halbwertszeiten

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
woitek

Beitragvon woitek » 03.11.2007, 14:20

halbwertszeiten

die schatten beginnen zu glimmen.
die silhouette eines weisen gleicht der eines esels.
erwartungen enttäuschen einander.

papiermarionetten schichten sich zu türmen,
genießen die bereicherung der dritten dimension:
die schatten beginnen zu glimmen.

der zettel am zeh nennt dich stereotyp,
auf der rückseite steht dort in leuchtenden lettern:
erwartungen enttäuschen einander.

rasiere dir eine glatze – wenn du magst
wirst du gemocht durch die, die du magst.
die schatten beginnen zu glimmen,

die fransigen ränder, die zentren: von dort wo
sich spiralen loswinden oder dort wohin sie münden.
Erwartungen enttäuschen einander.

und etwas, dass um die ecke blickt mit einer blume
im knopfloch, eine margarite; der die blätter entfallen:
die schatten beginnen zu glimmen.
erwartungen enttäuschen einander.

Perry

Beitragvon Perry » 04.11.2007, 16:25

Hallo Woitek,
mit Halbwertszeit verbinde ich vorrangig Zerfall und da scheint mir "der Zettel am Zeh" als Todesmetapher noch am ehesten zu passen.
Ansonsten sehe ich mehr die "Halbwert-Schätzung" in deinen Bildern.
Interessant durch die Doppeldeutigkeit allemal, auch wenn mir Manches zusammenhanglos (Zentren, Spiralen, Knopfloch, Margariten) erscheint und die Wiederholungen zu häufig sind.
LG
Manfred

Gast

Beitragvon Gast » 05.11.2007, 00:00

Lieber woitek,

mich fasziniert dieser Text schon seit du ihn eingestellt hast, besonders wohl weil ich ihn nicht wirklich erfassen kann.

Der Titel "halbwertszeiten" verleitet nach der Definiton eben jenes Begriffes zu suchen und man wird ja auch fündig im Text.
Bei der Interpretation, so fürchte ich aber hilft mir das nicht so besonders.
Es geht um Zerfall
(Die Halbwertszeit ist die Zeit, in der sich ein exponentiell mit der Zeit abnehmender Wert halbiert hat.)
Das betrifft radioaktive Stoffe, so viel ich weiß.

Möglich, dass du dieses als Bild im Sinn hast ... aber ich fürchte, da komme ich so nicht weiter.

Die Wiederholungen, die du als Stilmittel verwendet hast, scheinen mich an eine alte Form - allerdings ohne Reim - zu erinnern ... deren korrekte Bezeichnung ich aber nicht präsent habe. (Alles was mit einfällt ist Triolett oder Sestine, aber das stimmt nicht überein)

Der Text hat etwas Drängendes, etwas Aurüttelndes, ohne dass ich 1:1 sagen könnte, worum genau es inhaltlich geht.

Ich bin sehr gespannt auf weitere Kommentare - oder auch einen Tipp von dir.

Liebe Grüße
Gerda

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 05.11.2007, 12:37

@ gerda

das ist eine Villanelle

Gruß

Sneaky


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