Altern

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 16.09.2016, 14:06

Altern

ich fühle mich eingehüllt
von der Zeit
wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf meiner Haut

ich mag es nicht glauben
dass mich gestern
Gott angesprochen hat

ich fragte
wie viele Jahre
zog meinen Mantel glatt

Niko

Beitragvon Niko » 18.09.2016, 00:42

Ich verstehe das irritierte lesen nicht. Ich glaube, dass wir einfach unterschiedliche satzkonstruktempfindungen haben. Mir war die Intention eigentlich gleich klar. Generationenproblem?

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birke
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Beitragvon birke » 18.09.2016, 11:52

hm, und ich verstehe jetzt deinen kommentar nicht, niko? schmunzel.
die intention ist mir schon auch klar.
das einzige, was für mich nicht ganz stimmig ist, ist die stelle mit dem mantel und der haut, weil für mich klar ist, dass der mantel die haut ist und nicht noch zusätzlich drumrum liegt.
das ließe sich ja nach kurts vorschlag leicht ändern: wie ein faltiger mantel/ liegt meine haut.
aber das muss natürlich amanita entscheiden :)
lg
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 14:06

Nein, der Mantel ist nicht die Haut, er entspricht ihr höchstens ("wie eine zweite Haut" oder so).

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 18.09.2016, 18:00

wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf meinem Pfirsich


:-)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 18:03

Öhm?

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 18.09.2016, 18:36

Wiederangetrieben durch das diskutierte Missverständniss fiel mir auf, dass selbiges herrühren könnte aus den beiden verbindungsfreudigen Wörtern "faltig" und "Haut", die hier wirklich sehr eng beieinanderstehen. Sie sind sich so nah, dass manche Leser sie wohl verschmelzen; und um diesen Schmelz zu vermeiden, fügte ich mit dem Wort "glatt" testweise einen aufklärenden Gegensatz ein, damit die beiden Objekte schon während des Lesens gar keine Verbindung eingehen können:

wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf meiner glatten Haut

Weil man das natürlich nicht so sachlich schreiben kann, suchte ich nach an einer Metapher. Nach drei Sekunden kam ich auf "Pfirsichhaut", und meine Stimmung wurde zunehmend humoristisch. Um die Wortschmelze nicht nur im Eigenschaftspaar faltig-versus-glatt aufzulösen, löste ich sie auch im Objektpaar auf, woraus dann der "Pfirsich" entstand.

Nun kann man sagen, die Haut solle sehr wohl faltig sein und keinen Unterschied zum faltigen Mantel machen. Also sie solle gar nicht glatt sein. Aber dann ist es doch auch in Ordnung, wenn die Leser beide Sachen vereinen, womit das Missverständniss nur ein missverstandenes Missverständniss wäre. Dafür habe ich vollkommenes Verständnis.
Zuletzt geändert von Pjotr am 18.09.2016, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 18:38

Doch ja, stimmt schon: Man bildet sich die glatte(re) Haut durchaus ein, weil man sich ja fast immer jünger fühlt als man ist.

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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 18:41

noch eine modifizierte Fassung:



Altern

ich fühle mich eingehüllt
von der Zeit
wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf junger Haut

ich mag es nicht glauben
dass mich gestern
Gott angesprochen hat

ich fragte:
noch wie viele Jahre
zog meinen Mantel glatt

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Beitragvon Pjotr » 18.09.2016, 18:44

Nicht schlecht. Jetzt fehlt nur noch ein Bild. Wie sieht junge Haut aus?

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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 18:46

glatt!

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Beitragvon Pjotr » 18.09.2016, 18:53

Im Universum gibt es tausende glatte Objekte. Welches würde sich als Bild anbieten?

Ich persönlich würde das ja etwas gröber, schwarzhumoriger setzen, und die Zweideutigkeit ruhig drinlassen, etwa so:

wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf meinem Fleisch


Das ist aber nicht Dein Stil. Zweideutig wäre hier die implizierte Glätte des Fleisches, dass im lebenden Zustand ja nicht faltig ist, andererseits aber auch faserig ist.

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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 18:57

Ob Du es glaubst oder nicht: Das hatte ich auch schon überlegt. Fand es nur etwas zu heftig und würde dann wohl doch "Tod" statt "Gott" nehmen ...

Kurt
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Beitragvon Kurt » 18.09.2016, 19:35

Amanita, die Haut ist ja soetwas wie ein Parameter für die Zeit/Altern. Die Haut hat sich die Sonnenbrände aus der Vergangenheit gemerkt usw.

Und nu willste doch den „Mantel is Haut“ nehmen; liegt ja auch auf dem Fleisch. So is es recht. ;-)))

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

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Beitragvon Amanita » 18.09.2016, 20:07

Aaalso:


Altern

ich fühle mich eingehüllt
von der Zeit
wie ein faltiger Mantel
liegt sie auf meinem Fleisch

ich mag es nicht glauben
dass mich gestern
der Tod angesprochen hat

ich fragte:
noch wie viele Jahre
zog meinen Mantel glatt


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