petit mal

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 01.03.2007, 20:09

pe
Zuletzt geändert von Niko am 16.11.2007, 14:53, insgesamt 5-mal geändert.

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 01.03.2007, 20:30

Niko,

genauso ist es!

"Brechen schwarz auf" ist eine starke Metapher. Ein starkes Gedicht! Herzlichst, KÖ

Niko

Beitragvon Niko » 01.03.2007, 20:54

danke, kö...
ich hab eine etwas experimentellere variante darunter gepackt. sie ist mir noch näher dran.

lieben gruß: Niko

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.03.2007, 19:14

Lieber Niko,
ich habe nichts gegen Gestaltungen durch Formatierungen, einige empfinden das vielleicht als zu gewollt, aber mir sagt es zu, wenn es passt - und hier passt es für mich. Also finde ich die zweite Version gelungen - auch die Setzung, zum beispiel für mich viel stärker:

zeitgleichzeitgleichnichtszeitgleichnichts sein

als

zeitgleich
zeitgleich nichts
zeitgleich nichts sein

Wenn ich die zahme Version vergleiche, hat die obere für mich viel mehr von dem, was tatsächlich geschieht.


Ich finde der Text (immer jetzt die zweite Version jetzt) schafft es durch seine Tollheit zu zeigen, wie es ist, wenn gerade nichts gelingen will beim Schreiben, man aber trotzdem etwas hinschreibt. Das, was sich dann niederschlägt gefällt mir, es ist grenzüberschreitend.

Da ich, wie schon dann und wann erwähnt habe :pfeifen: , kein Französisch sprechen kann, habe ich versucht, etwas über den Titel rauszufinden. "petit mal" heißt soviel wie "kleine Beschwerde/kleiner Mangel", ja? Dann habe ich aber noch einen anderen Bezug gefunden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Petit_Mal

Nämlich den zur Epilepsie, wofür "Petit Mal" wohl ein Ausdruck ist? Macht für mich dann die äußere Form von version 2 nochmal interessant.
Wahrscheinlich lese ich es wieder eigenwillig, aber ich lese es nicht direkt als gedicht über Epilepsie, sondern als Versuch/Dokument den Zustand einzufangen, was passiert, wenn man nicht schreiben kann, aber es möchte...(ich mag nicht profan Schreibblockade nennen). Oder liege ich damit falsch?

Eine Art Überreiz ,der sich anstaut, weil nichts kommt? Die Sätze/Ideen als Blitze.elektrische Übrladung...

Epilepsiekranke wurde ja lange Zeit (ach, da werde ich nostalgisch, das hat unser Englischlehrer uns bei der Lektüre von Lord Of The Flies erzählt) auch so etwas wie ein 7. Sinn, verbindung zum Übersinnlichen &Kreativen zugeschrieben, insofern kann ich meine eigene Interpretation stützen.

Das ganze aber ist nicht Schreibprozess eines "gesunden", es regnet etwas ab, aber erst durch eine Art Anfall, der unglaublich müde macht - Und dann gibt es Fälle, bei denen wird es von Anfall zu Anfall schlimmer, gar chronisch.

Vielleicht wieder zu sehr lisagefiltert, aber nur so ist der Text für mich gut. genau so.

Mir gefällt diese lyrische Dokumentation in diesem Sinne wirklich sehr!

Keinerlei Änderungsvorschläge!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.03.2007, 19:25

Hallo Niko,

ich sah den epileptischen Anfall in deinen Zeilen direkt vor mir. (Version 2, Version 1 war zu harmlos). Ganz hervorragend dargestellt. Vor allem das Überfallartige und dann das Abebben hast du sehr ausdruckstark rübergebracht.
Klasse!
Saludos
Mucki

Niko

Beitragvon Niko » 04.03.2007, 19:33

hallo lisa!
danke dir für deinen kommentar! der titel lässt mehrere möglichkeiten zu. und das ist auch gut so. versteckt in dem buchstabenwirrwarr befindet sich das wort "Epilepsie" eingebaut. MIR ging es darum. aber ich finde es immer aufwertend für einen text, wenn er auch andere lesarten zulässt.
du weißt (von dem, was und vor allem, wie ich bislang hier schrieb) das ich selbst kein großer gestaltungskünstler bin. normalerweise bin ich bestrebt, das wort als solches wirken zu lassen. um epilepsie jemandem näher zu bringen, reicht das wort alleine kaum aus. dieses unkontrollierte groß kleinschreiben deutet darauf hin, dass manchmal dich worte, wortfetzen silben vor einem anfall regelrecht anschreien. das steigert sich, die sätze, gedanken, worte überschlagen sich, und brechen in ihrer agressivität das schwarz auf. und das geschieht im "sekundenbereich". gänzlich kann man es vielleicht nicht erklären, wenn man´s nicht selbst erlebt hat. ich selbst bin epileptiker, jedoch seit 1982 anfallsfrei. leichte anflüge sind jedoch immer mal wieder da.
in deutschland leiden ca. 800 000 menschen an dieser krankheit. man unterscheidet zwischen den petit mal (absencen) und dem grand mal. das sind große anfälle mit umfallen (daher: Fallsucht) und evtl. zungenbiss und schaum vor dem mund. nach einem großen anfall, der ein paar minuten dauert, ist man so erschöpft, dass man sechs stunden und mehr schläft danach. (ich habe auf grund von "entmedikamentierungsversuchen" einmal einen großen anfall gehabt.
grundsätzlich ist mein anliegen, die epilepsie normaler zu machen. auch durch solche gedichte. als ich 6 jahre alt war, gings bei mir los. und meine eltern haben mich versteckt, sind später zu quacksalbern gelaufen. ich durfte mit niemandem darüber reden. aus sicht der elteren generation verständlich, denn epileptiker wurden unter hitler als unwertes leben vergast. ebenso die diabetiker.
es gab übrigens viele berühmte köpfe, die epileptiker waren. caesar beispielsweise, ich glaube auch nietzsche, van gogh (am ende seines lebens), Nobel, Sokrates, Alexander der Große, Napoleon, Flaubert, Dostojewsky, Lenin, Moliere, Papst Pius IX....
ich hoffe, ich krieg jetzt keine gelbe karte für so ein langes offgetoppel..... ;-)

lieben gruß: Niko
Zuletzt geändert von Niko am 04.03.2007, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Lisa » 04.03.2007, 19:41

Lieber Niko,
danke für deine Erklärungen, das versteckte Epilepsie habe ich nicht gefunden. ich denke, auch mit deiner aufgezeigten Intention bleibt es ein gutes Gedicht (wie gut kann ich dann nicht mehr beurteilen, weil ich nicht selbst betroffen bin). Auf mich wirkt es eben auch "echt". Meine Interpreation bleibt trotzdem die, den Text auf das Schreiben zu beziehen, das darf vielleicht meins bleiben :blumen:

(Ich schätze sowas einfach)

Liebe Grüße,
Lisa

PS; Kö, hattest du den Text auch so verstanden??
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 04.03.2007, 19:42

hallo mucki!
danke! habe deine zeilen erst jetzt gesehen. es freut mich, wenn die zeilen erreichen. es war mir schon lange ein anliegen, darüber ein gedicht zu schreiben.

ich freue mich sehr über deine worte, Ga Mucki ;-)

lieben gruß: Niko

Niko

Beitragvon Niko » 04.03.2007, 19:45

ich sagte ja, lisa: es wertet meinen text auf, wenn eine weitere lesart schlüssig lesbar ist. und ich freue mich, dass dir das gedicht auf dieser ebene auch stark genug ist. "wie gut kann ich dann nicht mehr beurteilen, weil ich nicht selbst betroffen bin" - ist irgendwie blöd, weil es so ausschließend wirkt. aber daran können wir nichts ändern, schätz ich. (was für dich auch gut so ist ;-) )

lieben gruß nochmal: Niko

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 04.03.2007, 20:06

zerschöpft vom nichts


Lieber Niko,

Grauslich gut, würden wir in Wien sagen. Ich sehe so sehr den gequälten Menschen vor mir.

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@Lisa: hier die Epilepsie drinnen.

Ich würde unbedingt die 2. Fassung nehmen, sie packt total.


Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Niko

Beitragvon Niko » 04.03.2007, 20:13

danke elsa!
ich hatte eigentlich gewollt, dass die buchstaben zwischen den E P I L E .etc......NICHT fett gedruckt erscheinen. aber irgendwie klappt das nicht.
übers "grauslich gut" freu ich mich :-)

lieben gruß: Niko

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Beitragvon leonie » 04.03.2007, 22:01

Hallo Niko,

ichkomme vor lauter Prosaherumtreiberei kaum noch dazu, in der Lyrik zu kommentieren. Auch mir hat Dein Gedicht sehr gut gefallen. Ich habe selbst als Jugendliche mehrmals "von außen" epileptische Anfälle miterlebt und hatte die Szenen gleich vor Augen. Es berührt mich, davon aus Deiner Perspektive zu lesen.

Liebe Grüße

leonie

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 06.03.2007, 13:22

Hallo NJ,

schon in deiner "zahmen" Version war mir klar, dass es um Epilepsie gehen müßte und fand das in der 2. Version auch bestätigt.
Da ich beruflich mit behinderten Menschen zu tun habe, von denen etliche auch an Epilepsie leiden, ist mir der Ablauf - wenn auch nicht von innen, so doch von der Beobachtung her - sehr vertraut. Auch wenn es viele verschiedene Formen der Epilepsie gibt ("petit mal" und "grand mal" sind ja nur zwei grobe einteilungen - aber das würde hier zu weit führen), so triffst du doch das, was ich so sehe und miterlebe sehr genau.
Die Worte und Bilder, die du verwendest sind sehr stark und treffend. Und ich finde es sehr gut, dass du es gewagt und geschafft hast, in dieser Weise über die Krankheit zu schreiben. :daumen:


Eins stört mich jedoch an der 2. Version: Dies überdeutliche "Epilepsie" in
EnugppqkPKöxtrlUIqweRLHhsgEmscbPZUGsSmbncuIE


Das liegt aber wohl daran, dass es mir vorher schon bewußt war und ich hier das Gefühl bekam, mit der Nase drauf gestupst werden zu sollen... Anderen war es eine Hilfe bzw. gute zusätzliche Form, die ihnen half, das Gedicht zu erschließen. Dennoch wollte ich dir auch meinen Eindruck rückmelden.
Ansonsten finde ich die Formatierung der 2. Version sehr gelungen, sie unterstreicht sowohl Worte als auch Geschehen sehr gut.

Lieben Gruß,
Kathrin

Niko

Beitragvon Niko » 16.03.2007, 11:06

hallo kathrin!
Eins stört mich jedoch an der 2. Version: Dies überdeutliche "Epilepsie" in
Zitat:
EnugppqkPKöxtrlUIqweRLHhsgEmscbPZUGsSmbncuIE


Das liegt aber wohl daran, dass es mir vorher schon bewußt war und ich hier das Gefühl bekam, mit der Nase drauf gestupst werden zu sollen... Anderen war es eine Hilfe bzw. gute zusätzliche Form, die ihnen half, das Gedicht zu erschließen.

ich habe das fettgedruckte wort "EPILEPSIE" im nachhnein eingebaut. aus eben jenem grund, den du anmerkest. als hilfestellung für die, denen sich der text nicht gleich erschließt.
der buchstabensalat an sich war gewollt. jemand (nicht hier) fand das albern. aber so ist es, wenn auf einmal sämtliche gedanken und sätze im kopf durcheinanderpurzeln. die hirnordnung wird aufgehoben. man umschreibt ja epileptische anfälle auch mit "gewitter im kopf". es schlägt sozusagen überall gleichzeitig ein.

hallo leonie!
es freut mich, wenn der text bei dir so ankommt. ich wollte mit dem gedicht einen kleinen bescheidenen beitrag dazu leisten, epilepsie als etwas ganz normales anzuerkennen. sowohl seitens der außenstehenden, als auch seitens der betroffenen. so normal wie kopfschmerzen oder hoher blutdruck...- das wäre ideal. ich hoffe, das es eines tages so sein wird.
lieben gruß: Niko


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