versöhnung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 01.12.2006, 18:17

versöhnung

die grellen versprechen
von gestern geistern
noch immer
durch meine träume

verregnete rosen die ich
in der früh
auf den kompost werfe

doch heute
im winterlicht
lächelt der morgen so zart
dass ich versucht bin
ihm die hand zu reichen



Erstfassung:

versöhnung

die grellen versprechen
von gestern geistern
noch immer
durch meine träume

federleicht wünschte ich sie
und bekam bleierne
ohne umtauschrecht
doch

im winterlicht
lächelt das morgen so zart
dass ich geneigt bin
ihm die hand zu reichen
Zuletzt geändert von leonie am 02.12.2006, 23:57, insgesamt 3-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 02.12.2006, 20:35

Lieber Paul Ost,

die regnenden Rosen sind eine Anspielung auf das Lied von Hildegard Knef: Für mich solls rote Rosen regnen,...Es passt für mich zur ersten Strophe
Eigentlich war ich wie Max der Meinung, wenn man das berücksichtigt, ist es nicht ganz so schlimm mit dem Kitsch.
Ich warte noch mal ab wie andere das sehen...
Trotzdem natürlich: Danke für den Kommentar!

Liebe Grüße

leonie

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annette
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Beitragvon annette » 02.12.2006, 21:10

Liebe leonie,

mit Deiner neuen Strophe 2 hast Du den Text ganz entscheidend verändert. Mir leuchtet ein, dass der Rosenregen die "grellen Versprechen" gut veranschaulicht, aber "Rosen" und "blutig" ist auch mir ein bisschen dicke. (Außerdem denke ich bei "blutigen Händen" an von fremdem Blut beschmierte Hände.)
Übrigens hatte ich das Gefühl, dass das lyrische Ich in der ersten Version mit Bedacht von "federleicht" und "bleiern" spricht. Es geht dabei doch um das Versprechen einer Leichtigkeit, einer Leichtfüßigkeit, die sich dann in lähmende Schwere wandelt, oder?

Aber nochmal zu der zweiten Version: Ich höre auch das Lied von Knef mit - ein strahlendes, ja, wirklich: grelles Versprechen. Das kann ich nachvollziehen. Vielleicht statt "blutig" "zerstochen" oder "wund gerissen"? Und bei "regnend" lese ich Gleichzeitigkeit - müsste es nicht "geregnete Rosen" heißen?

Ich kann mir beide Versionen von Strophe zwei vorstellen. Version eins ohne "Umtauschrecht", aber mit der Verheißung von Leichtigkeit und der Enttäuschung über bleierne Schwere.
Oder Version etwa so:

geregnete rosen
mit zerstochenen hände
werfe ich sie in der früh
auf den kompost

Also mal so ins Blaue.

Gruß, annette

Klara
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Beitragvon Klara » 02.12.2006, 21:23

Hallo Leonie,

mir gefällt die erste Version auch besser, aus den genannten Gründen. Sie fließt mehr, kommt natürlicher,und das bleierne ohne ganz eindeutige Zueignung stört mich gar nicht mehr so - jedenfalls nciht so sehr wie die Knefschen Rosen.

Vielleicht so:

die grellen versprechen
von gestern geistern
noch immer
durch meine träume

federleicht wünschte ich sie
und bekam bleierne [oder: bezahlte mit Münzen aus Blei...??]

doch heute
im winterlicht
lächelt der morgen so zart
dass ich von neuem
versucht bin


LG
k

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.12.2006, 00:04

Liebe Annette, liebe Klara,

danke nochmal für Eure intensive Beschäftigung mit dem Text. Ich merke, dass es mir mittlerweile schwer fällt, mich von den Rosen zu trennen, deshalb habe ich mal versucht, eine noch mehr entkitschte Version zu schreiben.
Für mich ist dieses Bild (im Zusammenhang mit dem Kompost und der Aggression, die im Wegwerfen steckt) im Moment stärker als das "federleicht-bleischwere".
Lisa, in diesem Zusammenhang habe ich auch das "zögernd" gestrichen.

Bin gespannt, wie es jetzt auf Euch wirkt.

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 03.12.2006, 12:58

Liebe Leonie,

mit den verregneten Rosen kann ich mich auch gut anfreunden, den Bezug erkenne ich noch immer - aber die Rosen sind halb für denjenigen, der den Bezug nicht sieht, nicht einfach rot ...

Du schreibst auch von

der Aggression, die im Wegwerfen steckt


Ich finde das eine so vorsichtige, heimlich Aggression, das sie mir auch die anderen Teile des Gedichts besser erklärt.

Liebe Grüße
max

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.12.2006, 15:23

Hallo Max,

danke, dass Du Dich noch mal meldest. Ich denke, wer den Bezug nicht kennt, für den wird er durch Erwähnung des „rot“ nicht unbedingt deutlicher, oder? Er darf sich die Farbe dann selber denken...

Also, das lyrIch kam mir in der ersten Fassung im Nachhinein ein wenig zu passiv-wehleidig vor, deshalb mag ich die zweite ein bisschen lieber. Trotzdem scheint es anderen ja anders zu gehen, ich werde noch daran weiterdenken.

Liebe Grüße und einen schönen ersten Advent
leonie


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