Minnelied

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 04.07.2007, 08:59

2. Fassung:

Maienlied


In deinen Haaren
will ich nisten
mit Ginsterblüten
die Stirn bekränzen

über deine Wangen
will ich streichen
wie der Wind über
wiegendes Schilf

mit meiner Laute
will ich dich
zum Paarungstanz
der Libellen bitten


1. Fassung:

Minnelied


Lass mich in deinem Haar nisten
Reigen tanzen unterm Lindenbaum
über deine Wangen streichen wie
der Wind um errötende Zinnen

Dann will ich das helle Blau
deiner Augen besingen
dich entführen ins Auf und Ab
des Hochzeitfluges wilder Bienen
Zuletzt geändert von Perry am 04.07.2007, 23:23, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 04.07.2007, 10:57

Guten Morgen Perry von der Vogelweide!

Hier gibt es wieder einige Stellen, die mich amüsieren :smile: , weil ich das Bild auf verschiedene Weisen sehen könnte. Zum Beispiel die erste Zeile:

"Lass mich in deinem Haar nisten"

..ist an sich schön gedacht, aber das hört sich an, als seist Du wirklich ein Habicht oder ähnliches.

(Wie wäre denn: "Lass meine Hand in Deinen Haaren nisten" ?)

Mm..." unterm Lindenbaum", finde ich, ist riskant zu verwenden nach Walthers Hit. Das ist bei Gedichten wirklich wie bei den Charts, denke ich. Man kann nicht zwei Mal singen "Life is life"
-und dann etwas anderes darauf folgen lassen als im Original. Aber das sage ja nur ich.

Jetzt kommt ein schöner Vergleich. Ich weiß zwar nicht, ob Dachziegel "erröten" können, aber ich finde diese zwei Zeilen sehr schön!!!

Dann wird es wieder etwas schwächer, für meinen Geschmack, denn "das helle Blau deiner Augen besingen" kann nicht mit den Zinnen mithalten, finde ich... Mm...

Ins "Auf und Ab" entführen finde ich sehr gelungen, aber UM GOTTES WILLEN :smile: ... Dann sollte Schluss sein! Doch nicht ins Reich der Bienen :smile: ! Das Reich der Bienen war mein Mittagsessen am lezten Sonntag! Aber doch nicht das erotische Liebesland!

"Ins Auf und Ab" ist perfekt. Da sollte es enden, finde ich. Denn beim ursprünglichen Minnegesang muss der holde Sänger die "houwe Frouwe" bezirzen, die sich immer ganz keck verweigert :smile: ...

Und bei den Bienen wird sie schnell reiß aus nehmen!

Trotzdem mag ich das Gedicht gern!

Liebe Grüße!
l.

Perry

Beitragvon Perry » 04.07.2007, 13:06

Hallo Louisa,
ich kann deine Reaktionen gut verstehen, doch glaube ich, dass man bei einem solchen Gedicht, dass quasi mit dem Genre Minne spielt, nicht die Anforderungen moderner Lyrik stellen sollte.
Der Bezug "Reigen tanzen unterm Lindenbaum" ist deshalb hier ganz bewusst so gesetzt. Sollte das aber insgesamt als störend empfunden werden, dann formuliere ich es gerne um. Nester müssen ja nicht unbedingt auf Bäumen sein.
Die weibliche Abneigung gegen alles was in Haaren krabbelt und gefährlich summt, kann ich auch nachvollziehen. Meine Intentionen war aber in beiden Bildern erotisch gemeint und ich denke mal dagegen hat die geneigte Maid nicht wirklich was. :smile:
Danke und LG
Manfred

Louisa

Beitragvon Louisa » 04.07.2007, 13:10

(Hallo noch einmal!

Das "Nest" an sich stört mich eigentlich nicht, aber das Du ganz vollkommen darin nisten willst, kam mir komisch vor. Ich dachte ein Part von Dir genügt. Huch! Vielleicht sehe ich das alles viel zu unschuldig!?

LG, :engel2: )

Perry

Beitragvon Perry » 04.07.2007, 13:18

Hallo Engelchen Louisa,
das "nisten" erotisch zu deuten ist natürlich Fantasiesache. :-)
LG
Manfred

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.07.2007, 14:17

Hallo Manfred,

mal ne Frage:

Müsste es, um ein Minnegesang zu sein, nicht gereimt sein und mehr Strophen haben?
Was ist mit einem Refrain?
Saludos
Mucki

Louisa

Beitragvon Louisa » 04.07.2007, 18:28

Hallo Mucki!

Ich würde vage vermuten es kommt darauf an, an welcher Phase des Minnesangs man sich orientiert. Zum Beispiel der Walther-Gesang ist ja eine Revolution des Minneliedes.

Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, ob es eine bestimmte Form haben muss und ob Perry das wollte.
Vielleicht beabsichtigt er ja auch eine Art Persiflage. Ein bisschen kurz erscheint es mir aber auch.

Hier ist ein Beispiel für ein Minnelied:

http://www.minnesang.com/

-Lisa weiß das bestimmt!

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.07.2007, 19:00

Hallo Louisa,

schön ist das,-)
Und gereimt und mehr Strophen, sach ich doch :mrgreen:

Und Manfred? Wat nu, wenn schon, denn schon, oder?
Saludos
Mucki

Perry

Beitragvon Perry » 04.07.2007, 20:34

Hallo ihr Beiden,
also Reimen werde ich bestimmt nicht, aber ich rücke gerne ein wenig von der Minne ab und schenke euch ein Maienlied (ohne Bienengesumm):

Maienlied


In deinen Haaren
will ich nisten
mit Ginsterblüten
die Stirn bekränzen

über deine Wangen
will ich streichen
wie der Wind über
zimtbraune Schilfkolben

mit meinem Lautenspiel
dich schließlich
zum Paarungstanz
der Prachtlibellen bitten

LG
Manfred

PS: So ernst mit dem Reimen hat es übrigens auch Walther von der Vogelweide nicht genommen, wie das Lied "Unter der Linde" zeigt:

Unter der Linde an der Heide
wo unser beider Bett war
dort könnt ihr finden
beides, liebevoll gebrochen Blumen und Gras
vor dem Walde in einem Tal -
Tandaradei!
sang schön die Nachtigall.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.07.2007, 22:03

Hallo Manfred,

das gefällt mir viel besser,-)
bin im Text:

In deinen Haaren
will ich nisten
mit Ginsterblüten
die Stirn bekränzen --> diese Strophe finde ich wunderschön

über deine Wangen
will ich streichen
wie der Wind über
zimtbraune Schilfkolben --> statt Schilfkolben ein zarteres Wort finden, hört sich zu hart an

mit meinem Lautenspiel
dich schließlich
zum Paarungstanz
der Prachtlibellen bitten

Hier brichst du aus den so schönen "will ich..." Sätzen aus, ich würde dabei bleiben:
Vielleicht:

mit meinem Lautenspiel
will ich dich bitten
zum Paarungstanz
der Libellen



Paarungstanz und Prachtlibellen ist zusammen zu kraftvoll. Was meinst du?
Saludos
Mucki

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 04.07.2007, 22:15

Perry,

du führst eine neuhochdeutsche Übersetzung / Übertragung an, um darauf hinzuweisen, das sich Walthers Text nicht reimt??! Wenn das jetzt irgendwie ironisch sein soll oder so, bitte ich um Verzeihung, aber sehen kann ich das nicht.... Der mittelhochdeutsche Original-Text reimt sich (natürlich, könnte man hinzufügen) in dieser wie in den folgenden Strophen.

Ferdigruß.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Perry

Beitragvon Perry » 04.07.2007, 22:36

Hallo Mucki,
danke für deine Anmerkungen, die ich gerne aufgreifen werde. Diese Variante war eben nur mal schnell aus dem Hanggelenk geschüttelt und braucht noch Feinschliff.
LG
Manfred

Hallo Ferdi,
der "Nicht-Reim-Hinweis" war tatsächlich mehr ironsch gemeint. Natürlich steckt da kleiner Reim drin.
Danke fürs Richtig stellen und LG
Manfred


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