Tag am Meer

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 29.04.2007, 19:55

Und nun noch version IV, die mir schon nahe an das rankommt, was ich bestenfalls kann ;-)


Tag am Meer, Version IV

So roch die Luft
damals bei den Salinen

Wellen branden
und ich denke an Neruda
weiße Tinte
auf blauem Grund

Zwischen den Zeilen
tanzen Steine

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball

Die See
hat sie bewahrt

Hier
wird der Gedanke leicht

Hier
gibst du dem Meer
sein landgängiges Herz
zurück


So, hier sind Version II (auf Anraten vieler) und Version III (Nifls Version), wobei ich nicht weiß, welche besser ist.

Tag am Meer, Version III

Zwischen den Zeilen
tanzen Steine

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball

Die See
hat sie bewahrt

Hier
gibst du dem Meer
sein landgängiges Herz
zurück


Tag am Meer, Version II

Der Himmel ist frisch gestärkt
die Luft riecht
wie damals zwischen den Salinen

Wellen schreiben elementare Oden
Zeile um Zeile
mit weißer Tinte
auf blauem Grund

Dazwischen tanzen Steine

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball

Die See
hat sie bewahrt

Hier wird der Gedanke
leicht

Hier
gibst du dem Meer
sein landgängiges Herz
zurück



Tag am Meer

Wolken und Wünsche
malen den Himmel

Wellen schreiben Gedichte
Zeile um Zeile
mit weißer Tinte
auf blauem Grund

Zwischen den Zeilen
tanzen Steine

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball
die See
hat sie bewahrt

Hier
wird dein Gedanke
federleicht

Hier
gibst du dem Meer
sein landgängiges Herz
zurück
Zuletzt geändert von Max am 07.05.2007, 21:21, insgesamt 3-mal geändert.

carl
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Beitragvon carl » 30.04.2007, 13:41

Liebe Kommentatoren,

durch das Lesen aller eurer Beiträge ist mir klarer geworden, was mich an dem Gedicht fasziniert.
Meine Frau kann ohne Meer nicht leben. Mir ist das zu langweilig, ich brauche Berge zum rumkraxeln. Aber durch sie habe ich verstehen gelernt, was an einem Tag am Meer so toll ist:
Die Entgrenzungserfahrung.
Die Wellen setzen sich im Sand fort, fahren im Salzwind über die Riedgräser, kräuseln die Wolken am Himmel (Federwolken, Annette).
Langsam fällt alles von einem ab.
Der Alltag.
Das Ich-sein müssen.
Die Sprache für diese Erfahrung kann nur in Fühlen, Sehnen, Synästhesie, metalogischen Parallelisierungen bestehen. Natürlich gibt es da orginelleres als Max' Pinselstriche, mit der er diese Situation einfängt. Peter zum Beispiel kann das bedeutend besser.
Aber das ist ja nur Vorbereitung.
Einmalig finde ich, wie er ein Netz webt um die einzig(!) konkreten Dinge darin aufzufischen.
Was für einen liebenswürdigen und wehmütigen Glanz diese kleinen Dinge plötzlich bekommen, wenn sie im Netzt des Gedichtes aus den Tiefen auftauchen.
Ihm gelingt es, sie mit ihren sehr individuellen und dramatischen Schicksalen ganz beiläufig zu versöhnen. Da haben sie Leben geborgen oder genommen, sind vom Schicksal vertrieben, haben jemandem einmal etwas bedeutet.
Und jetzt liegen sie nebeneinader...

In der Schlusswendung, wo das Herz des Lyr-Ichs zum Herzen des Meeres wird, geschieht ja eigentlich das Umgekehrte: Der Tag am Meer wird ein ganz und gar innerer.

Hut ab. C

Nifl
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Beitragvon Nifl » 30.04.2007, 13:55

[Ich finde nicht, Nifl, dass es "hatte bewahrt" heißen muss. Warum? Das Meer bewahrt sie doch weiter, nimmt sie wieder mit hinein, ins Meer]

Hm , ja …. ich bin da auch irgendwie unentschlossen.

Das Landgängige, oder das "äußere Herz" wurde ja angespült, also -für den Erzählabschnitt- rein chronologisch gesehen, wäre es abgeschlossen.

Ich könnte aber auch mit "hat" leben (Nifl, der großherzige Landgänger *g)

Deine Variante empfinde ich übrigens als Verbesserung.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 30.04.2007, 13:59

Tja, Nifl, ich bin mir gar nicht so sicher, ob meine Variante eine Verbesserung wäre...
Der Himmel fehlt darin. Und was wäre ein Meer ohne Himmel?

°grübel°

,-)
Klara

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leonie
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Beitragvon leonie » 30.04.2007, 17:29

Lieber Max,

nachdem ich gestern meine Cahnce verpasst habe, bleibt mir nur, einiges zu wiederholen: Also, mir ging es ein wenig so wie Nifl: Dass ich dachte, zwei Schreiber hätten diesen Text verfasst. Genau wegen der von ihm angesprochenen Stellen, der unterschiedlichen Stile darin.

Das dreimalige "Zeile(N)" würde ich auch versuchen zu verändern.

Hier (diesen Absatz mag ich sehr!) finde ich schwierig, dass die See zunächst so erscheint, als ob sie zur Aufzählung gehöre, deshlab würde ich einen Absatz in Erwäguntg ziehen:

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball

die See
hat sie bewahrt


Ich finde die Bilder nicht soooo verbraucht, hatte miene Freude daran. Mich hat aber dieser "stilistische Bruch" sehr irritiert.

Liebe Grüße

leonie

Perry

Beitragvon Perry » 30.04.2007, 17:47

Hallo Max,
freut mich den "Spülsaum" auch in deinen Zeilen zu lesen (lächel).
Unabhängig von den bereits geschriebenen Komms spaltet dein Gedicht meinen Eindruck ebenfalls in zwei konträre Lager. Der Einstieg ist eher schwach, Wolken, Wünsche und Gedichte schreibende Wellen kommen doch etwas "flach" und "selbstbestätigend" daher. Mit den tanzenden Steinen und dem angespülten Tand des Meeres nimmt der Text dann gut Fahrt auf. Wobei mir weniger Bilder im Mittelteil auch genügen würden. Der Schluss ist dann richtig stark, das "landgängig" belohnt den Leser dann doch durchgehalten zu haben.
LG
Manfred

Niko

Beitragvon Niko » 30.04.2007, 22:45

hallo max!
so ganz kann ich´s dann doch nicht lassen. und hierzu muss ich mich einfach melden.
ich habe mich nach dem lesen gefragt: DAS soll von max sein?
versteh mich nicht falsch: nicht dass ich dir das nicht zugetraut hätte, aber es unterscheidet sich von den texten deutlich, die ich von dir bislang kenne.
dieser text schafft es, zu berühren. das ansich ist schon gut. aber du machst dies auf eine art, die darüber hinaus auch nicht zu nahe tritt, den leser etwa unangenehm einnimmt. du lässt offen. gerade in den zeilen "schwertmuschel schneckenhaus, ball etc" , die "entfernteste berührung" die doch die schönste ist, weil ich beinahe noch intensiver als in dem darumgeschriebenen mein leben in zeilenzwischenräume legen kann. gewissermaßen fühle ich mich also wie am meer in diesem gedicht. und das finde ich grandios.

Im Spülsaum

finde ich nicht so beklatschenswert. der saum vor allem gefällt mir nicht. das wurde schon genug bemüht. aber nu...


kehrt Vergangenes zurück

"vergangenes fände ich streichungswürdig. aus dem folgenden geht das hervor, wie ich finde. auch im "kehren zurück" ist vergangenheit enthalten.

die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball

das ist einfach nur toll, max!
ich schreibe nicht über meine assoziationen. die stark gesättigt werden. weil ich keinem seine nehmen möchte. aber: du lässt hier ne menge raum. das gefällt mir sehr.
die See
hat sie bewahrt

wäre theoretisch obsolet. aber es muss ja nicht dicht auf deubel komm raus sein.

Hier
wird dein Gedanke
federleicht


statt "dein" hätte ich "der" passender gefunden.
Hier
gibst du dem Meer
sein landgängiges Herz
zurück

ja, das landgängige herz......da hast du was feines gezaubert, max! die beiden "hier" sind etwas hart, zu aufzählend. vielleicht aber auch ein bewusstmachen. sich selbst. so würde ich es verstanden haben wollen.

ein sehr starker text, max. ich hoffe, es kommt mehr von sowas ;-)

lieben gruß: Niko, wieder abtauchend. (ich musste einfach mich melden....)

Max

Beitragvon Max » 01.05.2007, 18:58

Liebe Kommentatoren,

herzlichen Dank für Eure ausführlichen Kommentare. Ich versuche mal, auf jeden Kommentar, so gut ich kann, einzugehen. Sollte ich jemanden vergessen, so ist das keine Absicht, sondern Schusseligkeit (ich habe gerade einen halben Kofferinhalt vergessen), bitte erinnert mich dann noch mal.

@elsa: Liebe Elsa, danke, es ist immer ein schöner Auftakt, wenn die erste Rückmeldung für ein Gedicht positiv ist. Die weißen Zeilen sollen in der Tat, wie Mucki im nächsten Komm schrieb die Linien der Gischt sein.

@mucki: Liebe Mucki, auch Dir ein herzliches Danke für den Kommentar. Die weißen Zeilen hast Du genau richtig gelesen.

@scarlett: Liebe Scarlett, hab Dank für Deine Zeilen. Die Gedichte sind eigentlich als Erinnerung an Nerudas Oden an das Meer entstanden und werden wohl in einer Neufassung auch „elementare Oden“ heißen. Was Du zu den „Zeilen“ schreibst, ist völlig richtig und eine kleines Eselei, die daher kommt, dass ich das Gedicht vor 3 Jahren geschrieben hab und nun anlässlich eines Kurzurlaubs am Meer wieder vorgekramt. Dabei dachte ich bei der letzten Strophe, dass sie vielleicht doch zu schade zum Fortwerfen ist und daher habe ich in dem Gedicht rumgepfuscht. In meinem kleinen Block ist das „Zeile um Zeile“ gestrichen – in der Datei habe ich das dann nicht geschafft. Danke für den Hinweis.
Was die bestimmten Artikel vor den Fundstücken angeht, so müssen sie bleiben, denn es handelt sich hierbei nicht nur um bestimmte Fund- sondern auch um bestimmte Erinnerungsstücke.
Das „hier“ war ursprünglich noch dominanter, jede Strophe begann damit. Da ich aber ahnte, dass ich mir den Zorn des Salons zuziehen würde, habe ich alle bis auf zwei gelöscht. Ob ich da noch etwas machen möchte, muss ich mal schauen.

@ferdi: Lieber Ferdie, Spülsaum ist seit einigen Jahren ein Wort, das bei mir auf ein Gedicht wartete. Es ist aber keine Neukreation von mir, sondern existiert für den kleinen Rand, den das Meer hinterlässt. Danke für Deine Rückmeldung.

@carl: Lieber Carl, Danke für Deine Ideen zum Gedicht! Das „dazwischen tanzen Steine“ scheint mir wirklich die eleganteste Lösung für das Missgeschick mit den dreifachen „Zeilen“ (über dessen Entstehung ich ja schon zu Scarlett geschrieben habe). (zu Deiinem zweiten Komm. kommt weiter unten noch eine Antwort).

@Nifl. Lieber Nifl,

Ich krame gerade in meinem Gedächtnis… warst du nicht der, der textlich "Neuland" beschreiben ä beschreiten wollte?


ich krame auch in meinem Gedächtnis: ich kann mich erinnern, das von mir dies immer (mal wieder) fordere und auch immer mal wieder zu kurz darin schieße. Ich kann mich allerdings nicht erinnern es geschrieben habe, aber Du hast recht: ich wünsche mir eigentlich eine Sprache, die so gut als möglich dem zu Beschreibenden gleicht.

Wenn ich die Kritiker im Salon hätte testen wollen, so wäre ich mir sicher gewesen, dass Du die entsprechende Antwort findest. Da ich aber gar nicht testen wollte, war Deine Antwort gewissermaßen doch überraschend ;-).

Der Grund dafür, dass Du eine starke Zweiteilung des Gedichtes empfindest ist der, dass es tatsächlich zweigeteilt ist. Wie ich Scarlett oben schon geschrieben habe, ist das Gedicht ursprünglich älter – ich habe es vorgestern ausgegraben, war nicht so recht zufrieden, dachte aber doch, dass sich die letzte Strophe lohnen könnte. Daher habe ich dem Gedicht noch eine Strophe gegeben (die mit dem Spülsaum) und ein wenig Zeilen hin- und hergeschoben. Gestrichen habe ich aber keine – vielleicht hätte ich das tun sollen. Was die erste Strophe angeht, so hast Du vermutlich recht, dass sie in die Tonne gehört, bei der Strophe 2 bin ich mir da weniger sicher. Ich würde die Erinnerung an Nerudas Oden an das Meer, gerne für mich beibehalten, da aber außer mir sich niemand an Neruda erinnert gefühlt hat durch die Zeilen, muss den Neruda vielleicht ein wenig dicker auftragen und die „Gedichte“ durch „elementare Oden“ ersetzen, was meinst Du (ich vermute, du meinst immer noch Metaphern sollten nicht schreiben oder malen ;-) ). Ob eine überarbeitete Fassung (zu der treibst Du mich, danke! Auch, wenn sie noch nicht ganz fertig ist) alles fortlässt, was Du gerne verschwinden sähest, ist mir noch nicht ganz klar, beispielsweise bin ich – ähnlich Klara – der Meinung, dass ein Himmel zum Meer gehört, aber ob ich auch Worte finde für den Himmel, der mir vorschwebt, ist eben unklar. Jedenfalls danke ich Dir für die Kritik, die mich noch einmal auf das Gedicht zurückgeworfen hat.

@gerda. Liebe Gerda, was mir besonders auffällt ist, dass Deine Gedanken an der zusätzlich eingeflochtenen Strophe hängen geblieben sind. Die angespülten Gegenstände sind wichtig, weil sie das lyr. Ich an das eigenen Leben erinnern, aber sie sind nicht positiv oder negativ besetzt, jedenfalls vermag ich das nicht zu lesen.
Die letzte Strophe könnte in etwa heißen, hier merkt das lyr. Ich (oder du), dass sein Herz ein Meerherz ist und dass die „Landdinge“ es belasten und es sich hier zu Hause fühlt, das Herz ist zurückgekehrt. Die Strophe hat aber eine viel profanere Wurzel, aber die weiß nur Lisa (oder die vielleicht auch nicht mehr).

@louisa: Chere Mademoiselle Louisa ;-), zur letzten Strophe, die Rätsel aufgibt, habe ich ja schon zu Gerda etwas geschrieben. Zur ersten Strophe zu Nifl. Ob ich nun Willkür oder Wildschweine einbaue, weiß ich noch nicht so recht. Derzeit scheint mir ein Himmel – wenn er denn vorkommen darf – am ehesten in eine Strophe wie

„Der Himmel ist frisch gestärkt“

zu passen, was meinst Du?

Das hier


Insegsamt mag ich diese Kette von beinahe gealterten Gegenständen sehr gern. Es ist als ob all diese Dinge einmal zum "lyrischen Ich" gehört hätten. Sehr schön.



hat mir an Deinem Komm. gut gefallen, denn es stimmt  auch für das weniger lyrische Ich.

„Die See
hat sie bewahrt“

schien mir wichtig, um den Leser denken zu lassen, was auch Du bei den Zeilen mit den Gegenständen gedacht hast, oder nicht?

Das „Federleicht“ ist wohl Kitsch, also fort damit, werden die Gedanken eben nur leicht.

Das Herz des Meeres schließlich ist ja nicht nur beim lyrischen Ich, sondern bei jedem der die See liebt, non?

Übrigens stimme ich Dir vorbehaltlos zu, dass nicht wichtig ist, was gedacht wird (Hauptsache es wird gedacht und Hauptsache am Meer), solange dieser Satz sich nicht auf meine Verse bezieht, da ist immer alles wichtig (das gehört auch zu den „Scherzen“).

@annette: Deine Lesart finde ich spannend. Zum einen hast Du Recht mit der sprachlich unterschiedlichen Qualität der Strophen (na, wenn sie wenigstens nicht alle gleich schlecht sind ;-) ), ich werde versuchen das zu reparieren. Deine Interpretation des Strandguts kommt nicht ganz mit meiner überein, daher konnte ich da beim Schreiben auch nichts Schweres entdecken. Wie Louisa oben schon angemerkt hat, handelt es sich dabei um Gegenstände, die das mehr oder weniger lyr. Ich an Gegenstände seiner Kindheit erinnern, das solleigentlich nichts Tragisches haben. Mit dem „federleicht“ hast Du sicher Recht, wenn man „leicht“ meint, soll man auch „leicht“ sagen.

@Nifl (die zwote): Ich bin eindeutig für „hat“, das Aufbewahren ist nicht vorbei.

@Klara: Liebe Klara, zum einen ist das Fortlassen der kritischen ersten Strophe sicher eine Option – ich werde sie neben eine geänderte erste Strophe zur Wahl stellen, mal sehen, was ich für Rückmeldungen bekomme.
Zum zweiten wäre „dein landgängiges Herz“ ganz sicher eine gute Möglichkeit, nur geht dann das ursprüngliche Bild, der Anlass für diese Strophe nicht mehr. Wenn es aber wirklich Probleme mit dem Verständnis dieser Zeilen gibt, muss ich da wohl wirklich ein „dein“ draus machen.

@Carl: Lieber Carl, dieser Beitrag erfreut mich ganz besonders, weil er ein für sehr intensives Einfühlen Deinerseits spricht. Ich stimme Dir übrigens zu, dass meine sprachliche Leistung da nicht das originellst mögliche ist – gerade da bin ich auf der Suche, das ist es, was ich (wenn ich das schon gesagt haben sollte) mit: „ich bin auf der Suche nach einer neuen Form“ gemeint habe – aber man kann ja nur bedingt schnell weiterwachsen – wenn überhaupt.

@leonie: Liebe Leonie, ja, wie diesen unterschiedlichen Stile zustande gekommen sind (würdest Du wirklich von einem Bruch reden?) , habe ich ja oben schon zu erklären versucht – wenn der von Dir vorgeschlagene Absatz die Lesbarkeit verbessert, so werde ich ihn natürlich gern einfügen.


@perry: Lieber Perry, ja der Spülsaum … den habe ich übrigens nicht geklaut (abhängig davon, dass mein Spülsaum doch ein paar 100 km von Deinem entfernt war ;-) ), sondern der geisterte schon des längeren durch meinen Kopf, nun ist er aufgetaucht. Die ersten Zeilen werde ich ändern – wenn auch ein allmähliches Fahrt aufnehmen vielleicht gar nicht das schlechteste ist …. wie gesagt hänge ich am Nennen des Himmels und an den Versen der Wellen noch ein wenig, so dass ich vielleicht zwei Varianten vorschlage. Danke für Deine Beschäftigung mit meinen Zeilen.

@niko Lieber Niko, hab Dank, dass Du von Deiner verordneten Auszeit zurückgekehrt bist, um meine Zeilen zu besprechen, das schätzte ich!

Der Spülsaum .. hm .. also ich kenne nur Perrys Gedicht (von dem es nicht geklaut ist), das auch den Spülsaum bemüht. Schwierig ist für mich, dass der Ort, wo man so was findet nun mal der Spülsaum ist ;-) … ich könnte natürlich drüber nachdenken, das ganze landeinwärts zu verlagern.

Das „Vergangene“ benötige ich, um drauf hinzuweisen, dass diese Gegenstände nicht nur an sich zu finden sind, sondern auch in der Erinnerung des(lyrischen) Ich, der solche Gegenstände mal besessen hat, ähnliches gilt für „die See hat sie bewahrt“, aber vielleicht sollte ich da wirklich streichen, was meinst Du?

Das mit dem federleichten Gedanken muss ich eh ändern, kann gut sein, dass es dann „der Gedanke“ wird.
Dein Verständnis der „hier“s gefällt mir ….


Uff, das wäre geschafft ;-)

Gaanz lieben Dank an alle
Max

carl
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Beitragvon carl » 02.05.2007, 06:27

Ich weiß es, Nacht: ich geh dich wohl
Nichts an. Aus ihr, der Weltenschlucht,
Geschleudert, eine Muschel, hohl,
Lieg ich am Rande deiner Bucht.

Du Unbeteiligte, du rollst
Dein Meer, du hörst nicht, singst, singst fort.
Doch sie, die leer und unnütz ist, du sollst
Sie lieben, deine Muschel dort.

Im Sand, da liegt ihr, dein Gewand
Schlägst du um sie, die zu dir schlüpft.
Die große Glocke Dünung: an
Euch beide hast du sie geknüpft.

Die Wände - brüchig; dieses Haus
Ist unbewohnt, wie's Herzen sind.
Du füllsts mit Schaumgeflüster aus,
Mit Regen, Nebelschwaden, Wind...

Max

Beitragvon Max » 02.05.2007, 10:17

Lieber Carl,

das ist wunderscjön. Ich habe in meinem Kopf und meinem Bücherschrank gekramt, schließlich hat mir ausgerechnet Herr Google, der doch von Lyrik gfenau so viel oder wenig weiß, wie von tektonischen Verschiebungen, Astrologie oder mittelalterlichem Gesang, geholfen den Autor ausfindig zu machen: Ossip Mandelstam - wie schön und natürlich völlig unerreichbar.

Danke fürs Zeigen.

Liebe Grüße
Max

carl
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Beitragvon carl » 02.05.2007, 12:16

Hallo Max,

ich befürchte ein Missverständnis...
Ein Vergleich mit lebenden oder toten Autoren ist bei mir nicht wertend gemeint.
Ich bin nicht der Meinung, dass z.B. Peter das besser hingekriegt hätte, oder Ossip es hat.
Was ich angesichts der vielfältigen Meinung, Dein Gedicht wirke, als hätten es zwei Autoren geschrieben, einwenden wollte:
Folgender Teil des Gedichts wirkt nicht für sich alleine:
"Tag am Meer

Im Spülsaum
kehrt Vergangenes zurück
die zerbrochene Schwertmuschel
das poröse Schneckenhaus
der abgetriebene Ball
die See
hat sie bewahrt"

Er braucht eine Einbettung in die allgemein bekannte Stimmung "Badeurlaub am Meer" um seine Tiefe zu entfalten. Die Einrahmung in die diffuse Gestimmtheit, die eigentlich keinen konkreten Gedanken und kein Abgrenzungsbedürfnis zulässt, muss diesen Teil einrahmen. Deshalb kann man das Gedicht nicht aufteilen in "das gefällt mir und das nicht" (vielleicht kann man das "Netz" noch verbessern, in dem sich das Treibgut fängt).
Für mich haben die Bilder nicht an sich einen Wert, sondern in ihrer Beziehung.
Du bist ein Meister des Understatement!
(Das würde ich über Peter nicht so sagen. Um beim Vergleichen zu bleiben ;-))
Ich würde das Schicksal des Treibgutes leicht überlesen haben, wenn nicht die letzte Strophe wäre.
Sie beinhaltet für mich eine Versöhnung mit der Vergänglichkeit, ein Einverständnis, das ohne großartige Geste dem Kleinen und Beschädigten seine Würde zurückgibt (im Zusammenklang mit den andern Strophen)...

Deshalb habe ich "Die Muschel" von Mandelstamm eingestellt, nicht um zu demonstrieren, wie es besser geht, sondern um zu vergleichen. Und das ganz ohne Komparatistikstudium ;-).
Die Bilder der "Muschel" sind außer der "großen Glocke Dünung" auch nicht soo originell!
Bei allen Divergenzen gibt es deutliche Parallelen bzw. von der Intetion Antiparallelen:
Tag mit typischer Urlaubstimmung/ Nacht mit typisch existentialistischen Attributen
Gemeinsam das Thema Entgrenzung durch die Erfahrung der Naturgewalten. Ewiger Rhythmus. Formlosigkeit. A-Personalität. Ausgeliefertsein.
Gemeinsam auch der einzig konkrete Gegenstand als Kondenstionskeim des persönlichen Schicksals.
Bei Mandelstamm wird die Versöhnung eingeklagt, aber verweigert.
Dein Gedicht gewährt sie in einer Situation, von der ich erst beim 2. Lesen merke, dass sie nötig war.
Mandelstamm ist expressionistisch bis zum Pathos. Er überlädt durch direkte Ansprache "Ich/Du" die Natur mit Bedeutung.
Du lässt das Gefühlte (abgesehen von "Sommerstimmung", aber das habe ich als nur funktionalen Bestandteil gewertet), den Schmerz weg. Den Moment der Reifung durch Annahme des Schicksals. Um es selbst mal pathetisch auszudrücken.
Understatement eben...
Ich würde das erstmal in seiner Gesamtheit zu würdigen versuchen, bevor ich mich über Einzelheiten hermache.

Max

Beitragvon Max » 02.05.2007, 20:22

Liebe Leute,

ich habe inzwischen zwie neue Versionen eingestellt: Version II versucht die Wörter, die ich gerne sähe zu behalten und den Rest besser zu machen, Version III ist Nifls Vorschlag.
Wäre schön, wenn Ihr zu beiden eine Meinung hättet (und sie auch mitteilen würdet ;-) )!

Liebe Grüße
max

Max

Beitragvon Max » 02.05.2007, 20:37

Lieber Carl,

oh, ich wollte mich weder über den Vergleich mit Ossip beschweren, noch habe ich jubiliert. Es war ein ganz wertneutrales "ist das schön", das da über mich kam und dann natürlich manchmal die Frage: Könnte ich das auch? - Und sofort in mir die Antwort: Nö - das ist einfach gut. Ich fürchte da den Vergleich nicht, man muss und darf ja anerkennen, dass es Menschen gibt mit einer außerordentlichen Begabung und wenn mir mal ein Gedicht gelänge wie der Celan oder die Bachmann oder der Skacel es schrieben, so wäre ich einfach froh, weil es dicht an der Aussage sein muss, die sie empfunden haben.

Was den Vergleich der beiden Gedichte angeht, so ist für mich zunächst einmal klar, dass die beiden Gedichte nicht nur anders mit dem emotionalen Ausruck umgehen, sondern auch unterschiedlich gestimtm sind: mein Gedicht kommt sicher, wenn auch nicht direkt aus der Urlaubsstimmung, so doch aus einer Leichte, ist also eher eine Durtonart, Mandelstamm (ich weiß gar nicht, von wann das Gedicht ist) hat eine viel tragischere Dimension (die ich nicht nur weglasse - danke, für den "Meister des Understatement ;-) - sondern in dem Moment auch nur periphär transportieren möchte). Dieses Heimkehren zu den Wurzeln (das ich in Version II nun schln früher andeute) ist für mich immer zentral, aber ich habe gerade hier auch eine heitere Komponente angesprochen.

Darüber hinaus gefällt mir, wenn Du schreibst, dass die Strophe mit dem Treibgut die anderen benötigt - beim Schreiben fühlte ich gerade umgekehrt, dass sie die anderen sinnvoll ergänuzt und Perspektive in das Bild bringt.

Herzlichen Dank für diese tiefgehende Würdigung meiner Zeilen.
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 02.05.2007, 21:48

Lieber Max,

also spontan (d. h. so nach zwei- dreimaligem Lesen!) sage ich: Version II ist es für mich definitiv nicht (Himmel frisch gestärkt, elementare Oden??? - na ich weiß nicht; gut empfinde ich nur, daß das feder- aus leicht raus ist), Version III ein anderes Gedicht!

Nur zur Erinnerung: ich habe deine erste Version gewählt und keine der beiden neuen. ;-)(gell, Jürgen, bitte berücksichtigen!)
Da schwingt so viel mit, das kann man spüren, das lebt...

Nix für ungut,

scarlett
(von der ja hinlänglich bekannt sein solte, daß sie hoffnungslos romantisch ist!)

Max

Beitragvon Max » 02.05.2007, 21:53

Liebe Scarlett,

danke! Ja, es kann gut sein, dass ich mich da im Versuch neu zu schaffen verrenne.

Kannst Du sagen, worüber Du genau bei
Himmel frisch gestärkt, elementare Oden?

stolperst? ... Ich lerne ja noch :-)

Dabke für Dene Stimme!.

Liebe Grüße
max


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