erzählend zurück zu erzählen. auch mit der sicht, dass es damals noch verschwiegen war. später dann aber nicht mehr....


lieben gruß: Niko

Max

Beitragvon Max » 22.05.2008, 13:02

auf der anderen seite verstehe ich euch, max und lisa, nicht, warum ihr euch daran so festhaltet. die definition ist soweit ok.


Lieber Niko,

wenn Du sagst, woran wir uns festhalten, kann ich vll. auch sagen, warum zumindest ich das tue ...
Das mit der mangelnden Relevanz einer solchen Definition stimmt schon. So lange ich schreibe, kümmert mich wenig, was andere für Lyrik halten. Wenn die Frage: "Ist das Kunst? Ist das Lyrik?" zu sinnvollen Ergebnissen führen würde, so wäre die Defintion natürlich auch wichtig. Ich habe allerdings bei solchen Definitionen nie ein sinnvoles Ergebnis gesehen, außer dass irgendwleche Spießer einen Herzkasper bekommen, weil Beuys in einem Museum sein Fett hinterlassen hat ..

Liebe grüße
Max

Niko

Beitragvon Niko » 22.05.2008, 13:16

hi max!
außer dass irgendwleche Spießer einen Herzkasper bekommen, weil Beuys in einem Museum sein Fett hinterlassen hat ..

...und selbsterklärte möchtegern-kenner der kunstszene einen herzkasper kriegen, weil die putzfrauen die talg-installation in der ecke für müll hielten und es in den nächsten mülleimer entsorgten.
was ist kunst?
definitionen sind immer eine subjektive sache. ähnlich wie die wahrsagungen mit horrorskop oder tarotkarten. die allgemeingültigkeit lässt es immer passen, max! begriffserweiterungen seit 1956 zum thema "moderne lyrik" und andere "definitionen" moderner kunstformen - welcher kunst auch immer - sind im grunde manipulation, weil sie quasi kunst in eine richtung drängen möchten.
So lange ich schreibe, kümmert mich wenig, was andere für Lyrik halten
ja und nein, behaupte ich mal. natürlich muss das alles "für dich stimmen". aber: du postest öffentlich. also für ein publikum. es gibt feedbacks. und ergo wird das allgemeine denken über lyrik zumindest in geringem maße einfluss nehmen. wer behauptet, das sei nicht so, dem schenke ich einen heiligenschein.
zu zeiten, wo es kein internet gab, was das manipulativ durch direktes feedback sicherlich geringer.
irgendwer macht immer einen anfang in eine neue richtung. und irgendwann wird sich herausstellen, ob es bestand haben wird, bestand haben kann. manche "neuerungen" sind eine flüchtige mode. mal haltbarer, mal kurzfristig. aber generell kann mode nur dann überleben, wenn es - um mal mode-technisch zur mode zu wechseln - von der breiten masse über dauer getragen wird.
mal so eingeworfen....Niko

Max

Beitragvon Max » 22.05.2008, 21:27

Lieber Niko,

zu dem Beuys sage ich nix, er war ja nur ein Beispiel. Wenn Du magst, ersetze Beuys durch rembrand und Fett durch Öl.

Zu dem anderen: ich behaupte nicht, ich sei unbeeinflusst durch Ideen von Lyrik/Kunst, sondern nur, dass es nicht hilfreich ist, diese beim Schreiben im Kopf zu haben - ebenso wenig wie es hilft sein Schema: Was ist Kunst? beim lesen in Händen zu halten. Das ist schon etwas anderes als Du schreibst.
Gäbe es nur eine Art richtig zu schreiben, gäbe es weniger Formen etc. das ist doch alles ganz klar.
Nur kann man eben nicht im Nachhinein kommen und sagen: guck mal, das ist die definition von "gutes gedicht", also ist es ein gutes Gedicht.

Übrigens halte ich den Satz

definitionen sind immer eine subjektive sache. ähnlich wie die wahrsagungen mit horrorskop oder tarotkarten. die allgemeingültigkeit lässt es immer passen, max!


für ziemlich schwer verdaulich ... die Allgemeingültigkeit des Satzes lässt ihn immer stimmen ;-).
Schlussendlich (wir reden ja über das Plusquamperfekt in Deinem Text) schreibst Du


irgendwer macht immer einen anfang in eine neue richtung.


Das stimmt, aber aus Sicht der Anfänge kommen vielleicht 100 000 Anfänge auf eine neue Richtung. Ich kann aus einem waghalsigen Plusquamperfekt die Richtung noch nicht ganz erkennen.

Liebe Grüße .. nur mal so zurückgeworfen
Max

Niko

Beitragvon Niko » 22.05.2008, 23:09

neinnnnnnnnnnnnnn, max!!!!!!!!! ich wäre nie so vermessen, mit (falsch eingesetzten?) zeiten eine neue richtung vorgeben zu wollen....lach........wie peinlich wäre das denn!!!!
mit dem zitierten von dir, wo ich über definitionen rede: ich meine damit ausdrücklich definitionen, die sich auf den kunstbereich beziehen. hab mich da wohl unkorrekt ausgedrückt.

lieben gruß; Niko

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Beitragvon Lisa » 23.05.2008, 11:35

Lieber Niko,

auf der anderen seite verstehe ich euch, max und lisa, nicht, warum ihr euch daran so festhaltet. die definition ist soweit ok.


ich hab gar nicht gesagt, dass die Definition nicht OK ist (darauf bin ich nicht eingegangen, darauf einzugehen wäre sehr komplex), sondern hab nur das moniert, was du selbst auch monierst:

ich finde schon auch, moshe, dass du mit dem versuch einer definition moderner lyrik einen brocken hinschmeißt, der an sich nichts wertendes, bewertendes hat, aber durch die art und weise des postens nicht neutral gelesen werden kann. denn es fehlt jegliche art der einlassung von dir dazu.


meine Worte :daumen: . Aber moshe ist darauf ja auch schon eingegangen und wie ich fand moderat und reflektierend, für mich ist also alles OK. Ich wollte es eh nur gesagt haben, weils kein anderer tat.

:smile:

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 23.05.2008, 19:43

Lieber Niko,

na, dann denke ich, wir haben uns jetzt verstanden.

Bonne soirée
Maxieu


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