Novembertempora

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Cornelia

Beitragvon Cornelia » 14.11.2006, 12:27

In Kohle radiert
Novembertempora
zwischen Bleiwolken
druckerprobt
halten Gummihände
lumpenumspannte Steuerräder
fest im Wahn
die Uhr zu drehen

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Originalfassung:

In Kohle radierte
Novemberzeit
zwischen Bleiwolken
druckerprobt
halten Gummihände
das lumpenumspannte Steuer
fest im Glauben
die Uhr zu drehen
Zuletzt geändert von Cornelia am 20.11.2006, 12:52, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2006, 17:21

Hallo Cornelia,

ich finde dein Gedicht sehr interessant. Ich lese aus deinen Zeilen, dass das LI, durch eine Kreidezeichnung des Novembers auf eine Leinwand, versucht, den November aufzuhalten.
Faszinierend!
Saludos
Gabriella

Niko

Beitragvon Niko » 16.11.2006, 20:25

hallo cornelia!

ich lese ähnlich wie gabriella. oder mit der tendenz dahin, den november zu bannen? aufs bild und aus dem kopf, dem herzen?
ich finds interessant geschrieben und gelungen. naja..novembertempora klingt mir fremd. novemberzeiten, herbstzeiten - klingt es zu gewöhnlich?

lieben gruß: Niko

Gast

Beitragvon Gast » 16.11.2006, 23:06

Liebe Cornelia,
interessant dein Text, aber er wirkt auf mich noch unfertig, nicht in sich geschlossen.

Cornelia hat geschrieben:In Kohle radiert
Novembertempora

hier lese ich im Bezug zur Malerei jedes Mal Tempera, was aber keinen Sinn macht und dennoch nahe liegt, wegen der Kohlezeichnung.
(Radierung geht eigentlich nicht, denn Kohle ist keine Drucktechnik. Mit Kohle wird gezeichnet).
Ich glaube nicht, dass es gelungen ist, dem November das Lat. "Tempora" für Zeiten anzuhängen.
Was soll das aussagen, dass eine Kohlezeichnung die Novembertristesse einfängt?

Cornelia hat geschrieben:zwischen Bleiwolken
druckerprobt
halten Gummihände


hier denke ich an die Kunst des Buchdruckens und bekomme erst recht keinen Bezug zu den Novemberzeiten.

Wofür steht:
Cornelia hat geschrieben:lumpenumspannte Steuerräder
fest im Wahn
die Uhr zu drehen


Alles in allem erschließt sich mir nicht wirklich ein Bild. Der Text erzeugt auch keine Stimmung.
Mir tun sich Fragen auf, s. o. Mit denen bin ich beschäftigt.
Mir kommt dieser Text, verzeih bitte, so gesetzt vor, als sollte er ganz besonders sein, als sollte der Leser nicht fühlen und denken, sondern eine Aufgabe enträtseln.

Liebe Grüße
Gerda

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 17.11.2006, 05:41

liebe cornelia

für meinen geschmack wirkt dieser text zu "konstruiert" -

[in kohle radiert] [novembertempora] zwischen bleiwolken [druckerprobt] halten gummihände lumpenumspannte steuerräder fest, im wahn, die uhr zu drehen.

- ein satz, drei einschübe - auch die (einigermaßen) doppelte beziehbarkeit von "fest" ändert daran wenig.

inhaltliche fragen:

-in kohle radiert?
-gummihände?
-umspannt?

morgengruß,
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Iris

Beitragvon Iris » 17.11.2006, 09:42

Hallo,

"in kohle radiert", so arbeitet der Künstler manchmal, wenn er den Radiergummi als technisches Mittel benutzt, Radierung ist ja ansonsten Ätz- oder Kaltnadel auf eine Platte, die dann gedruckt wird.
Hier vermischen sich sozusagen zwei Techniken, die man nicht vermischen kann im ersten Moment, doch wahrscheinlich meinst Du da das in Kohle radierte Bild, in der Druckerei gedruckt wurde wegen der Bleiwolken, es gab ja Bleilettern, oder?

Man muß in Gedichten nicht naturgetreu arbeiten, doch irgendwie stimmen die Bilder nicht richtig.

Novembertempora klingt zu aufgesetzt

Die Idee und der Klang sind ansonsten interessant.

Liebe Grüße Iris

Cornelia

Beitragvon Cornelia » 20.11.2006, 12:49

Hallo Ihr Lieben,

danke für Eure Eindrücke und Kommentare.
Ja, es stimmt, zu diesem Gedicht gibt es eine mehrere Jahre alte Originalfassung. Diese entstand nach dem Besuch einer Vernissage mit surrealistischen Bildern. Die Künstler waren jugendliche Mitglieder einer Malschule.
Diese Kohlezeichnung, mit dem Radiergummi bearbeitet, zeigte genau dieses Bild. Gummihände, die unter emormen Bleiwolken versuchen, ein Steuerrad zu bewegen - oder festzuhalten?

Hier die Originalfassung:

In Kohle radierte
Novemberzeit
zwischen Bleiwolken
druckerprobt
halten Gummihände
das lumpenumspannte Steuer
fest im Glauben
die Uhr zu drehen


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