Fegefeuer

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Iris

Beitragvon Iris » 04.12.2006, 13:51

Ich blättere im Traumbaumbuch
es erzählt vom verästelten Sein
fällt ab
ein Herbstfeuerblatt
das ihm gewachsene
löst sich
fliegt frei im Sturm
spielt Süden
mit dem Wind
er dreht nach Norden
da tanzt es
auf und ab
zwischen
Ost und West
dreht es sich
im Kreis
kommt zum Erliegen
bevor eine Böe
seine Flammen hochwirbelt
und mit ungezählt
lohenden Blättern
den Weg fegt



zuerst:

Ich blättere im Traumbaumbuch
Es erzählt von verästeltem Sein
fällt ab
ein Herbstfeuerblatt
das ihm gewachsene
löst sich
fliegt frei im Sturm
spielt Süden
mit dem Wind
er dreht nach Norden
und es tanzt auf
wieder ab zwischen
Ost und West
Zuletzt geändert von Iris am 26.02.2007, 08:44, insgesamt 2-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 04.12.2006, 15:03

liebe iris

ich hab schon mehrere deiner texte ziemlich kritisiert/ in die mangel genommen (dass mein kommentar zu 'wanderung' ironisch war, geht nicht unbeingt aus ihm hervor .-) - schon deshalb will ich nicht versäumen zu sagen, dass mich "ich blättere" anspricht.

das lyr.ich sagt hier nach meinem gefühl "alles" was zu sagen ist, 'versteckt' sich nicht hinter gedachtem, aber nicht ausgedrückten.

"traumbaumbuch" finde ich sehr schön.

ebenso, dass sich das "ihm gewachsene" des blattes löst und fliegt...

einzig am "wieder" in der vorletzten zeile bleibe ich hängen, es unterbricht den fluss weil es so unvermittelt 'eintritt' ... klingt, als hättest du (zurecht) ein zweites "und" vermeiden wollen.

sehr gern gelesen
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.12.2006, 15:44

Hallo Iris,

ja, das gefällt mir, du malst sehr schöne Bilder. Besonders mag ich


Es erzählt von verästeltem Sein

spielt Süden
mit dem Wind


Du könntest hieraus ein Erzählgedicht machen, das "tanzende Element" mehr rausbringen, so dass der ganze Text sich wie ein Tanz liest, man möchte mehr lesen ,-)
Saludos
Magic

Iris

Beitragvon Iris » 04.12.2006, 17:23

lieber aram,

ja, das hast Du, mach doch, ich stelle Gedichte ja auch nicht grundlos in die Kritik, Gedichte, die völlig rund und gut sind und mit denen ich zufrieden bin und sein kann, muß ich nicht in die Kritik geben, manche machen es, einen Kommentar, "wie schön", kannst Du bitte sparen, wenn Du es nicht so meinst und auch die Ironie nicht zum Ausdruck bringst.
Ich glaube nicht, daß ich mich sinnentleerend behandeln lassen muß.

Den Schluß finde ich auch noch nicht so gelungen, deshalb werde ich ihn in:
es tanzt
auf und ab
zwischen ost und west

vorerst ändern.

Liebe magic,

Mit dem Schluß bin ich, wie ich aram bereits sagte noch nicht so zufrieden, da könnte das, was Du meinst noch passieren. Ich danke für die guten Anregungen zum Weitermachen.

Liebe Grüße Iris

Iris

Beitragvon Iris » 26.02.2007, 08:43

Der Schluß dieses Gedichtes ist jetzt von mir, wie oben zu lesen, noch ergänzt, weitergearbeitet ...
somit ist es keine Kurzlyrik mehr, kann es bitte in Freies Weben verschoben werden!

Liebe Grüße Iris

Gast

Beitragvon Gast » 26.02.2007, 13:19

Liebe Iris,

ich finde das ist ein gelungenes Geicht. Mir gefällt die bildhafte Sprache, die Bilder greifen, erreichen mich problemlos auf zwei Ebenen und hinterlassen bei mir auch einen Eindruck.
Einzig mit den "lohenden Blättern" komme ich nicht ins Reine. ich bin nicht sicher ob nicht ohnehin jeder lodernd liest.

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 26.02.2007, 16:17, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.02.2007, 15:30

Liebe Iris,

ja, es hat sehr gewonnen.
Ändere, wenn es auch für dich stimmig ist, aus dem "lohenden" lodernde und für mich ist es rundum gelungen,-)
Saludos
Magic

Iris

Beitragvon Iris » 28.02.2007, 07:20

Hallo Gerda und magic,

ich bin manchmal etwas sprachforschend und wollte lodernd nicht nehmen, weil lodern von jungen brennenden Trieben herkommt und lohen von alten abgestorbenen Planzen, da ich mich auch mit Pflanzenfärberei, so wie es früher die Menschen taten, beschäftige, habe ich da auch viel entdeckt. Lohe hatte dann auch der Färber/Gerber.
Und einfach deswegen, weil es auch die Triebebeschneider gibt, normal in einer Zivilisation, wenn man einen Garten hat und dann auch lodernde-lohende Hebstfeuer entfacht, habe ich es bei lohend gelassen, denn es meint nur die natürlich abgestorbenen Blätter am Straßenrand, auf dem Waldweg, im Park...
das ist früher gar nicht so kompliziert gewesen, teilweise steckten Bedeutungen in den Wörtern, die wir nicht mehr kennen und wo wir nur noch nach dem klangbesten gehen ... und man hat mit einem Wort sofort den Unterschied eines Feuers gekannt.
Es ist so, daß auch ins Fegefeuer nur die Abgestorbenen sollten zur Läuterung, was sollen die "jungen Frischlinge" dort? Und mancher "natürliche junge Sproß" wurde nicht nur beschnitten sondern ausgemerzt.
Meine Verarbeitung mit der Hexenverbrennung von Kindern ist das auch.
Liebe Gerda, ich hoffe, Du kannst damit im Reinen sein jetzt.

LG Iris

Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.02.2007, 15:25

Hallo Iris,

alles klar. Das mit den "lohen" wusste ich nicht. Man lernt nie aus,-)

Dann ist es so rundum gelungen:)
Saludos
Mucki

Iris

Beitragvon Iris » 28.02.2007, 22:18

okay mucki, darf es auch noch etwas unvollkommen sein

Gast

Beitragvon Gast » 01.03.2007, 18:13

Liebe Iris,

Über das "lohen" habe ich mich zunächst gewundert, da es auch ein Begriff aus der Gerberei ist.
Aber, dank Grimms Wörterbuch.. und deiner umfassenden Erläuterung, ist mir nun verständlich wie es zu lesen ist.

Soll denn dein Gedicht die Hexenverbrennung von Kindern thematisieren?
Das verwirrt mich wieder sehr, habe ich doch den Text auf einer Metaebene gelesen.

Liebe Grüße
Gerda

Iris

Beitragvon Iris » 01.03.2007, 19:39

Liebe Gerda,

nein, es ist so gemeint im Großen und Ganzen wie Du es last, doch es ist eine mögliche Interpretation auch, ich habe dabei daran denken müssen als als ich das Wort "lohen" bewußt wählte, in mir ist dabei viel passiert, um meine Position ganz klar zu beziehen bei der Verarbeitung katholischer Geschichte und zum katholischen Glauben, wobei ich in der ganz persönlichen Auseinandersetzung mit Glauben und Geschichte so einen von ihr völlig freien und natürlich Umgang mit dem Begriff und dem Thema Fegefeuer fand, ursprünglich und in bescheidenerer alljährlich wiederkehrender Naturerscheinung gesehen, nicht so belastend hoch angebunden und gebunden. Viel Schmerzgebundenes konnte endlich frei werden.
Es könnte auch Ausschnitt aus einem Märchen aus dem Traumbaumbuch sein, welches über ein Fegefeuer erzählt ...

Es ist frei interpretierbar und soll es auch bleiben ...

LG Iris


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