Es wär SO NETT gewesen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Zenon

Beitragvon Zenon » 06.07.2006, 13:04

Wie hundsgemein, dass kurz vor Toresschlusse
erneut die Führung den Azzurris glückte!
Die Italiener waren ganz versessen,
den Kampf in der Verlängrung zu gewinnen.

Im Viertel- und im Halbfinale stand es
nach regulärer Spielzeit Unentschieden.
Schon wieder deutsches Glück beim Elferschießen?
Das wäre auch nicht ganz o. k. gewesen.

Bedenkt, vier hohe Favoriten patzten
bereits zuvor: Brasilien und England,
die Niederlande und die Argentiner.

Hut ab vor Jürgen Klinsmann! Tolle Leistung!
Als Teamchef den WM-Sieg heimzuholen,
gelang doch nicht mal Kaiser Franz auf Anhieb.
Zuletzt geändert von Zenon am 08.07.2006, 10:46, insgesamt 2-mal geändert.

Zenon

Beitragvon Zenon » 07.07.2006, 22:04

Das Gedicht heißt also (in einer Lesart) "Es wäre ein Sonett gewesen" und nicht "Es ist ein Sonett". Es kann also weder ein gutes noch ein schlechtes Sonett sein - es ist überhaupt noch keines. Das Auffälligste, was dazu fehlt, sind die Reime.

Die fehlenden Reime stehen für den fehlenden WM-Lorbeer.

Da die vierzehn Zeilen nicht in einer Chronik der bisherigen (deutschen) WM-Teilnahme bestehen, sondern sich um das Scheitern (an Italien) drehen, lag mir ein stufenweises Abbröckeln der Form gemäß Lisas Vorschlag fern. Das Italien-Spiel war ein K.o.-Spiel. Entweder-Oder. Nichts da mit peu à peu.

Bei den vier ausgeschiedenen Favoriten hat die Ausnahme "Argentiner" (statt Argentinien - also Leute statt Land) deshalb Sinn, weil die Deutschen gegen die Argentinier - Mann gegen Mann - gespielt haben, während sie mit den anderen drei Nationen nicht in Berührung kamen.

"Teamchef" bezieht sich auf Beckenbauer. Der wollte seinerzeit so genannt sein. Mir ist nicht bekannt, dass Bierhoff so bezeichnet wird. Im Gedicht ist "Teamchef" das Synonym für den Cheftrainer, mit dessen Namen die Mannschaft und ihr Wohl und Wehe am stärksten verbunden sind.

Auf Trixie's "Verlängerungs"-Vorschlag kann ich mich einlassen. Die Zeile 4 ändere ich dahingehend ab.

Es handelt sich um ein Gelegenheitsgedicht, das ich an meiner Arbeitsstelle einer WM-Tipp-Gemeinschaft möglichst kurz nach dem "angedichteten" Spiel fürs Schwarze Brett zur Verfügung stellen wollte, so dass ich nicht lange feilen konnte. In der Eile war ich schon zufrieden mit dem Erreichen der Takt- und Silbenzahl in allen Zeilen.

Vielleicht passt ein solch semi-poetischer Beitrag besser in eine andere Rubrik, wo nicht gar so strenge künstlerische Maßstäbe angesagt sind. Wie Birute es ja ebenfalls angeregt hat.

Derartige Ambitionen halten sich bei mir zumindest vorerst noch in engeren Grenzen.

Es grüßt Euch
Zenon

P.S. Trixies Vorschlag nehme ich nun doch nur so weit an, als das Apostroph getilgt wird - übrigens auch das im Titel.
Zuletzt geändert von Zenon am 08.07.2006, 10:49, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.07.2006, 23:19

Hallo zenon!
Besonders bei diesen Zeilen:

Schon wieder deutsches Glück beim Elferschießen?
Das wäre auch nicht ganz o. k. gewesen.


graust es mich überall...Außerdem: Wenn Du diese zwei Endreime einmal ganz langsam und deutlich liest, merkst Du den unsauberen Reim bestimmt selbst. Dadurch kommt kein "Fluss" zu Stande, den meine Vorschreiberinnen bemängeln...

Dann:

Hut ab vor Jürgen Klinsmann! Tolle Leistung!
Als Teamchef den WM-Sieg heimzuholen,
gelang doch nicht mal Kaiser Franz auf Anhieb.


-Besonders dieses "Tolle Leistung" ist für mich fast unerträglich...aber wenn Du das nicht ernst meinen solltest, amüsiert es mich.

In den letzten Wochen habe ich so viele unfreiwillige Fußball-Bekanntschaften (vornehmlich in der Straßenbahn) machen müssen, dass ich kurz davor bin diesem Sport den Krieg zu erklären. Also siehe mein Kommentar auch bitte aus diesem Blickwinkel.

Wenn es ein anderes Thema gewesen wäre, hätte mich das Holpern vielleicht gar nicht so sehr gestört...

Vielleicht kannst Du es ja noch flüssiger reimen und schreiben!

Liebe Grüße, louisa (Entschuldige meine subjektive Sicht...)

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 08.07.2006, 10:42

hallo zenon,

für mich eine spielerei, die du vehement verteidigst, damit aber überbewertest -
die argumentation ist geistreich, die argumente sind es nicht*
(als wärst du selbst beeindruckt von den bedeutungszusammenhängen, die sich da plötzlich überall auftun, und dein eigener begeisterter leser, somit siegreicher spiegelfechter > wm-titel!)

* z.b.
Da die vierzehn Zeilen nicht in einer Chronik der bisherigen (deutschen) WM-Teilnahme bestehen, sondern sich um das Scheitern (an Italien) drehen, lag mir ein stufenweises Abbröckeln der Form gemäß Lisas Vorschlag fern. Das Italien-Spiel war ein K.o.-Spiel.

- und? erfolgte das scheitern nicht in den letzten minuten der zweiten halbzeit ebendieses spiels? - ließe sich somit sehr wohl tadellos im text abbilden (also: sooo schlecht hat die deutsche mannschaft einfach nicht gespielt, zenon - dein gedicht ist dem team gegenüber nicht mehr fair, sondern hundsgemein ;-)

was mich an dem text mit großem abstand am meisten schmerzt, ist der distanzlose, aber unvertraute umgang mit der sprache: du sprichst

von der schlichten Sportmagazin-Wortwahl

-die ist es aber gerade nicht, dazu fehlt die distanz, oder aber die naivität-
schon bei "azzurris" (auch die 'bild' schreibt das glaub ich nicht mit plural-s, aber da kann ich mich sicher täuschen (ich will es gar nicht wissen, schluchz, heul, wir sind ja auch papst - du hast also wahrscheinlich recht, verdammt!) ) ist das nicht mehr glaubwürdig, da weiter vorne im satz bereits "toresschlusse" steht - also was nun, welche sprache willst du sprechen?
nach den "azzurris" dann gleich "die italiener" - selbst wenn das im sportkommentar genauso schlecht geschrieben sein sollte: ohne reduktion / überhöhung / herausarbeitung kannst du es nicht abbilden, weil die kommunikation zusammenbricht: einem "taktischen ansatz" vergleichbar, alle mann in den gegnerischen strafraum zu stellen, um rasch ein tor zu schießen.

Vielleicht passt ein solch semi-poetischer Beitrag besser in eine andere Rubrik

stimme dir zu - das missverständnis bezüglich der ansprüche an die sonettform ließe sich durch einstellen in die rubrik "satire" z.b. abfangen (falls dir an unmissverständlichkeit gelegen ist)

schmerzliche grüße ;-)
aram

p.s.
Derartiges ist gewiss keine Herausforderung für Gesellschaften, denen die Macht über den Geist geht, die Qualifikation über den Eigen-Sinn. Wie es sich damit hier verhält, kundschafte ich gerade aus.

frohes forschen!

Max

Beitragvon Max » 11.07.2006, 14:32

Lieber Zenon,

hmmmmmmm. Vielleicht ist also das Rumpeln im Rhythmus Absicht - wie es ja auch der deutsche Rumpelfußball jahrelang war, das muss es aber nicht gelungen machen. Mein spontaner Eindruck ist, dass der Poesieutomat, den ich ausprobiert habe, auch nichts Schlimmeres ausspuckt.

Liebe Grüße
Max


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