2. Version
Im Grenzgebiet (Eine Diashow)
Das Land trägt ein Leichenkleid.
Von den Bergen her das Donnern von Granaten, nah genug, dass man zusammenzuckt. Die Gewöhnung lässt sich hier Zeit.
Die französische Ärztin ist immun gegen Angst. Mein Arbeit ist ein Panzer, sagt sie. Lächelt dabei wie eine kranke Mutter. Schaut nicht zur Seite auf den langen Fahrten.
Wir, die wir sie begleiten, achten noch auf Kadaver und Gerippe, beerdigt unter rotem Staub, aufgewirbelt von den LKW der ewig zu spät kommenden internationalen Anteilnahme.
Wir bauen Instant – Krankenhäuser. Impfinseln aus Zelttuch und Blech. Verbandsstationen für die Nachlese von Massakern. Führen Unheilbares der Statistik zu, nach rudimentärer Medikation.
Die Ärztin schreibt Tagebuch und Briefe. Am Laptop Nachts und weint dabei.
Mich wundert es, dass der Nebel, der hier aus der Erde steigt, so weiß ist.
Und dann die Morgen, so nah an den Bergen. Im Dunst, wie daheim in der Alb, wenn schon die ersten kommen für eine Spritze und einen Blick auf uns.
Ein Vater aus einem Dorf, das von Rebellen geplündert wird während er stundenlang, auf dünnem Rücken seinen lahmen Sohn zu uns trägt.
Einen lebhaften dreizehnjährigen mit verdrehten Gliedern, wachem Blick und nichts am Leib außer einer Unterhose.
Ich gebe ihm mein T-Shirt. Der Vater streift es ihm über.
Der Junge lächelt mich an und sagt: „Gib mir noch eins.“
Sechs Monate und kaum ein Trost. Ich träume von Geistern und Hyänen. Und von geschlagenen Hunden, deren Wimmern leise in meinem Arm erstirbt.
An manchen Abenden trinke ich mit der Ärztin Nescafé und Wodka, zwischen uns ein Leben und ein Land. Aber statt ihren ausgezehrten Körper, berühre ich mich nur selbst.
Dann noch frische Leichen an der Straße in Richtung Grenze. Geköpft und amputiert, weggeworfen. Nicht zu vergessender Geruch von gewesenem Leben.
Am Ende Flughäfen und Zwischenlandungen. Nach siebzehn Stunden unter dem Bauch des Fliegers Deutschland, grün und harmlos und das Gefühl:
Auch hier keine Heimat.
1. Version
Im Grenzgebiet
Das Land trägt ein Leichenkleid
Von den Bergen her das Donnern von Granaten
nah genug, dass man zusammenzuckt
Die Gewöhnung lässt sich hier Zeit
Die französische Ärztin ist immun gegen Angst
Mein Arbeit ist ein Panzer, sagt sie
Lächelt dabei wie eine kranke Mutter
Schaut nicht zur Seite auf den langen Fahrten
Wir, die wir sie begleiten, achten noch
auf Kadaver und Gerippe, beerdigt unter rotem Staub
aufgewirbelt von den LKW der ewig
zu spät kommenden internationalen Anteilnahme
Wir bauen Instant - Krankenhäuser
Impfinseln aus Zelttuch und Blech
Verbandsstationen für die Nachlese von Massakern
Führen Unheilbares der Statistik zu, nach rudimentärer Medikation
Die Ärztin schreibt Tagebuch und Briefe
Am Laptop Nachts und weint dabei
Mich wundert es, dass der Nebel
der hier aus der Erde steigt, so weiß ist
Und dann die Morgen, so nah an den Bergen
Im Dunst, wie daheim in der Alb
wenn schon die ersten kommen
für eine Spritze und einen Blick auf uns
Ein Vater aus einem Dorf,
das von Rebellen geplündert wird
während er stundenlang, auf dünnem Rücken
seinen lahmen Sohn zu uns trägt
Einen lebhaften dreizehnjährigen
mit verdrehten Gliedern
wachem Blick und nichts am Leib
außer einer Unterhose
Ich gebe ihm mein T-Shirt
Der Vater streift es ihm über
Der Junge lächelt mich an
und sagt: „Gib mir noch eins.“
Sechs Monate und kaum ein Trost
Ich träume von Geistern und Hyänen
und von geschlagenen Hunden
deren Wimmern leise in meinem Arm erstirbt
An manchen Abenden trinke ich mit der Ärztin
Nescafé und Wodka, zwischen uns ein Leben und ein Land
Aber statt ihren ausgezehrten Körper
berühre ich mich nur selbst
Dann noch frische Leichen
an der Straße in Richtung Grenze
Geköpft und amputiert, weggeworfen
Nicht zu vergessender Geruch von gewesenem Leben
Am Ende Flughäfen und Zwischenlandungen
Nach siebzehn Stunden unter dem Bauch des Fliegers
Deutschland, grün und harmlos und das Gefühl
Auch hier keine Heimat
Im Grenzgebiet
Lieber Sam,
eigentlich wollte ich schon gestern, nachdem ich Klaras Vorschlag gelesen hatte, etwas ihrem Vorschlag Zustimmendes schreiben.
Jetzt da du deinen Text neu gesetzt hast, möchte ich dir meinen ersten Eindruck mitteilen:
Das was mich zuvor an der Setzung in Versen irritiert und gehindert hat, in die Tiefe deines Textes einzudringen, ist vollends verschwunden.
Ich kann mich einlassen, ich werde berührt, jetzt spricht der Text zu mir.
Vielleicht ein Vorschlag zum Anfang des Textes.
Diashow würde ich weg lassen, aber überlegen, ob nicht, ein, dem ersten Abschnitt vorausgesetzter Satz oder eine Art Untertitel sinngemäß wie: "Schon bei der Ankunft sieht man das Land im Leichenkleid" passend wäre, zumal du im letzten Abschnitt von: "Am Ende" schreibst. Der Bogen zwischen dem Beginn und dem Ende des Aufenhalts würde dann klarer.
Über die von dir kursiv gesetzten Worte/ Satzteile muss ich noch nachdenken, mir erschließt sich nicht an allen Stellen, warum du es gerade da und dort gemacht hast.
Liebe Grüße
Gerda
eigentlich wollte ich schon gestern, nachdem ich Klaras Vorschlag gelesen hatte, etwas ihrem Vorschlag Zustimmendes schreiben.
Jetzt da du deinen Text neu gesetzt hast, möchte ich dir meinen ersten Eindruck mitteilen:
Das was mich zuvor an der Setzung in Versen irritiert und gehindert hat, in die Tiefe deines Textes einzudringen, ist vollends verschwunden.
Ich kann mich einlassen, ich werde berührt, jetzt spricht der Text zu mir.
Vielleicht ein Vorschlag zum Anfang des Textes.
Diashow würde ich weg lassen, aber überlegen, ob nicht, ein, dem ersten Abschnitt vorausgesetzter Satz oder eine Art Untertitel sinngemäß wie: "Schon bei der Ankunft sieht man das Land im Leichenkleid" passend wäre, zumal du im letzten Abschnitt von: "Am Ende" schreibst. Der Bogen zwischen dem Beginn und dem Ende des Aufenhalts würde dann klarer.
Über die von dir kursiv gesetzten Worte/ Satzteile muss ich noch nachdenken, mir erschließt sich nicht an allen Stellen, warum du es gerade da und dort gemacht hast.
Liebe Grüße
Gerda
Hallo Sam,
was und wovon erzählt wird - es berührt sehr. Und das ist es in erster Linie, was sich mir mitteilt. Freilich spielt dabei das "Wie" auch mit hinein. Ich finde, dass deine Erzählung viel innere Intensität "atmet" und das kaum zu Fassende sehr gelungen zur Sprache bringt.
Und es gibt einige für mich besonders bemerkenswerte, beeindruckende Stellen -
Mich wundert es, dass der Nebel, der hier aus der Erde steigt, so weiß ist
als nur ein Beispiel. Für mein Empfinden ist das der zentrale Satz, der alles umschließt.
Lieben Gruß
Scal
was und wovon erzählt wird - es berührt sehr. Und das ist es in erster Linie, was sich mir mitteilt. Freilich spielt dabei das "Wie" auch mit hinein. Ich finde, dass deine Erzählung viel innere Intensität "atmet" und das kaum zu Fassende sehr gelungen zur Sprache bringt.
Und es gibt einige für mich besonders bemerkenswerte, beeindruckende Stellen -
Mich wundert es, dass der Nebel, der hier aus der Erde steigt, so weiß ist
als nur ein Beispiel. Für mein Empfinden ist das der zentrale Satz, der alles umschließt.
Lieben Gruß
Scal
Lieber Sam,
mir bleibt nicht viel außer zu sagen, dass ich auch in der zweiten Version keinen Knoten mehr sehe, ich halte das für sehr gelungen und falls bei dir nicht nochmal das Gefühl durchkommt, du hättest zuviel nachgegeben, finde ich das sehr gelungen. Auch die Diashowbene (Gerda: Kusriv ist für mich das Bild, was an die Wand geworfen ist, ein Eindruck behandelt wie ein tastächliches Bild und das drum rum ist der Versuch, zu fassen/zuzulassen...als ob das Bild an den Rändern oder seine Kontrast und Helligkeitswerte nach und nach zu der Mauer, also dem Raum werden, in dem die Bilder gezeigt werden. (Hinüberholen der Eindrücke - Ziegne zu fühlen).
Ich finde das formal dezent und gelungen.
Also für mich: Unbedingt die neue fassung!
Liebe Grüße,
Lisa
mir bleibt nicht viel außer zu sagen, dass ich auch in der zweiten Version keinen Knoten mehr sehe, ich halte das für sehr gelungen und falls bei dir nicht nochmal das Gefühl durchkommt, du hättest zuviel nachgegeben, finde ich das sehr gelungen. Auch die Diashowbene (Gerda: Kusriv ist für mich das Bild, was an die Wand geworfen ist, ein Eindruck behandelt wie ein tastächliches Bild und das drum rum ist der Versuch, zu fassen/zuzulassen...als ob das Bild an den Rändern oder seine Kontrast und Helligkeitswerte nach und nach zu der Mauer, also dem Raum werden, in dem die Bilder gezeigt werden. (Hinüberholen der Eindrücke - Ziegne zu fühlen).
Ich finde das formal dezent und gelungen.
Also für mich: Unbedingt die neue fassung!
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo Ihr Lieben,
DAnke für eure Kommentare zu der Überarbeitung. Aus Zeitgründen kann ich nur mal kurz antworten. Längeres wenn ich wieder ans Netz gehe.
@Gerda
Das Kursive, Elsa und Lisa haben es weiter unten ja bemerkt, sind die Bilder, die gezeigt werden.
Über den Anfang, wie auch den Rest, muss ich in Ruhe nochmal nachdenken. Möglich, dass die (jetzt, wo ich an das Ganze nochmals von Grund auf rangehe) noch ein wenig geschliffen wird. Ansonsten freut es mich, wenn der Text dich in dieser Form anspricht und dudich auf ihn nun besser einlassen kannst.
@Elsa
Genau, das Kursive, ist das, was man auf den Bildern sehen kann. Ich denke auch, dass diese Variante was hat. Hunderprozent zufrieden bin ich aber noch nicht.
@Scalidoro
Freut mich sehr, dass dich das Gedicht berührt, dass du meinst, es atmet, sprich lebendig ist.
Und dieser zentrale Satz - er ist den meisten, die das Gedicht bis jetzt gelesen oder gehört haben, irgendwie aufgefallen. Vielleicht liegt es an der Unmöglichkeit der Idylle, an so einem Ort.
@Lisa
Freut mich, wenn du es als gelungen betrachtest. Es gibt dennoch ein paar Sachen. Über die ich nochmal gehen muss - wenn ich denn wieder Zeit habe. Aber ich denke auch, dass diese Form dem Inhalt mehr entspricht, und trotzdem kein reiner, sachlicher Bericht ist.
Nochmals Danke für eure Kommentare!!
Liebe Grüße
Sam
DAnke für eure Kommentare zu der Überarbeitung. Aus Zeitgründen kann ich nur mal kurz antworten. Längeres wenn ich wieder ans Netz gehe.
@Gerda
Das Kursive, Elsa und Lisa haben es weiter unten ja bemerkt, sind die Bilder, die gezeigt werden.
Über den Anfang, wie auch den Rest, muss ich in Ruhe nochmal nachdenken. Möglich, dass die (jetzt, wo ich an das Ganze nochmals von Grund auf rangehe) noch ein wenig geschliffen wird. Ansonsten freut es mich, wenn der Text dich in dieser Form anspricht und dudich auf ihn nun besser einlassen kannst.
@Elsa
Genau, das Kursive, ist das, was man auf den Bildern sehen kann. Ich denke auch, dass diese Variante was hat. Hunderprozent zufrieden bin ich aber noch nicht.
@Scalidoro
Freut mich sehr, dass dich das Gedicht berührt, dass du meinst, es atmet, sprich lebendig ist.
Und dieser zentrale Satz - er ist den meisten, die das Gedicht bis jetzt gelesen oder gehört haben, irgendwie aufgefallen. Vielleicht liegt es an der Unmöglichkeit der Idylle, an so einem Ort.
@Lisa
Freut mich, wenn du es als gelungen betrachtest. Es gibt dennoch ein paar Sachen. Über die ich nochmal gehen muss - wenn ich denn wieder Zeit habe. Aber ich denke auch, dass diese Form dem Inhalt mehr entspricht, und trotzdem kein reiner, sachlicher Bericht ist.
Nochmals Danke für eure Kommentare!!
Liebe Grüße
Sam
Lieber Sam,
das ist klasse, diese Synthese von Form und Inhalt hat was besonders... Ich dachte zunächst beim ersten Satz (okay: diashow habe ich überlesen) an ein theaterschauspiel bei dem DAS LAND ein leichenkleid trägt, DIE ÄRZTIN sieht beim fahren nicht zur seite etc., also jede strophe wie eine figur ist, die kurz auf die bühne kommt, sich verbeugt und weiterzieht
die diashow ist natürlich auch ne tolle idee, ne modernisiserung meiner ersten assoziation..gif)
damit das formal klarer wird, da stimme ich elsa zu, muss das schriftbild geändert werden...
Sam, kein dia wird kursiv an die wand gestrahlt, das bringt nur auf schiefe assoziationen wenn man den titel nicht kennt! ich würde genau umgekehrt die bilder grade und den rest kursiv oder eben die bilder alle mit großbuchstaben (das hätte noch assoziation an dramatischen text....
sehr gern gelesen, dein 1. satz fängt,
Thea
das ist klasse, diese Synthese von Form und Inhalt hat was besonders... Ich dachte zunächst beim ersten Satz (okay: diashow habe ich überlesen) an ein theaterschauspiel bei dem DAS LAND ein leichenkleid trägt, DIE ÄRZTIN sieht beim fahren nicht zur seite etc., also jede strophe wie eine figur ist, die kurz auf die bühne kommt, sich verbeugt und weiterzieht
die diashow ist natürlich auch ne tolle idee, ne modernisiserung meiner ersten assoziation.
.gif)
damit das formal klarer wird, da stimme ich elsa zu, muss das schriftbild geändert werden...
Sam, kein dia wird kursiv an die wand gestrahlt, das bringt nur auf schiefe assoziationen wenn man den titel nicht kennt! ich würde genau umgekehrt die bilder grade und den rest kursiv oder eben die bilder alle mit großbuchstaben (das hätte noch assoziation an dramatischen text....
sehr gern gelesen, dein 1. satz fängt,
Thea
Hallo Elsa und Thea,
sorry, dass ich mich erst jetzt wieder melde. Herzlichen Dank für eure Meinung.
Ich werde über das Schriftbild nochmal nachdenken und es auf alle Fälle verändern, so dass die DIAS noch mehr herauskommen. Wobei mir deine Anregung Thea, die Bilder in Blockbuchstaben, den erklärenden Text kursiv zu gestalten, gut gefällt.
Nochmals Danke euch beiden!
Liebe Grüße
Sam
sorry, dass ich mich erst jetzt wieder melde. Herzlichen Dank für eure Meinung.
Ich werde über das Schriftbild nochmal nachdenken und es auf alle Fälle verändern, so dass die DIAS noch mehr herauskommen. Wobei mir deine Anregung Thea, die Bilder in Blockbuchstaben, den erklärenden Text kursiv zu gestalten, gut gefällt.
Nochmals Danke euch beiden!
Liebe Grüße
Sam
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