Von jetzt an

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 21.01.2007, 21:22

Gezackte Träume
säumen mir die Tage

von den Spitzen
glutumflossen
stürzt sich der Wind
in wüste Täler

eisig sät er
Schweigen

von jetzt an wärmt
nur die Erinnerung
an das was Liebe
war

manchmal –


scarlett, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 23.01.2007, 13:59, insgesamt 1-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 21.01.2007, 21:44

Liebe scarlett,

das gefällt mir sehr gut (der Text, der Inhalt aus verständlichen Gründen natürlich weniger, d.h. ich möchte ihn nicht gern erleben).
Mir ist bei Dir so ein "mir" wie Du es in Vers zwei verwendest bei Dir oft aufgefallen. Hier wäre für mich fast die Frage, ob es nicht eindringlicher wäre, das wegzulassen, ebenso das "-manchmal", es schwächt für mich eher ab.

Die Bilder hingegen gefallen mir sehr: der Wind, der von den Spitzen der Träume stürzt, oben glutumflossen und unten eisig, so lese ich es. Sehr schön. Ebenso, dass die Erinnerung immerhin aber auch eben nur wärmt (nicht glühend ist).

Liebe Grüße

leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 22.01.2007, 19:08

Liebe leonie,

danke fürs Lesen und die Rückmeldung.

Ja, es stimmt schon, daß ein Bezug zum lyrIch in meinen Gedichten sehr oft direkt, will heißen durch entsprechende Pronomen, usw..hergestellt wird, vielmehr daß ein lyrIch immanent ist.
Für mich ist Lyrik in erster Linie persönlich-

Meine Frage an dich wäre, inwiefern empfindest du das als "Schwächung"? Schwächung wovon, von der Aussage her, vom möglichen Adressaten aus betrachtet, wird der Inhalt anders transportiert?

Das "manchmal" am Schluß muß bleiben - sonst "versinkt" mir die Aussage doch zu sehr. Außerdem mag ich dieses Zweideutige- der Leser darf ruhig für sich entscheiden, worauf es sich wohl beziehen mag und inwiefern der doppelte Bezug die Aussage verändert (oder nicht?)

Liebe Grüße an dich,

scarlett

Herby

Beitragvon Herby » 22.01.2007, 22:00

Liebe scarlett,

da ist Dir ein Text mit beeindruckenden Bildern gelungen. Ich stimme Dir zu: das "manchmal" am Schluss MUSS bleiben. Ich sehe es genau anders als leonie, es würde den Text erheblich schwächen, fiele es weg.

Das einzige, was ich als störend empfinde, sind die Gedankenstriche, für die ich weder inhaltlich noch formal eine Notwendigkeit sehe.

Liebe Grüße
Herby

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Beitragvon leonie » 22.01.2007, 22:18

Hallo, Ihr beiden,

komisch, dass man das so unterschiedlich empfindet. Ich meinte mit dem "Schwachen" vor allem das "manchmal". Und ich denke, dass die identifikation und auch das Persönliche auch ohne das "mir" gegeben sind.

Für mich wäre es am stärksten so:

Gezackte Träume
säumen die Tage –

von den Spitzen
glutumflossen
stürzt sich der Wind
in wüste Täler

eisig sät er
Schweigen –

von jetzt an wärmt
nur die Erinnerung
an das was Liebe
war

Ich bin gespannt, was andere noch dazu sagen und meinen. In jedem Fall ist es ein schönes Gedicht, scarlett, Du hast wirklich eine ganz starke "Phase", da kann man ja fast neidisch werden :-) (bei mir ist gerade große Stille). Ach was, ich wünsche Dir, dass sie lange anhält und ich noch viele Texte von Dir lesen darf.

Liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.01.2007, 23:39

Hallo scarlett,

ein traurig-schönes Liebesgedicht. Die "gezackten Träume" gefallen mir besonders gut.

Die Gedankenstriche würde ich auch entfernen. Sie machen m.E. nur Sinn, wenn ein Wort sich in die nächste Zeile oder Absatz rüberziehen soll (enjambement). Das abgesetzte "manchmal" finde ich gut, da es eine weitere Ebene schafft, selbst die Erinnerung eben manchmal verblasst, somit die Wehmut noch einmal verstärkt.
Sehr gerne gelesen,-)
Saludos
Magic

Herby

Beitragvon Herby » 22.01.2007, 23:41

Huhuu scarlett und leo

ich noch mal. Das "mir" hatte ich vergessen ... es erscheint auch mir entbehrlich, da durch die letzte Strophe ohnehin klar ist, dass das LyrIch spricht.

LG Herby

Gast

Beitragvon Gast » 23.01.2007, 09:11

Lieb scarlett,
Trotz der interessanten Metaphorik ist das Gedicht für mich noch nicht stimmig. Ich versuche mal zu erklären.
Da sind die
Gezackten Träume
Spitzen Glutumflossen

Ich denke an spitze Türme irgend eines Wüstenpalasts, die im Abendrot der untergehenden Sonne vom Licht umflossen sind, mit denen du die zerbrochene Liebe vergleichst.
Meinst du das?
Oder doch dieTräume, die Ecken und Kanten aufweisen und sich nicht nicht erfüllt haben...
Ich bekomme das nicht in die richtige Reihenfolge. Einerseits die Dramatik, der zerbrochenen Liebe... dann dieses Bild der Träume. Gegenwart/Vergangenehit/Gegenwart?
Die Träume (Die Liebe) wiesen doch keine Zacken auf?
Oder meinst du, dass die gegenwärtigen Träume so sind, voller Zacken?
Vielleicht ist es die fehlende Chronologie, die mich irritiert
Wenn die Türme als Erstes glutumflossen gewesen wären und dann die Zacken auftauchen, wäre es für mich klarer.
Glutumflossen würde ich in "licht- oder sonnenumflossen" ändern. Man wird zu sehr auf Liebesglut hingewiesen.

Eigentlich ist der Beginn des Gedichts schon das Ende... oder? (Ende des Traums, Ende der Liebe)Wenn du deinen Text mit der gegenwärtigen Situation beginnst, fehlen mir als Leser Hinweise auf die Abfolge.
(Hört sich blöd an ich weiß)
Ich weiß es im Moment noch nicht, wie ich ändern würde, kann nur diese Zweifel anmelden.
Vielleicht schreibt noch jemand etwas dazu, der diese nachvollziehen kann.

Liebe Grüße
Gerda

Max

Beitragvon Max » 23.01.2007, 09:58

Liebe Scarlett,

das habe ich gerne gelesen.

Zwei Anmerkungen hätte ich noch. Zum einen scheinen mir die Gedankenstriche in der Tat nicht nur überflüssig sondern ein wenig störend. Sie bringen mich beim Lesen aus meinem eigenen Rhythmus.

Zum zweiten stört mich das Wort "glutumflossen" in Strophe 2. Für mich ist das Wort an sich schon zu stark aufgeladen und zeigt auch überdeutlich. Das ganze Gedicht flösse leichter ohne diese Wort.

Liebe Grüße
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 23.01.2007, 13:59

Was so ein Blick aus meinem Fenster im 11. Stock auf das Alpenpanorama am Spätnachmittag eines Föntages so alles bewirken kann... :smile:

Liebe Kommentatoren, Herby, leonie, Magic, Max, Gerda...

danke euch für die interessanten Rückmeldungen zu meinem Gedicht!

Es scheint ja so zu sein, daß die einhellige Meinung dahin geht, die Gedankenstriche rauszunehmen, das werde ich auch tun und mich by the way mal eingehender damit befassen, warum ich die so oft setze, was ich eigentlich damit erreichen will...Ich gehe diesbezüglich mal in mich...

Was das „manchmal“ betrifft, das sehen einige wohl ähnlich wie ich, andere wieder empfinden das als Schwächung der Gesamtaussage. Nun, ich habe mich bereits dazu geäußert und ich bleibe dabei, weil mir das wichtig erscheint.

Zu dem ebenfalls angesprochenen „mir“ – so ganz klar ist mir (!) das immer noch nicht, wo in der letzten Strophe der Bezug lyrIch sein soll, vielmehr wieso diese Strophe das eindeutig machen soll?
Ich werde diesen Gedanken noch in mir „bewegen“ – habt bitte Verständnis dafür, daß ich nicht sofort ändere.
Mir fehlt darüber hinaus – fiele es weg – einfach eine betonte Silbe, der Rhythmus der ersten beiden Verszeilen klingt dadurch nicht mehr flüssig. Sehe denn nur ich das so??? Hilfe, stimmt was mit meinem Rhythmusgefühl nicht???

Liebe Gerda,

ich habe das Gefühl, daß du hier mehr siehst/sehen willst, als eigentlich drinsteckt. Du hast dir sehr viel Mühe gemacht, mir da etwas aufzuzeigen, was ich allerdings nur ansatzweise nachvollziehen kann.

Es geht um Träume, Lebensträume, die wie du schreibst „Ecken und Kanten“ haben, die sich z T erfüllt haben, z T auch nicht- es ging mir um dieses Auf und Ab im Leben, in der Liebe, das ja jeder kennt. Von allen Aspekten greift das Gedicht die „Liebe“ heraus (im weitesten Sinne) –
Es gibt so Augenblicke im Leben da sieht man plötzlich ganz klar, was war und was noch zu erwarten ist – (hat nicht unbedingt was mit Alter zu tun, allerdings kommen solche Augenblicke da schon verstärkt, finde ich :mrgreen: ) – und ja, ich gebe zu, daß das Gedicht in einem im Inneren „trüben“ Augenblick entstanden ist...
Es kann allerdings auch einfach als trauriges Liebesgedicht gelesen werden, am Ende einer Beziehung-

Durch das „glutumflossen“ sagst du, wird man „zu sehr auf Liebesglut hingewiesen“. Da kann ich nicht widersprechen, aber es steckt mehr drin.
Wenn man „oben“ ist oder sich „oben“ wähnt, wenn alles klappt, alles „fließt“... folgt unweigerlich der „Sturz“, das sprichwörtliche böse Erwachen. Mir ging es auch um diesen Gegensatz von oben – unten, heiß – kalt, (wobei das Gedicht hier auch eine Umkehrung der realen, atmosphärischen Gegebenheiten vornimmt, auf den Spitzen ist es ja de facto kalt) Höhenflug – und Sturz. Verstehst du, was ich meine?

Max, dein Einwand zum glutumflossen ist für mich nachvollziehbarer, aber mir fällt momentan nichts Besseres ein, das genau oben Beschriebenes beinhalten soll.

„Eigentlich ist der Beginn des Gedichts schon das Ende... oder? (Ende des Traums, Ende der Liebe“ –

Nein, das ist es nicht, ich hoffe, ich konnte einigermaßen rüberbringen, worum es mir ging.

So viele Worte um so einen kleinen Text – ich danke euch herzlichst nochmal fürs Lesen und die Beschäftigung damit.

Aus einem schön verschneiten München grüßt mit roter Nase,

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 23.01.2007, 17:36

Liebe scarlett,

vielen Dank für die Erläuterungen,
so richtig "wollen" sie mir nicht auf die Sprünge helfen... ;-)
Ich glaube ich bin gedanklich in meiner Vorstellung bei 1000 und einer Nacht festgefahren. (Wüstenpalast). So etwas kann auch mal passieren, das man sich selbst gedanklich vor die Wand fährt.
Nach nochmaligem, mehrfachem Lesen denke ich , wenn das glutumflossen, was Max auch angemerkt hat, nicht wäre, würde es auch für mich stimmiger.

Liebe Grüße

Gerda

scarlett

Beitragvon scarlett » 24.01.2007, 12:24

Liebe Gerda,

hmmm... wenn du gedanklich beim Wüstenpalast bist, wie kriegst du dann die wüsten Täler und das eisig zusammen?

Ja, ja ich sehe schon, das ist wohl gerade das Problem... ;-)

Vielleicht dann beim nächsten Mal wieder...

Grüße,

scarlett


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