Kaltmacht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Kamelot

Beitragvon Kamelot » 08.05.2006, 19:48

<center>Kaltmacht

Stöberst schwarze Chronik, spürst die stillen Ängste
tiefer kalter Wunden - schwer in Schemen hängend -
Frostig säumen Zähren eisern meine Traumwelt,
sprengen zwischen Zwängen einzig wahres Sehnen.
Schadensgroschen, dem die Schmeichelei entglitt.

Stotterst sachlich kahle Phrasen falschen Schneides.
- großes Hemmnis grundlos letztlich Fjorde fordert -
Meines Glaubens Zweifel heizen schwarze Ernten,
alsdann klare Wortwahl kindlich Flammen reinigt
- Kaltmacht ohne frommen Wunsch auf Sicherung-
</center>
Zuletzt geändert von Kamelot am 10.05.2006, 07:35, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 08.05.2006, 21:35

Hm, Kamelot ist das dein Einstand hier?
Was die lyrische Sprache angeht, ich bin schon wieder verwirrt. :-s

Es gibt ein lyrisches Ich, ein lyr. Du und außerdem schreibst du noch in der unpersönlichen Form (die letzten zwei Verse)

Ist das ein Alptraumgedicht?

Wie können Zähren (Tränen) frostig und eisern deine Traumwelt säumen?
Ich habe eigentlich ganz selten die Situation, dass ich nicht so recht weiß, wo ein Text drauf hinaus will...
(Meine, ich bin geübte Lyrik Vielleserin))
Aber vielleicht sehen ja andere dein Ziel...

Noch einen schönen zährenfreien Abend
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 09.05.2006, 01:12

Hi Kamelot,

immerhin habe ich dank Gerdas Kommentar gelernt, dass das Wort "Zähren " Tränen bedeutet, ansonsten ist mir dein Text ein völliges Rätsel ( und das schon das zweite dieser Art für mich in dieser Nacht hier im Salon :???: ).

Nun ist gegen Rätsel ja nichts einzuwenden -- sie können eine spannende Herausforderung sein, wenn sie denn irgendwann gelöst werden. Vielleicht helfen mir ja weitere Kommentare bei der Enträtselung. O:)

LG Herby

Kamelot

Beitragvon Kamelot » 09.05.2006, 14:32

Denk ich auch...Rätsel sind immer was schönes...werds evtl. im Laufe der Zeit mal auflösen, wenn dies erwünscht ist. Aber vielleicht löst es ja irgendjemand. Bin gespannt.

greetz

Last

Beitragvon Last » 09.05.2006, 23:43

Hallo Kamelot,

ein sehr passender Name, deine beiden Gedichte hier kommen mir nämlich wie Burgen vor. Sie haben etwas schwerfälliges, weil sie so voll sind mit Bildern, dann noch der 6-hebige Trochäus und die Wortwahl, die häufige Dopplung von Adjektiven. Es kommt sehr schwerfällig daher.

Nun denn, versuche ich mal die Burg zu stürmen.

Dein Gedicht handelt abends im Bett, dabei gibt es ein lyr. Ich und ein lyr. Du, was schon Unklarheit aufwirft, sind da nun zwei Personen oder nur eine? Keine von beiden wird benannt. Beide Interpretationen sind möglich.
Das lyr. Ich fühlt sich jedenfalls ziemlich mies, referiert darüber entweder selbst in gewisser logischer Distanz, deshalb die Du-Formulierung einiger Verben, oder der Lebenspartner redet, versucht sachlich zu bleiben und von den schlechten Gefühlen abbringen.
Die schlechten Emotionen des Ich's sind stark ausgeprägt, schon nah am psychisch-kranken, vielleicht weil es diese Wunden schon so lange mit sich rumträgt und schon so häufig Schlafprobleme dadurch hatte. Das lyr. Ich ist von der Kaltmacht befallen, einer Macht, die dem Leben die Wärme entzieht. Kaltmacht ähnelt auch kalt machen, umlegen, die Kaltmacht spornt an zum Suizid. Die Kaltmacht beeinhaltet das lyr. Ich und seinen Schmerz und das lyr. Du und sein kühles Reflektieren darüber.

Da sich das Gedicht mit einem schwerfälligen Thema befasst, darf es auch schwerfällig daher kommen. Ich denke aber du hast da etwas übertrieben, denn da ist mehr als ein schwerfälliges Gefühl, es kostet Mühe bei der Sache zu bleiben, besonders die paarweisen Adjektive törnen mich ab, anstatt mich tiefer in die Gefühlslage zu versetzen.

Iris

Beitragvon Iris » 12.05.2006, 17:33

Lös mal bitte das Rätsel auf!

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.05.2006, 20:12

Des Rätsels Lösung steckt doch schon ganz am Anfang:

' Macht, Chronik, Angst '

moshe.c

Iris

Beitragvon Iris » 12.05.2006, 20:18

Hallo du, der rest ist ja gerade das unklare!
doch ich will dich nicht nerven. wenns keine klarheit geben darf, dann eben nicht. bleibts halt irgend ein bahnhof weit im norden.

grüße iris

Kamelot

Beitragvon Kamelot » 12.05.2006, 20:30

Ich versuche es bis Sonntag für euch abzutippen...was aber, da ich zeitlich garde extrem eingeschränkt bin, sehr eng wird....aber ich versuch es mal.

lg

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.05.2006, 22:33

ich bin gespannt was Kamelot selbst dazu zu sagen hat.

Bis dahin: ' klare Wortwahl kindlich Flammen reinigt'.

moshe.c

Trixie

Beitragvon Trixie » 13.05.2006, 15:42

Servus Kamelot!

Also, ich habe nun seit ein paar Tagen diese beiden Gedichte immer wieder durchgelesen und meine, sie zu verstehen. Zumindest meine ich, durch das Wirrwarr ein wenig durchblicken zu können und schließe mich Last's Interpretation an. Dadurch, dass die Situation des LyrIchs auch durcheinander und schwierig ist, passen die Phrasen wie du sie beschrieben hast von der Stimmung her schon zum Inhalt, aber es ist für den Leser leider ein bisschen schwierig. Einerseits kannst du sagen: Pech, wer's nicht versteht. Aber andererseits könntest du allein mit der Wortwahl noch drei weitere Gedichte schreiben, die bildhaft stark wären, ohne dass du dich wiederholen müsstest, würdest du sie auseinander nehmen. Zum Beispiel das schöne Wort "Zähren" von ich bisher auch nicht wusste, dass es Tränen sind. Warum schreibst du nicht einfach "Tränen"? Das ist doch auch ein schönes Wort und nach den ganzen Bildern und des seltsamen Satzbaus würde es interessanter für den Leser werden, weil er zumindest auf Anhieb ein bisschen was versteht :mrgreen: !

verwirrte Grüße, Trixie

Kamelot

Beitragvon Kamelot » 14.05.2006, 11:14

Guten Morgen ihr alle

Ich werde jetzt einmal versuchen, diese Zeilen zu interpretieren. Hoffe es gelingt mir irgendwie, das Ganze klar und deutlich und ohne irgendeinen Wirrwarr zu erklären.

Stöberst schwarze Chronik, spürst die stillen Ängste


Diesen Vers kann man in meinen Augen so interpretieren (bzw. soll folgendes sagen): Chronik, also etwas Niedergeschriebenes bzw. in diesem Fall besser Erinnerungen belasten das lyrische Du–deswegen auch schwarze Chroniken, um zu symbolisieren, dass es sich bei diesen Gedanken um schlechte und negative Erinnerungen handelt. Folglich stöbert das lyrische Du wieder mal in der Vergangenheit, in Erinnerungen die versteckte Ängste aufleben lassen. Irgendetwas muss somit in der Vergangenheit passiert sein – was dies ist, wird jedoch nicht erwähnt, ist zweitrangig und unwichtig für den Leser.

tiefer kalter Wunden - schwer in Schemen hängend –


Diese Ängste reißen tiefe scheinbar verheilte Wunden erneut auf, belasten das lyrische Du, obwohl sie nur noch in Schemen vorhanden sind, obwohl die Erinnerungen nur mehr bruchstückartig in den Gedanken des lyr.Dus zu finden sind. Jedoch jedes Mal wenn sich das lyrische Du daran erinnert, werden die Wunden neu aufgerissen, werden die Schemen gelockert, wird die Belastung größer. Jedoch kann das lyr.Du nicht anders – es muss sich daran erinnern, diese Erinnerungen wurden aufgezwungen.

Frostig säumen Zähren eisern meine Traumwelt,


Hier kommt es jetzt zum Personenwechsel, dem Wechsel von der zweiten Person in die erste Person. Die Traumwelt soll hier nicht symbolisieren, dass das lyrische Ich schläft…sprich, das ganze spielt nicht abends ab sondern erneut in den Gedanken und Köpfen der Protagonisten. Dem lyrischen Ich wird klar, dass die Traumwelt niemals Realität werden kann bzw. wird. Deswegen auch die frostigen Zähren. Die Hoffnungen sterben, erfrieren und zerstören eisern, was das lyrische Ich sich insgeheim gewünscht hat – die Realität holt das lyrische Ich ein…die erwünschte Idylle zwischen lyrischem Du und lyrischem Ich wird eingefroren und zerstört.

sprengen zwischen Zwängen einzig wahres Sehnen.


Diese Erinnerungen lösen Zwänge aus, Vergangenheit verpflichtet das lyrische Du dazu, sich zu erinnern und diese Erinnerungen nehmen beide Protagonisten mit, zerstört die Gefühle, die zwischen den beiden entstanden sind. Schlechte Erfahrungen zerstören die Gefühle, die beide lange Zeit als wahr angesehen haben – die Hoffnungen auf ein Zusammensein, sprengen die Liebe.

Schadensgroschen, dem die Schmeichelei entglitt.


Den Beiden bleibt nichts anderes als das Verwenden klischeehafter Floskeln, da sich keiner der beiden einreden will, dass es eigentlich kaum noch Hoffnung gibt. Man tröstet sich gegenseitig dadurch, zögert den Supergau immer wieder aufs Neue raus.

Stotterst sachlich kahle Phrasen falschen Schneides.


Hier wieder der Wechsel in die zweite Person – die zweite Person redet immer davon, dass es doch noch eine Hoffnung gibt, jedoch wirkt dies nicht wirklich überzeugend – der Mut und der Wille sind da, jedoch ist dem lyr.Du klar, dass es nur ganz wenig Chancen gibt, dass es eigentlich sehr unwahrscheinlich ist, dass die Verbindung noch länger hält – sprich…gespielter Mut, der von leeren Phrasen begleitet wird – nüchtern runtergebetet sollen eine Beziehung retten.

- großes Hemmnis grundlos letztlich Fjorde fordert –


Hier wird den beiden klar, dass die Liebe eigentlich stirbt dass es keinerlei Chancen gibt auf Versöhnung – dass man die Liebe wegwirft in tiefe unüberwindbare Schluchten – oder anders ausgedrückt…die Liebe ist kurz davor zerstört zu werden, endgültig beendet zu werden…ich denke aber ich muss hier vermutlich die Verwendung der Fjorde erklären – Hauptverbreitungsgebiet der Fjorde ist Norwegen, ein Land, mit dem man in erster Linie Kälte und niedrigere Temperaturen verbindet – sprich: die Liebe erfriert langsam und stürzt mehr oder weniger über diese Fjorde, diese von der Eiszeit geformten Schluchten – Eiszeit der Gefühle – die geforderten Fjorde.

Meines Glaubens Zweifel heizen schwarze Ernten,


Man könnte von einer Art seelischen Freitod sprechen – die Zweifel des lyrischen Ichs an den kahlen Phrasen aus V.6 treiben die erste Person in eine Art Gefühlsfreitod – sprich: die Liebe und Zuneigung wird einfach vergessen…verheizt und vernichtet wie man es mit einer Fehlernte machen würde. Man beginnt bereits mit der Verdrängung, der Verarbeitungen der Geschehnisse, die letztendlich alles zerstört haben

alsdann klare Wortwahl kindlich Flammen reinigt


Und jetzt kommt es zur Aussprache, man versucht zu retten, Freundschaft zu erhalten, welche durch klare und vorsichtige Wortwahl gesichert werden soll und dabei die Wunden und Sorgen die man sich gegenseitig immer wieder geschlagen hat, langsam heilen zu lassen – kindlich Flammen reinigt – Verliebtheit und Naivität wird erstmals durch absolute Klarheit abgelöst – die rosa Brille wird abgelegt und man trennt sich.

- Kaltmacht ohne frommen Wunsch auf Sicherung-


Die Gefühle erstarren, werden Kalt gemacht – getötet – ohne einen Blick zurück zu werfen, ohne Erinnerungen zu sichern, denn diese sind eigentlich der Grund, warum alles in Brüche ging.

Ich hab es geschafft – hoffe ich konnte das Rätsel auflösen.

Lg Kamelot

Iris

Beitragvon Iris » 16.05.2006, 07:36

Ja, danke, Kamelot, wäre für mich nicht entschlüsselbar gewesen.

Schade ist, finde ich, daß es gar keine Hoffnung läßt.


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