eines tages

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Mucki
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Beitragvon Mucki » 20.10.2006, 15:23

Neue Fassung: 19.11.2006

eines tages

wage ich es
ja
eines tages

lüfte ich den schleier
undurchsichtiger fetzen
sieben schwarzer jahre

eines tages
stelle ich mich
dem verborgenen
lichte das dunkel
zerreiße den nebel
ertrage
das dahinter

doch
nicht heute
nein
heute nicht

eines tages
ja
erlange ich gewissheit
auch
wenn sie mich umbringt
vielleicht




1. Fassung
eines tages

werde ich es wagen
ja
eines tages

vergraben
in undurchsichtigen fetzen
sieben jahre schwarz

eines tages
stelle ich mich
dem verborgenen

eines tages
ertrage ich
das dahinter

doch
nicht heute
nein

bis dann
krieche ich
blind

eines tages
ja
bringt es mich um
doch
ich sehe

© Gabriella Marten Cortes
20.10.2006
Zuletzt geändert von Mucki am 19.11.2006, 18:50, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.10.2006, 17:53

Liebe magic,
ja - das dachte ich mir schon, dass du das so meinst...(das andere wäre eher meine Variante ;-)...

wie wäre dann:
eines tages

werde ich es wagen
ja
eines tages

vergraben
in undurchsichtigen fetzen
sieben jahre schwarz

eines tages
stelle ich mich
dem verborgenen

eines tages
ertrage ich
das dahinter

doch
nicht heute
nein

heute
nicht

Eines Tages
wird sich
der Schleier heben/lüften

Vielleicht
werde ich
sterben

Aber sehen
werde ich
bestimmt



Wäre das eine Alternative?

Zum jetzigen Zustand des lyr. Ich: Das ganze Gedicht beschreibt doch den jetzigen Zustand des Ichs...für mich brauch es das mit dem Kriechen nicht ...das Bild des Schleiers finde ich stärker als das des Kriechens...aber das ist mein Leseeindruck...

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.10.2006, 18:09

Liebe Lisa,

Zum jetzigen Zustand des lyr. Ich: Das ganze Gedicht beschreibt doch den jetzigen Zustand des Ichs...für mich brauch es das mit dem Kriechen nicht


Ja, da hast du Recht. Das Hin und Her ist ja der Status Quo. Über deinen Vorschlag:


Eines Tages
wird sich
der Schleier heben/lüften


Vielleicht
werde ich
sterben

Aber sehen
werde ich
bestimmt

muss ich nachdenken. Auf jeden Fall werde ich in der Ich-Form bleiben, also evtl. so schreiben:

eines tages
werde ich
den schleier lüften (oder heben) oder den nebel zerreißen oder den nebel lichten oder oder ;-)

etc.

Wie gesagt, ich muss da mal in mich gehen.

Danke dir für deine Anregungen:-)
Saludos
Gabriella

Gast

Beitragvon Gast » 25.10.2006, 19:14

Liebe Gabriella,

dieser Text wirkt auf mich durch dichte und sparsame Sprache sehr authentisch. Ich muss zugeben, ich habe mich erst in den Text begeben, nachdem du schon einige Streichungen, andere Setzungen - vorgenommen hast.
Er gefällt mir.
Das Kriechen unbedingt weg lassen. Denn da droht sonst die Stimmung zu kippen, du bewegst dich in dem Moment weg von dir, vom Text, hin zu einer Beobachterin, die du aber als Lyrich nicht sein kannst.
Bleib dran und zieh das schnörkellos durch. Vorschläge hast du erhalten, über die dubereits nachdenkst, dann wird das hier ein sehr gelungenes Gedicht.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.10.2006, 19:54

Liebe Gerda,

ja, ich bleib dran. Vom "Kriechen" hab ich mich bereits distanziert, weil es tatsächlich nicht notwendig ist.
Jou, feilen, feilen, manchmal braucht es ein bisschen länger, bis es zu dem wird, dass man sich sagt: that's it! ;-)
Saludos
Gabriella

selachde

Beitragvon selachde » 25.10.2006, 21:17

ich
krieche
blind

hallo magic, ich finde, gerade diese stelle hat ein kraftvolles potential, ich würde aber das "dann" streichen und die o.g. direkte form wählen, die vocale (alles i) verstärken noch.

auch die anderen abschnitte könnten eine straffung vertragen:

eines tages
wage ich es

grabe
in undurchsichtigen fetzen


insgesamt gefällt mir die idee und auch die optische umsetzung.

lg. johanna

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.10.2006, 22:35

Hallo Johanna,

ich sehe schon, es gibt hier viele Möglichkeiten ;-) Auch deine Anregung finde ich gut, na, ich werd das erstmal ein bisschen sacken lassen, um Distanz zu bekommen und mich dann noch mal dran machen.
Danke dir!
Saludos
Gabriella

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.11.2006, 18:53

Hallo ihr Lieben,

ich habe mich heute - mit genügend Abstand zum Text, da er mir ziemlich nahegeht, an eine neue Fassung gemacht und sie oben eingestellt. Ich glaube, so kann man es stehenlassen. Was meint ihr?
Saludos
Magic

Trixie

Beitragvon Trixie » 19.11.2006, 19:33

Hallo Gabriella!

Wow- ich habe keine vorherigen Kommentare gelesen oder die alte Fassung, sondern nur die neue und ich bin total hin und weg. Das ist ein sehr intesives Gedicht, das man sehr weitläufig für sich selbst interpretieren kann und doch gibt es eine bestimmte Richtung vor, ohne Zwängen zu wollen. (Bis auf die sieben schwarzen Jahre, doch die kann man auch bildlich sehen)
Ich finde es gut, dass es nicht in der Liebeslyrik steht und somit eben viel Spielraum lässt. Mit dem ich mich übrigens sehr gut identifizieren kann in allen Lebenslagen momentan. Ein sehr gelungenes, beißendes, fließendes Werk, das mich berührt. Danke dafür.

Sternreiche Abendgrüßchen
Trixie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.11.2006, 19:44

Liebe Trixie,

danke dir:) Ich freue mich, dass die Intensität bei dir ankommt und auch viel Spielraum enthalten ist!
Saludos
Magic


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