die einsamkeit kommunizierter nähe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 14.04.2007, 13:47

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
Zuletzt geändert von Gast am 18.05.2007, 15:23, insgesamt 12-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 11.05.2007, 02:20

Liebe smile,

vielen Dank, dir, für die nochmalige Rückmeldung. Es freut mich, dass du etwas in meinem Text gefunden hast, was dir besonders gefällt.

Nachtgrüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 11.05.2007, 12:10

Liebe Gerda,

diese Verse von Dir habe ich leider erst heute Morgen entdeckt, aber besser spät als nie. Es gibt ja Texte, die mehrfach gelesen werden wollen, dieser ist – jedenfalls für mich - einer davon und er gefiel mir immer besser, je öfter ich ihn las.

Du hast eine komplexe und aktuelle Thematik treffend und pointiert umgesetzt mit einer genauen Beobachtungsgabe für ihre psychologischen Elemente.
Etwas schwer tat ich mich zunächst mit den beiden Titeln; der erste schien mir etwas sperrig und zuviel vorwegnehmend, der zweite zu abgegriffen. Inzwischen habe ich mich mit der „einsamkeit der kommunizierten nähe“ angefreundet und musste meine anfänglichen Bedenken wegen zu großer Antizipation im Hinblick auf die letzte Strophe revidieren. Den zweiten Titel halte ich dagegen noch immer für verzichtbar.

Die in den Kommentaren diskutierten Schrägstriche stören mich nicht nur nicht, sondern ich empfinde sie sogar in ihrer auf den ersten Blick vielleicht verstörenden Nüchternheit als eine sehr gute formale Unterstützung der Aussage Deines Textes. Ich würde sie auf keinen Fall ändern.

Herzliche Grüße in diesen grauen und stürmischen Tag!
Herby

Niko

Beitragvon Niko » 11.05.2007, 12:17

hallo gerda!
was mich bei deinem gedicht besonders bewegt, ist die frage, was der sinn dieser schrägstriche sind. (slash sacht mein sohnemann immer)
ich sehe die gefahr von mode. sehe das auch latend bei der klammersetzung so. wenn es sinn macht, so haben diese und andere dinge natürlich eine berechtigung. ich würde gerne verstehen. kannst du mir erklären, wozu man diese dinger einfügt? man könnte doch auch so abfassen:

du* weißt es nicht
in welche stimmung
sätze einer nachricht
stimmlos fallen werden
sind sie zerhackt und digital gepackt
entfernen sie sich lautlos
via breitband
kommen so sicher beim empfänger an
und können dennoch dort verhallen

ganz ohne ton
trafst du gerade jenen richtig
der ausgedachte* klang
machte mich süchtig
er suggerierte echtes fühlen
ich komponierte mir die nähe wörtlich
es fällt das fehlen
(virtuell zu füllen)
ins gewicht

ich hoffe, du hälst mich jetzt nicht für knochig konservativ und spießig. ich wills einfach kapieren. so - wie von mir mal einfach gestellt, ist es übersichtlicher. ich persönlich fände "man" in der ersten strofe passender. das ist für mich dann schon ein hinweis auf dieses vereinsamen, anonymisieren. ich frage mich auch, ob man *g (sprich: du) in strofe zwei nicht im präsens bleiben könnte / sollte.
was meinst du?
lieben gruß: Niko
Nachtrag: habe die vorigen komms jetzt erst gelesen, lasse meine schrägstrichanmerkungen aber dennoch drin.

Gast

Beitragvon Gast » 11.05.2007, 20:24

Lieber Niko,

vielen Dank für dein Interesse an meinem Text.
Zu den Slashs, wie ich auch schon an reimerle geschrieben habe,
verfolgen sie mich derzeit und ich probiere heftig mit ihnen herum (Habe ich ja auch unter dem Text vermerkt). Kann gut sein, dass ich die nächsten Texte ebenso schreibe.
Die Gefahr der Mode? Daran habe ich im Traum nicht gedacht. Glaub ich auch nicht, dann hätte ich bei den Texten, die beim diesjährigen Leonce und Lena Preis in der Endausscheidung Teil genommen haben, beim Lesen etwas merken müssen.
(Was auf dem Vormarsch ist, ich mag nicht von Mode ;-) sprechen im Zusammenhang mit Literatur, ist eindeutig Prosalyrik).

Oder meinst du im Salon?
Ich glaube außer mir hat nur Perry (bevor ich es tat) welche gesetzt.

Wie du vielleicht weißt gehe ich mit Setzung und Zeichen sehr sparsam um, aber hier muss es (für mich) so sein. Hat auch ein bisschen mit dem Digitalisieren der Nachrichten zu tun, auch mit dem sich klar werden des Lyrich über die virtuellen Vorgänge.
Sie scheinen mir für diesen Text geradezu prädestiniert, wie auch für: „ sie hat die Sprache verloren“, ich glaube den hattest auch kommentiert. .

Nun zum „du“ oder „man“ in Vers 1 Z 1
Wie du vielleicht verfolgt hast, stand da erst „man“.
ich bin froh, das ich durch dich da noch einmal aufmerksamer als bisher in Carls Kommentar gelesen habe.
Denn ich habe seinen Vorschlag nur teilweise umgesetzt, was mir jetzt erst aufgefallen ist und so keinen Sinn macht.
Also zurück zum „man“.


In V1 führt das Lyrich ein Selbstgespräch , in dem es gegenwärtig, aber allgemein in die Eigenarten digitaler Nachrichten reflektiert, es versucht sich abzusichern, in dem es sich „vorbetet“, wie das mit der mod. Kommunikation nun mal von statten geht.
Für V2, Z 1 – 4, habe ich bewusst das Präteritum gewählt.
Lyrich bestätigt sich, dass es ja wohl so gewesen sein muss, dieses „echte“ einbilden, es war im konkreten Fall, der abstrakten Situation träumerisch auf den Leim gegangen.

Liebe Grüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 11.05.2007, 20:38

Lieber Herby,

wenn du diesen Kommentar liest, wirst du sehen, dass der Untertitel entschwunden ist. :pfeifen:

Gestern noch habe ich drüber nachgedacht und mich gewundert, dass niemand etwas zum Untertitel geschrieben hat ...
(Es war einfach zu viel, den "Zauberlehrling" auch noch zu bemühen).

Vielen Dank für deine positive Rückmeldung. Es freut mich, dass dieser Text, einschließlich der Slashs, auch einem "Barockmenschen";-) zusagt, ist er doch so anders, als jene Texte, die du sonst lobst. :-)

Liebe Abendgrüße
Gerda

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noel
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Beitragvon noel » 12.05.2007, 23:11

ohne die massen
_haften kommentare gelesen
zu haben

ich konnte den text rap_rap_ hören
& der klang hatte was betörendes

virtuelles könnte
lieben
wortraumerfüllungsszenerie
mit allem wenn & aber
allem könnte wenn
gut nachfühlbar

beim zweiten lesen hatte ih das gefühl -mein ohr-
das irgendwo der klang im gesang nichtrecht stimmt....
aber ich werde darüber schlafen sollen
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Gast

Beitragvon Gast » 13.05.2007, 23:06

Liebe noel,

danke für deinen Kommentar, der mich - ich weiß gar nicht weshalb - an noelsche Verdichtungen erinnert ;-)

vielleicht ein Trost:
Dein Ohr trügt dich nicht ...
Misstöne missfallen,
weil Betörung simmuliert
und deshalb töricht

Ich hoffe du verstehst. :smile:

Liebe Grüeß
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.05.2007, 23:27

Liebe Gerda,

das ist sehr gut durchdacht und schön geschrieben.
In der 1. Str. wie so oft einfach nicht ankommt, was gesagt/geschrieben wurde, glänzend.
In der 2. Strophe, die scheinbare Nähe, ja, manchmal sogar Liebe, die virtuell entstehen kann und wie der Empfänger Fantasien enwickelt, super.

Ich möchte ja gern alle Menschen mit denen ich virtuell kommunizieren auch real kennen. Wenigstens am Telefon.

"ausgedacht" finde ich viel klarer.

So gut beobachtet, Respekt.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 14.05.2007, 00:12

Vielen Dank, liebe Elsa,

oha, :rolleyes: es kann sogar bei einem Menschen, den man real kennt und schätzt dennoch jenes Beschriebene passieren ...

Es hängt wohl auch damit zusammen, was der Empfänger gerade vermisst und hat nicht ausschließlich damit zu tun, dass man sich nicht persönlich kennt ;-) meine ich.
Aber wenn man sich nicht persönlich kennt, ist die Gefahr umso größer, glaube ich.

Freut mich, dass du auch den Drang verspürst, die "virtuellen Menschen zu realisieren".

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.05.2007, 09:33

Liebe Gerda,

selbstverständlich hat es mit der Sehnsucht, etwas hören/lesen zu wollen, was vermisst wird, zu tun.

Wenn man sich nicht persönlich kennt, ist die Gefahr, sich zu "verrennen" imho größer. Unser Kommunikationssytem funktioniert ja in erster Linie nonverbal über die unbewusste Körperwahrnehmung. Die Sprache steht an 2. Stelle. Und darin liegt die Crux der rein virtuellen Kontakte.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 14.05.2007, 10:21

Liebe Elsa,

richtig, ich merke, auch du hast ein Faible für das Auseinandersetzen über Kommunikation, also die "Kommunikation über die Kommunikation" und deren Aussagekraft hast.
Das "Nonverbale" im realen Leben ist echt ... in der Regel ... lügen, wenn, die Worte ;-)

Liebe Grüße in die neue Woche
Gerda

aram
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Beitragvon aram » 14.05.2007, 11:33

liebe gerda,

ich lese immer wieder den titel, und will dazu nur sagen, das ich damit nicht klar komme - er wirkt auf mich konstruiert /überhöht, und im text finde ich dann nichts, das diese "geste" offen legt oder weiterführt. so erinnert es mich letztlich nur an einen bekannten romantitel kunderas. ich kann aber keinen sinn, keine poesie damit verbinden.

im detail: "kommunizierte nähe" impliziert, dass sich nähe kommunizieren lässt. also mit-teilen.
soweit verständlich - aber wie kann diese nähe dann einsam sein? lässt sich sagen: nähe ist einsam?

ich bin verwirrt und habe den eindruck, der titel verwendet den begriff "kommunizieren" in einer bedeutung, die ich nicht kenne, und den begriff "nähe" vielleicht ebenfalls.

aus dem text erschließt sich mir das alles nicht, es klingt sehr kompliziert -

"es fällt das fehlen / (virtuell zu füllen) / ins gewicht"

- ich verstehe es nicht.

du schriebst mir, dass es um vorgegaukelte oder vermeintliche nähe geht - davon kann ich im titel nichts finden, "kommuniziert" funktioniert für mich nicht in diesem sinn - geht es um erfolglose kommunikation, oder darum, erfolgreich etwas vorzutäuschen?

liebe grüße
aram
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Klara
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Beitragvon Klara » 14.05.2007, 13:15

Hallo,

habe keinen außer Arams Kommentar gelesen (das ist jetzt kein vergleichendes Wert-Urteil über Kommentare, sondern Text wie Kommentator standen gerade zufällig auf dem Newsticker), daraufhin den Text - und verstehe das Unverständnis nicht.

Der Titel ist etwas sperrig, das stimmt.

Aber alles andere? Jemand sitzt vor dem Rechner und kommuniziert mit Wildfremden, jedenfalls mit Fremden, vielleicht auch mit Wilden. Dadurch entsteht eine - so kommunizierte - Nähe, eine virtuelle Nähe, die aber real ist im Empfinden des Kommunizierenden. Und doch... bleibt da eine Leere, eine nichtkommunizierbare (und nicht verschwindende) Einsamkeit.

Nach dem Grund dafür fragt der Text nicht (vielleicht wäre es das fehlende sinnliche/körperliche Element?

Ich würde ein paar Kleinigkeiten ändern, aber den sperrigen Titel lassen. Er ist da so gekommen, glaube ich, und vermute, dass zuerst der Titel (als Gedanke) da war, dann der Text.

Die Kleinigkeiten: ein es im ersten Vers streichen:

man weiß nicht / in welche stimmung /

ein so im fünften Vers streichen und ein anderes Verb als kommen wählen:

landen sicher beim empfänger


und den sechsten Vers weglassen oder anders machen (verhallen und stimmlos passt nicht ins Bild). Mir ist nicht klar, was dieser Vers sagen will: Ist es unklar, wie eine Nachricht ankommt, oder bei wem?

Zweite Strophe Vers: Ist mir die Vergangenheit unklar. Da scheint mir, es soll eine Geschichte erzählt werden, aber das ist eine Geschichte zu viel für den Gedanken. (Auch wenn es vergangen ist: Gegenwart wäre stärker, oder?)

vielleicht so?
ganz ohne ton / triffst du mich gerade richtig/
der klang, den ich in mir dazu find/ macht mich süchtig /
als surrte echtes fühlen in der Leitung/
ich komponiere mir die nähe wörtlich /
doch fällt das fehlen / (virtuell zu füllen) / ins gewicht


Grüße
Klara

Perry

Beitragvon Perry » 14.05.2007, 16:24

Hallo Gerda,
als Kommunikationsfachmann haben mich deine Zeilen sehr erfreut, denn wann wird diese doch eher trockene Matrie schon mal lyrisch aufbereitet. Zum Text ist schon viel gesagt worden, sodass ich mich dem Titel zuwenden möchte. Er erscheint mir etwas zu ausführlich. Was würdest du von "die einsamkeit kommunizierter nähe" oder "auch zwischen bytes wohnt einsamkeit" halten.
LG
Manfred


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